von Fränkin » Montag, 21. Juli 2025, 14:48:13
Das Urteil ist rechtskräftig
Eine leicht gekürzte Version des Artikels in diesem
[url=https://www.nn.de/nuernberg/urteil-nach-mord-an-der-verschwundenen-alexandra-r-ist-rechtskraftig-1.14766147]Das Urteil ist rechtskräftig[/url]
Eine leicht gekürzte Version des Artikels in diesem
[spoiler]BGH verwirft Revision
Urteil nach Mord an der verschwundenen Alexandra R. ist rechtskräftig
Nürnberg - Am 9. Dezember 2022 ist die damals 39 Jahre alte, schwangere Alexandra R. aus Katzwang verschwunden. Ihre Leiche wurde nie gefunden, dennoch wurden zwei Männer als Mörder schuldig gesprochen. Der BGH hat das Urteil nun bestätigt.
21.07.2025, 14:23 Uhr
Es gibt keine Leiche, es gibt keinen Tatort - aber es gibt trotzdem zwei Urteile und zwei Männer, die eine lebenslange Freiheitsstrafe verbüßen müssen. Nermin A. und Adem B. haben Alexandra R. verschleppt, getötet und ihren leblosen Körper versteckt. So hat es die 19. Strafkammer des Landgerichts Nürnberg-Fürth im Schuldspruch festgehalten und der ... (BGH) hat gerade sein Siegel auf das Urteil ... gesetzt: Die beiden Männer sind Mörder.
Alexandra R. war 39 Jahre alt und im achten Monat schwanger, als sie am 9. Dezember 2022 plötzlich wie vom Erdboden verschluckt war. Man möchte meinen, dass sich die Ermittler der Kripo und der Justiz an einem Fall wie diesem schier die Zähne ausbeißen. Wie soll denn ein Tatnachweis ohne Opfer gelingen?
Und doch verschwindet eben niemand spurlos: 32 Tage hat die 19. Strafkammer des Landgerichts ... verhandelt. Fast 900 Spuren lagen vor, mehr als 140 Zeugen wurden gehört. Es war aufwendig, die Tat zu aufzuklären, aber eben nicht unmöglich - wie das Urteil, niedergelegt auf 272 Seiten, und nun durch den BGH für rechtskräftig erklärt, wie Rechtsanwalt Harald Straßner auf Nachfrage bestätigt.
Erst entführt, dann ermordet
Am 25. Juli 2024 stellte die 19. Strafkammer fest: Ihr Ex-Freund Nermin A. (Namen geändert) und Adem B., einer seiner Geschäftspartner, haben Alexandra R. das Leben genommen. Ihr und auch ihrem ungeborenen Sohn. Sie haben die Frau entführt, als sie ihre Pflegetochter in die Kita brachte, und sie dann ermordet.
Das Motiv? Habgier. Seit 2014 hatte die Bankkauffrau Alexandra R. mit ihrem Ex-Freund und dessen Geschäftspartner Geschäfte mit zuletzt 27 Immobilien gemacht. Sie wurden erworben, renoviert, vermietet oder verkauft, und dafür gab es nicht nur eine GmbH. Nermin A. war auf die Frau als Geschäftsführerin angewiesen, schon allein weil sein Vorstrafenregister seinen Ruf ramponiert hatte.
...
Als die Beziehung scheiterte - nach Beleidigungen und Gewalt flüchtete Alexandra R. im März 2022 zeitweise in ein Frauenhaus - folgte auch der wirtschaftliche Bruch. Alexandra R. lernte ihren neuen Partner kennen, von ihm war sie schwanger, als sie verschwand. Die Situation eskalierte, als sie Nermin A. den Zugriff auf ihre Konten entzogen hatte.
Das Landgericht ... hatte strafverschärfend die besondere Schwere der Schuld festgestellt - damit ist die Aussetzung der Reststrafe für keinen der beiden verurteilten Mörder nach 15 Jahren möglich. Im Mai 2025 wurde Nermin A. hinter Gittern 52 Jahre alt, Adem B. wird im Juni 50. Sie werden jenseits des Rentenalters sein, wenn sie aus dem Gefängnis entlassen werden.
Es ist eine besondere Situation, in einem Mordprozess ohne Leiche zu einem Urteil zu gelangen. Es ist nicht Aufgabe des BGH, die Beweisaufnahme neu aufzurollen, doch die Richter stellen hohe Anforderungen an die Beweiswürdigung. Ein zentraler Punkt: Alternativtheorien.
Spekulation: Lebt Alexandra R. noch?
Wäre es denkbar, dass Alexandra R. untergetaucht ist und ihren Sohn im Ausland groß zieht? In Internetforen rätseln Hobby-Detektive bis heute darüber, ob Alexandra R. noch am Leben sein könnte - schließlich steht ihr Elternhaus im rumänischen ....
Man mag solche Spekulationen für pietätlos halten, doch die Richter waren verpflichtet, über solche Szenarien nachzudenken, hatten doch die Angeklagten das Gerücht, Alexandra R. lasse es sich im Ausland gutgehen, genährt. Es käme einem Rechtsfehler gleich, diese Hypothesen nicht zu prüfen.
...
Mit drei Argumenten hat die Strafkammer diese Theorie entkräftet: Alexandra R. kümmerte sich seit Jahren um ihre Pflegetochter. Sie hatte das Kind am Tag ihres Verschwindens noch zur Kita gebracht. Sie hatte längst „die Mutterrolle“ eingenommen, liebte das Mädchen „abgöttisch“, es sei „ihr ein und alles“ gewesen. Niemals, davon zeigten sich Freunde, Familienmitglieder, Kolleginnen und Mitarbeiter des Jugendamtes überzeugt, hätte sie es zurückgelassen - schon weil die leiblichen Eltern das Kind nicht versorgen konnten.
Grund zwei: Der Kalender der schwangeren Frau war voll. Sie plante einen Geburtsvorbereitungskurs und hatte Termine mit ihrer Hebamme und beim Gynäkologen vereinbart. Wahrgenommen hat sie keinen, dabei galt sie als zuverlässig.
...
Drittens versicherten auch ihre Eltern, ihr Bruder und ihr Partner, dass der Kontakt zu Alexandra R. am Tag ihres Verschwindens schlagartig abgerissen war - Aussagen, die durch die Auswertung der Handys belegt wurden. Das Verhältnis der Frau vor allem zu ihren Eltern war eng: Sie hatte selbst mit ihnen telefoniert, als sie sich im März 2022 zeitweise in einem Frauenhaus in ... vor ihrem Ex-Freund, ihrem späteren Mörder, versteckt hatte.
Der Schuldspruch
Gemeinschaftlicher Computerbetrug, Nötigung, Freiheitsberaubung mit Todesfolge, illegaler Schwangerschaftsabbruch und Mord, so lautet das Urteil.
Alexandra R. hatte bei der Postbank eine leitende Funktion inne und erhielt zuletzt ein Jahreseinkommen von 70.000 Euro. Zwischen 2014 und 2021 erwarb sie, auf das Betreiben ihres Ex-Partners hin, 27 Immobilien zu einem Gesamtpreis von rund 3,3 Millionen Euro. Finanziert wurde all dies hauptsächlich per Darlehen.
Ihr Ex-Partner trat als Geschäftsführer auf und erhielt monatlich zwischen 4.500 und 5.000 Euro. Nach dem wirtschaftlichen Bruch forderten die beiden verurteilten Männer ausstehende Provisionen. Über ein digital automatisiertes gerichtliches Mahnverfahren verschafften sie sich einen Vollstreckungstitel (Computerbetrug) über 784.660 Euro und 82 Cent. Alexandra R. erstattete Strafanzeige.
Die Männer wollten ihre Taten vertuschen, deshalb haben sie Alexandra R. getötet.[/spoiler]