von Catch22 » Dienstag, 16. April 2024, 19:15:20
andi55 hat geschrieben: ↑Dienstag, 16. April 2024, 15:34:30
… Am 04.04. war bei OVB online ein Artikel mit dem Gefängnisleiter von Laufen …
Einmal mehr berichteten die OVB-Medien über die bemannte Raumfahrt zur Sonne. Ebenso abwegig ist eine zeitnahe Verlegung von Sebastian nach Ebrach.
Du meinst dieses Interview, insbesondere die
erste (und zugleich unrichtige!) Äußerung des Leiters der JVA Laufen:
Wenn JVA-Leiter Zecha unter Berufung auf den bayerischen Vollstreckungsplan behauptet, Sebastian werde nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist in eine Jugendstrafanstalt eingewiesen, irrt er in mehrerlei Hinsicht:
1. Nicht die Revisions
begründungsfrist ist maßgeblich, sondern die Revisions
einlegungsfrist – falls überhaupt.
(Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 Vollstreckungsplan)
2. Für den OLG-Bezirk München erfolgt zum
Vollzug von Jugendstrafen ab dem Alter von 21 Jahren die Einweisung in die JVA
Ebrach.
(Vollstreckungsplan, Anlage 3/3)
3. Eine Verlegung in die JVA Ebrach findet erst mit
Rechtskraft des Urteils statt.
(Nr. 4 Abs. 3 Satz 1 Vollstreckungsplan)
4. Bis dahin verbleibt es bei der U-Haft in der JVA
Traunstein.
(Vollstreckungsplan, Anlage 1/8)
Dies ergibt sich aus dem derzeit geltenden Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern:
Ich hätte erwartet, dass der JVA-Leiter Zecha diese Vorschriften kennt und sie konkret in Bezug nimmt, wenn er sich zu einem konkreten Fall in einem Zeitungsinterview äußert.
Rechtskraft tritt frühestens ein, wenn der BGH die Revision verwerfen sollte. Im Falle einer Zurückverweisung an ein anderes LG jedoch wären dessen Urteil und dessen Rechtskraft abzuwarten – sofern nicht abermals Revision eingelegt würde. Eine Verlegung nach Ebrach liegt also in weiter Ferne. Eher noch wäre eine Entlassung aus der U-Haft vorstellbar aufgrund der im Jugendstrafrecht besonders zu berücksichtigenden Verhältnismäßigkeit.
[quote=andi55 post_id=249837 time=1713274470 user_id=9302]
… Am 04.04. war bei OVB online ein Artikel mit dem Gefängnisleiter von Laufen …
[/quote]
Einmal mehr berichteten die OVB-Medien über die bemannte Raumfahrt zur Sonne. Ebenso abwegig ist eine zeitnahe Verlegung von Sebastian nach Ebrach.
Du meinst dieses Interview, insbesondere die [u]erste[/u] (und zugleich unrichtige!) Äußerung des Leiters der JVA Laufen:
[spoiler2=Spoiler – hier klicken!]
[quote]
[u][b]Jugendstrafe für Sebastian T.:
JVA-Leiter erklärt, was das für seine Haft bedeutet[/b][/u]
… Sebastian T. wurde nach Jugendstrafrecht verurteilt. Heißt: Er muss in ein Jugendgefängnis. In Bayern gibt es davon allerdings nur drei. Eines davon befindet sich in Laufen … Im exklusiven OVB-Interview erklärt Florian Zecha, Leiter der Justizvollzugsanstalt … Laufen-Lebenau, warum Sebastian T. nicht bis zum Revisionsurteil in Traunstein bleiben wird und wie die Haft in einer Jugend-JVA aussieht.
[b]Florian Zecha:[/b] Ich gehe nicht davon aus, dass er bis zum Revisionsurteil in Traunstein bleibt. Das sind spezielle Vorschriften nach dem Vollstreckungsplan. Das heißt, wenn die Revisionsbegründungsfrist abgelaufen ist, ändert sich bereits die Zuständigkeit. In dem Fall wird er in eine Jugendstrafanstalt eingewiesen. In Bayern gibt es nur drei. Laufen, Neuburg-Herrenwörth und Ebrach. Ich gehe davon aus, dass er nach Ebrach verlegt werden wird. Das ist eine Jugendstrafanstalt, allerdings für die älteren Gefangenen bis zum Alter von 24 Jahren.
[i]Was passiert dann, sobald er das Alter von 24 Jahren erreicht?[/i]
[b]Zecha:[/b] Mit Vollendung des 24. Lebensjahres werden die Jugendstrafgefangenen grundsätzlich, vom Jugendstrafvollzug in den Erwachsenenstrafvollzug überwiesen.
[i]Kann man auch früher vom Jugendstrafvollzug in den Erwachsenenstrafvollzug verlegt werden?[/i]
[b]Zecha:[/b] Ja. Wenn festgestellt wird, dass der Insasse nicht für den Jugendstrafvollzug geeignet ist, wird er in die dann zuständige Anstalt für den Erwachsenenvollzug verlegt werden, oder in eine Anstalt für junge Erwachsene. Das wird jeweils vor Ort in der Anstalt entschieden. Dort wird überlegt, ob er vom Jugendstrafvollzug noch profitieren kann, ob er vielleicht zu alt ist, oder einen schädlichen Einfluss auf die jüngeren Gefangenen ausübt.
[i]Haben die Insassen im Jugendstrafvollzug mehr „Freiheiten“?[/i]
[b]Zecha:[/b] Das kommt wahrscheinlich auch auf die jeweilige Anstalt an. Unser Jugendvollzug ist auch als Wohngruppenvollzug ausgestattet. Das heißt kleinere Einheiten im Unterkunftsbereich, mehr Anleitungen – gerade durch den sozialpädagogischen Dienst. Aber auch durch den psychologischen Dienst, durch die uniformierten Bediensteten und durch die Betreuungsbeamten, die im Jugendvollzug nochmal eine extra Ausbildung genießen.
[i]Dürfen die Insassen auch mehr Zeit außerhalb der Zelle verbringen?[/i]
[b]Zecha:[/b] Ja, die Aufschlusszeiten und das Freizeitverhalten, das wir anbieten, ist ein ganz anderes. Wenn die Jugendlichen geeignet sind, können sie im Rahmen von Vollzugslockerungen, beispielsweise Bergtouren in Begleitung von Anstaltsbediensteten machen. Aber auch Mountainbike-Fahrten und Jogging-Projekte bieten wir an. Vergangenes Jahr haben wir auch ein Eishockeyspiel und ein Fußballspiel besucht. Im Jugendvollzug gibt es also mehr Möglichkeiten für eine sinnvolle Freizeitgestaltung.
[i]Die Insassen dürfen also auch ganz raus?[/i]
[b]Zecha:[/b] Ja, genau. Im Erwachsenenvollzug hat man oft auch gar nicht die Möglichkeit, so etwas anzubieten. Je nach personeller Ausstattung. Aber auch die baulichen Gegebenheiten spielen eine Rolle. Unser Entlassungsvollzug beispielsweise ist ein klassischer Wohngruppenvollzug, wo die Jugendlichen nochmal auf die Entlassung speziell vorbereitet werden. Auch mit verschiedenen Lockerungsgraden, also Vollzugslockerungen durch Ausführungen, Gruppenausführungen, aber auch Einzelausführungen. Sprich, dass die Beamten, oder auch das betreuende Personal, mit den Jugendlichen in der Natur einen Einzelspaziergang macht und psychologisch moderierte Einzelgespräche führt.
[u]Wohngemeinschaft im Gefängnis?[/u]
[i]Kann man sich den Wohngruppenvollzug wie eine WG vorstellen?[/i]
[b]Zecha:[/b] Ja. Allerdings ist eine Besonderheit bei uns in Laufen – und da bin ich auch ganz dankbar – dass wir nur Einzelunterbringungen haben. Heißt: Jeder hat einen Einzelhaftraum. In vielen anderen, besonders älteren Anstalten, ist Gemeinschaftsunterbringung eher der Fall – gerade im Erwachsenenvollzug. Bei uns ist dafür der Unterkunftsbereich etwas wohnlicher gestaltet. Die Jugendlichen haben mehr Aufschluss, können sich mehr im Gang bewegen. Es gibt eine eigene Gangküche, Freizeiträume mit Billard und Tischfußball.
[i]Aber das ist nur für diejenigen, die kurz vor der Entlassung stehen?[/i]
[b]Zecha:[/b] Genau. Wir haben aber zwei Wohngruppen mit jeweils zehn bis 15 Inhaftierten. Einmal den eben angesprochenen Entlassungsvollzug und dann noch eine für Inhaftierte, die noch längere Strafen vor der Brust haben. Auch denen bietet man die Möglichkeit an, dass sie im Wohngruppenvollzug untergebracht werden.
[i]Wie unterscheidet sich der Erwachsenenstrafvollzug vom Jugendstrafvollzug sonst noch?[/i]
[b]Zecha:[/b] Der größte Unterschied ist natürlich das Alter. Hier in Laufen sind die jüngsten 14 Jahre alt und dann geht es aufwärts bis 24. Außerdem sind die Behandlungsbedarfe bei der Jugend umfassender, weil die schulische beziehungsweise die berufliche Bildung nicht gegeben ist. Das ist bei den Erwachsenen eher weniger der Fall, weil man davon ausgeht, dass sie eine schulische und berufliche Ausbildung haben.
[i]Wie unterscheidet sich der Tagesablauf?[/i]
[b]Zecha:[/b] Wir müssen gewisse Dinge beachten, die den Jugendschutz betreffen. So beispielsweise der Nichtraucherschutz. Die Minderjährigen dürfen sich keine Tabakwaren kaufen. Ein ganz entscheidender Unterschied ist auch noch, dass im Bereich des Erwachsenenvollzugs keine Arbeitspflicht besteht. Im Bereich des Jugendstrafrechts und bei jungen Untersuchungsgefangenen besteht eine Ausbildungs- und Arbeitspflicht. Das heißt also, die jungen Inhaftierten müssen auch einer schulischen oder beruflichen Ausbildung in der Untersuchungshaft nachkommen. Von jungen Untersuchungsgefangenen spricht man grundsätzlich bei allen Minderjährigen und Heranwachsenden im Alter zwischen 18 und 21 Jahren. Aber im Großen und Ganzen ist der eigentliche Vollzug schon sehr identisch.
[u]Hierarchien unter Insassen: So läuft es bei den Jugendlichen[/u]
[i]Gibt es im Rahmen der schulischen Ausbildung ganz normalen Unterricht?[/i]
[b]Zecha:[/b] Wir haben bei den Anstaltspädagogen insgesamt fünf Lehrerstellen, die Unterricht erteilen. Es gibt Klassen für den Mittelschulabschluss und den Berufsschulabschluss. Zusätzlich kümmert sich eine Lehrerin um die Pflichtschüler. Wir haben ja auch sehr viele schulpflichtige Inhaftierte, die dann regelkonform der Schulpflicht unterzogen werden müssen.
[i]Wie groß ist dann eine solche Klasse?[/i]
[b]Zecha:[/b] Große Klassen mit 20 Schülern sind bei uns natürlich nicht möglich. Gerade weil wir ja auch die problematischen Jugendlichen haben, die nicht nur straffällig geworden sind, sondern auch ihre Schullaufbahn abgebrochen haben. Bei uns sind es kleinere Schulklassen, die sich zwischen acht und zehn Schülern bewegen.
[i]Gibt es auch im Jugendvollzug eine Art Hierarchie unter den Insassen?[/i]
[b]Zecha:[/b] Wir kriegen schon mit, dass je nach Delikt von den Jungs Unterschiede gemacht werden. Sexualstraftäter stehen auf der untersten Schiene. Das ist überraschenderweise im Jugendvollzug genauso wie im Erwachsenenvollzug. Es gibt schon gewisse Hierarchien. Während der Sexualstraftäter auf der untersten Schiene ist, gibt es auch gewisse Delikte, die in der Achtung untereinander höher stehen. Das können wir natürlich auch nicht gutheißen. Da achten wir schon drauf, das schnell zu unterbinden. Da soll keiner denken, weil er einen Menschen umgebracht hat, steht er in der Gefangenen-Hierarchie weiter oben.
[size=85]Rosenheim24.de am 04.04.2024[/size]
[size=85]https://www.rosenheim24.de/rosenheim/chiemgau/aschau-im-chiemgau-ort79357/hanna-aschau-gefaengnis-jva-sebastian-t-mord-knast-urteil-laufen-jugendstrafe-92983858.html[/size]
[size=85]http://hrg.chiemgau24.de/chiemgau/chiemsee/aschau-im-chiemgau-ort79357/hanna-aschau-gefaengnis-jva-sebastian-t-mord-knast-urteil-laufen-jugendstrafe-92983858.amp.html[/size]
[/quote]
[/spoiler2]
Wenn JVA-Leiter Zecha unter Berufung auf den bayerischen Vollstreckungsplan behauptet, Sebastian werde nach Ablauf der Revisionsbegründungsfrist in eine Jugendstrafanstalt eingewiesen, irrt er in mehrerlei Hinsicht:
1. Nicht die Revisions[u]begründungs[/u]frist ist maßgeblich, sondern die Revisions[u]einlegungs[/u]frist – falls überhaupt.
[size=85](Nr. 4 Abs. 2 Satz 1 Vollstreckungsplan)[/size]
2. Für den OLG-Bezirk München erfolgt zum [u]Vollzug[/u] von Jugendstrafen ab dem Alter von 21 Jahren die Einweisung in die JVA [u]Ebrach[/u].
[size=85](Vollstreckungsplan, Anlage 3/3)[/size]
3. Eine Verlegung in die JVA Ebrach findet erst mit [u]Rechtskraft[/u] des Urteils statt.
[size=85](Nr. 4 Abs. 3 Satz 1 Vollstreckungsplan)[/size]
4. Bis dahin verbleibt es bei der U-Haft in der JVA [u]Traunstein[/u].
[size=85](Vollstreckungsplan, Anlage 1/8)[/size]
Dies ergibt sich aus dem derzeit geltenden Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern:
[spoiler2=Spoiler – hier klicken!]
[quote]
[u][b]Nr. 4 – Vollzug der Untersuchungshaft[/b][/u]
(1) Die Zuständigkeit der Justizvollzugsanstalten zum Vollzug der Untersuchungshaft bis zu dem in Absatz 2 genannten Zeitpunkt ergibt sich aus den Anlagen 1 und 2. …
(2) Nach Ablauf der [b]Revisionseinlegungsfrist[/b] (§ [url=https://dejure.org/gesetze/StPO/341.html]341[/url] StPO) ist die Untersuchungshaft in der Justizvollzugsanstalt zu vollziehen, die zu diesem Zeitpunkt nach den Anlagen 1 bis 3 zum Vollzug der verhängten Strafe zuständig wäre. …
(3) [b]Abweichend von Absatz 2 werden Untersuchungsgefangene erst mit Rechtskraft des Urteils verlegt,[/b] wenn die Justizvollzugsanstalten Aichach, [b]Ebrach[/b] oder Landsberg am Lech für den Vollzug der Freiheitsstrafe/Jugendstrafe zuständig sind. …
(4) …
(5) …
(6) …
[size=85]Vollstreckungsplan für den Freistaat Bayern in der Fassung vom 29.11.2023[/size]
[size=85]https://www.justiz.bayern.de/media/pdf/justizvollzug/vollstreckungsplan_2023.pdf[/size]
[/quote]
[/spoiler2]
Ich hätte erwartet, dass der JVA-Leiter Zecha diese Vorschriften kennt und sie konkret in Bezug nimmt, wenn er sich zu einem konkreten Fall in einem Zeitungsinterview äußert.
Rechtskraft tritt frühestens ein, wenn der BGH die Revision verwerfen sollte. Im Falle einer Zurückverweisung an ein anderes LG jedoch wären dessen Urteil und dessen Rechtskraft abzuwarten – sofern nicht abermals Revision eingelegt würde. Eine Verlegung nach Ebrach liegt also in weiter Ferne. Eher noch wäre eine Entlassung aus der U-Haft vorstellbar aufgrund der im Jugendstrafrecht besonders zu berücksichtigenden Verhältnismäßigkeit.