von Catch22 » Sonntag, 01. Juni 2025, 03:42:56
Ole Pinelle hat geschrieben: ↑Mittwoch, 28. Juni 2023, 16:37:33
… das bedeutet natürlich auch …, dass man sich … eine Indizienkette zusammenzimmert …
Worst case …: Manfred … [G.] …
Fkat hat geschrieben: ↑Samstag, 31. Mai 2025, 18:31:29
Ich wollte nur mal sagen… es ist als hättest du's gleich gewusst. Fast 1 zu 1 beschrieben, was tatsächlich los ging.
Mit dem Rasenmäher über die (bevorzugt bayerische) Justiz herzuziehen ohne fallbezogene und faktenbasierte Argumentation zum Fall Hanna, bleibt ohne Substanz. Womit @Ole Pinelle „fast eins zu eins beschrieben“ haben soll, „was tatsächlich losging“, bleibt daher ein Rätsel.
Das, „was tatsächlich losging“, also die Wurzel der Justizkatastrophe im Fall Hanna, dürfte in den ersten Stunden nach dem Leichenfund zu suchen sein:
Die Obduktion begann um 23.40 Uhr (und musste in Anwesenheit eines Vertreters der StA erfolgt sein). Bereits um 0.56 Uhr wurde der Polizei aus dem Obduktionssaal mitgeteilt, es sei von einem Tötungsdelikt auszugehen. Ansprechpartnerin der Obduzenten war EKHK Diana U. Selbigen Tags hieß es in einer Pressemitteilung der Polizei, „eindeutige Spuren“ äußerer Gewalteinwirkung würden ein Tötungsdelikt „belegen“.
Die zeitliche Abfolge von 23.40 bis 0.56 Uhr erscheint angesichts der Komplexität der Verletzungen und der Vielfalt der zu erhebenden Befunde (einschließlich einer Computertomographie) doch ausgesprochen flott, wenn nicht gar überhastet, um zu der Festlegung auf ein Tötungsdelikt gelangt sein zu können. Frappierend: die Mitwirkung von EKHK Diana U., die bereits im Badewannen-Fall die Weichen falsch gestellt hatte (siehe
hier).
Deshalb machte ich mir Anfang März die Mühe, die Ereignisse der ersten Stunden chronologisch zusammenzutragen. Daraus drängen sich Schlussfolgerungen auf, die auf einen sich bis in das schriftliche Urteil des LG Traunstein fortpflanzenden
Bestätigungsfehler (Confirmation Bias) und auf
kognitive Dissonanz hinweisen. Wen wirklich interessiert, „was tatsächlich losging“, dem sei dieser Beitrag zur Lektüre empfohlen:
viewtopic.php?p=289102#p289102
Bemerkenswert sind zudem die jüngst in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Erkenntnisse zu den Kopfverletzungen (siehe
hier). Denn die detailgenaue Beschreibung der Riss-Quetsch-Wunden als „exakt 24 Millimeter lang“ und mit einem mittigen „Cut in Dreiecksform“ hatte den Weg aus dem Obduktionsgutachten in das schriftliche Urteil nicht gefunden – weder in den festgestellten Sachverhalt noch in die Beweiswürdigung. Weglassen als Mittel der Wahl, um unbequemer Argumentationsschwäche aus dem Weg zu gehen?
Wie konnten Malcherek und Adamec die 24 Millimeter großen Sechskantmuttern am Schütz vor der Oberprienmühle durch die Lappen gegangen sein? Schließlich wurde von beiden entlang der Prien und des Bärbachs „Ausschau gehalten“. Verletzungen mit einem mittigen „Cut in Dreiecksform“ sollten m. E. viel eher auf eine Einwirkung durch einen scharfkantigen, vielleicht metallenen Gegenstand hinweisen als auf zumeist rundgeschliffene Flusskiesel.
Auch hier findet sich wohl die Fortpflanzung fataler Bestätigungsfehler. Laut Aktenlage habe Malcherek „auffällig oft“ mit Adamec telefoniert, stellte RAin Rick fest. Der Physiker Adamec gehört zur Rechtsmedizin der LMU, die die Tote obduziert hatte, während man mit EKHK Diana U. in Kontakt stand.
Durchbrochen wurde die Kaskade zahlloser Bestätigungsfehler erst durch eine neu von außen hinzugetretene Verteidigerin mit eigenenständiger Denkleistung – Regina Rick. Genau deshalb wurde sie von allen Seiten erbittert bekämpft und diffamiert. Die bislang gefällige, scheinbar passgenaue „Idylle“ beim Tribunal zu Traunstein wollte sich niemand zunichte machen lassen. Auch die Krawall-Journaille nicht.
Erst wenn die einzelnen Schritte und die konkrete Wirkweise von Bestätigungsfehlern und kognitiver Dissonanz erkannt sind, ergibt es Sinn, über eine Fortentwicklung der (in der Justiz kaum vorhandenen) Fehlerkultur zu debattieren. Dem entgegen steht allerdings eine Phalanx aus eingefahrenen Traditionen – ein Bollwerk, das RA Gerhard Strate aus Anlass des Badewannen-Falls in einer Kolumne auf „Beck aktuell“ treffend charakterisiert, verbunden mit einem vielleicht etwas zu optimistischen Appell an die Kollegen in der Justiz:
[quote="Ole Pinelle" post_id=226906 time=1687963053]
… das bedeutet natürlich auch …, dass man sich … eine Indizienkette zusammenzimmert …
Worst case …: Manfred … [G.] …
[/quote]
[quote=Fkat post_id=296049 time=1748709089]
Ich wollte nur mal sagen… es ist als hättest du's gleich gewusst. Fast 1 zu 1 beschrieben, was tatsächlich los ging.
[/quote]
Mit dem Rasenmäher über die (bevorzugt bayerische) Justiz herzuziehen ohne fallbezogene und faktenbasierte Argumentation zum Fall Hanna, bleibt ohne Substanz. Womit @Ole Pinelle „fast eins zu eins beschrieben“ haben soll, „was tatsächlich losging“, bleibt daher ein Rätsel.
Das, „was tatsächlich losging“, also die Wurzel der Justizkatastrophe im Fall Hanna, dürfte in den ersten Stunden nach dem Leichenfund zu suchen sein:
Die Obduktion begann um 23.40 Uhr (und musste in Anwesenheit eines Vertreters der StA erfolgt sein). Bereits um 0.56 Uhr wurde der Polizei aus dem Obduktionssaal mitgeteilt, es sei von einem Tötungsdelikt auszugehen. Ansprechpartnerin der Obduzenten war EKHK Diana U. Selbigen Tags hieß es in einer Pressemitteilung der Polizei, „eindeutige Spuren“ äußerer Gewalteinwirkung würden ein Tötungsdelikt „belegen“.
Die zeitliche Abfolge von 23.40 bis 0.56 Uhr erscheint angesichts der Komplexität der Verletzungen und der Vielfalt der zu erhebenden Befunde (einschließlich einer Computertomographie) doch ausgesprochen flott, wenn nicht gar überhastet, um zu der Festlegung auf ein Tötungsdelikt gelangt sein zu können. Frappierend: die Mitwirkung von EKHK Diana U., die bereits im Badewannen-Fall die Weichen falsch gestellt hatte (siehe [url=viewtopic.php?p=283698#p283698]hier[/url]).
Deshalb machte ich mir Anfang März die Mühe, die Ereignisse der ersten Stunden chronologisch zusammenzutragen. Daraus drängen sich Schlussfolgerungen auf, die auf einen sich bis in das schriftliche Urteil des LG Traunstein fortpflanzenden [url=https://de.wikipedia.org/wiki/Best%C3%A4tigungsfehler]Bestätigungsfehler[/url] (Confirmation Bias) und auf [url=https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz]kognitive Dissonanz[/url] hinweisen. Wen wirklich interessiert, „was tatsächlich losging“, dem sei dieser Beitrag zur Lektüre empfohlen:
[size=85][url]viewtopic.php?p=289102#p289102[/url][/size]
Bemerkenswert sind zudem die jüngst in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichten Erkenntnisse zu den Kopfverletzungen (siehe [url=viewtopic.php?p=295999#p295999]hier[/url]). Denn die detailgenaue Beschreibung der Riss-Quetsch-Wunden als „exakt 24 Millimeter lang“ und mit einem mittigen „Cut in Dreiecksform“ hatte den Weg aus dem Obduktionsgutachten in das schriftliche Urteil nicht gefunden – weder in den festgestellten Sachverhalt noch in die Beweiswürdigung. Weglassen als Mittel der Wahl, um unbequemer Argumentationsschwäche aus dem Weg zu gehen?
Wie konnten Malcherek und Adamec die 24 Millimeter großen Sechskantmuttern am Schütz vor der Oberprienmühle durch die Lappen gegangen sein? Schließlich wurde von beiden entlang der Prien und des Bärbachs „Ausschau gehalten“. Verletzungen mit einem mittigen „Cut in Dreiecksform“ sollten m. E. viel eher auf eine Einwirkung durch einen scharfkantigen, vielleicht metallenen Gegenstand hinweisen als auf zumeist rundgeschliffene Flusskiesel.
Auch hier findet sich wohl die Fortpflanzung fataler Bestätigungsfehler. Laut Aktenlage habe Malcherek „auffällig oft“ mit Adamec telefoniert, stellte RAin Rick fest. Der Physiker Adamec gehört zur Rechtsmedizin der LMU, die die Tote obduziert hatte, während man mit EKHK Diana U. in Kontakt stand.
Durchbrochen wurde die Kaskade zahlloser Bestätigungsfehler erst durch eine neu von außen hinzugetretene Verteidigerin mit eigenenständiger Denkleistung – Regina Rick. Genau deshalb wurde sie von allen Seiten erbittert bekämpft und diffamiert. Die bislang gefällige, scheinbar passgenaue „Idylle“ beim Tribunal zu Traunstein wollte sich niemand zunichte machen lassen. Auch die Krawall-Journaille nicht.
Erst wenn die einzelnen Schritte und die konkrete Wirkweise von Bestätigungsfehlern und kognitiver Dissonanz erkannt sind, ergibt es Sinn, über eine Fortentwicklung der (in der Justiz kaum vorhandenen) Fehlerkultur zu debattieren. Dem entgegen steht allerdings eine Phalanx aus eingefahrenen Traditionen – ein Bollwerk, das RA Gerhard Strate aus Anlass des Badewannen-Falls in einer Kolumne auf „Beck aktuell“ treffend charakterisiert, verbunden mit einem vielleicht etwas zu optimistischen Appell an die Kollegen in der Justiz:
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[size=115][b]Fehlerkultur[/b][/size]
… Dass … [G.] als Hausmeister der Wohnanlage zum willkommenen Objekt einseitigen Belastungseifers der Ermittlungsbehörden wurde, setzte eine [b]„Kumulation von Fehlleistungen“[/b] ins Werk, wie es in der Urteilsbegründung heißt.
Mit dem Freispruch … [G.s] betritt die bayerische Justiz historisches Neuland. Die Hartleibigkeit ihrer Gerichte, die traditionell nicht zimperlich mit begründeten Zweifeln umgehen, ist fast schon sprichwörtlich. Doch warum ist das so? Hat ein Richter tatsächlich Interesse daran, einen Unschuldigen möglichst lange in Haft zu halten? Sicher nicht! Es ist vielmehr die aus menschlichen Gesichtspunkten nachvollziehbare Angst vor dem ultimativen Fehler, welche die Justizjuristen veranlasst, zusammenzuhalten wie Pech und Schwefel. Denn Richter und Staatsanwälte sitzen in einem Boot, wenn sich ihr schlimmster Albtraum verwirklicht, ein Fehlurteil produziert zu haben.
[b]Die grundsätzlich unausgesprochene Verabredung lautet: Kein Richter und kein Staatsanwalt soll nachts schweißgebadet aufwachen und an seine Fehlleistungen denken müssen. Deshalb beschützt jeder Kollege die Entscheidungen des anderen mit aller ihm zu Gebote stehenden Macht.[/b] Mit Zähnen und Klauen. Nur so ist sichergestellt, dass der Beschützende eines Tages selbst Schutz genießt, wenn auch ihm der eine fatale Missgriff unterläuft, der ihn in den Abgrund stürzen würde. [b]Hat er es zuvor an Solidarität mangeln lassen, steht er dann allein, was der zweitschlimmste Albtraum ist.[/b] Paradoxerweise ist es genau die Angst vor einem Fehler, die dafür sorgt, dass die fatalsten Fehlurteile am längsten aufrechterhalten werden. Gemeinsam mit ihrer Kammer hat die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl den Gordischen Knoten zerschlagen und damit den Weg für eine moderne Fehlerkultur in der Justiz freigemacht. Denn selbst fatale Fehler sind menschlich. Sie entstehen durch Ignoranz oder Überarbeitung. Durch Voreingenommenheit oder in einem Moment der Ablenkung. [b]Wir sollten die schwarze Kiste öffnen und klarstellen, dass es menschliche Größe zeigt, zu den eigenen Fehlern zu stehen.[/b]
Dank an Regina Rick, ohne deren Beharrlichkeit als Verteidigerin dieser Justizirrtum nie korrigiert worden wäre. Wahrheit und Freiheit sind durch sie wieder ins Recht gesetzt.
[size=85]RA [url=https://strate.net/]Gerhard Strate[/url], Beck aktuell am 20.07.2023[/size]
[size=85]https://rsw.beck.de/aktuell/daily/magazin/detail/fehlerkultur[/size]
[size=85][RA Strates Beitrag wurde gestern auf [size=100]Allm[/size]ystery von @Port_Charlotte zitiert, was mich veranlasste, ihn aufzugreifen und mir ein Gläschen Peated Single Malt zu gönnen.][/size]
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