NeuerColumbo hat geschrieben: ↑Donnerstag, 01. September 2022, 12:11:10
Der Artikel aus der Mittelbayerischen Zeitung ist vom 27. August 2022. Die Auskunft der Münchener Polizei ist somit auf ziemlich neuem Stand.
Hier ist der Artikel (aber ohne Fotos):
20 JAHRE NACH DER TAT
Bleibt der Doppelmord an Sabine P. und Eugen S. aus Ingolstadt ungesühnt?
von Horst Richter
27. August 2022
11:50 Uhr
Hier im Wald bei Kipfenberg lagen die Leichen von Sabine P. und Eugen S.. Die Polizei suchte am Fundort jeden Zentimeter des Bodens nach Spuren ab. Der Doppelmord geht auf das Jahr 2002 zurück, was die Aufklärung schwierig macht. Fotos: Polizei
Fast genau zwei Jahrzehnte ist es her, dass Sabine P. und Eugen S. aus Ingolstadt spurlos verschwunden sind.
Obwohl nach dem Fund ihrer sterblichen Überreste in einem Wald bei Kipfenberg (Landkreis Eichstätt) vor mehr als zwei Jahren inzwischen klar ist, dass sie gewaltsam ums Leben gekommen sind, bleibt der Doppelmord vermutlich ungesühnt.
Die Ermittlungen sind zwar noch immer nicht abgeschlossen, aber die Täter nach so langer Zeit zu überführen, wirkt fast aussichtslos. Dabei schien die Polizei bereits nah an der Aufklärung dran zu sein, als sie im Mai 2021 vier Verdächtige festnahm. Sie musste die Beschuldigten nach einem halben Jahr in Untersuchungshaft aber wieder auf freien Fuß setzen.
Gericht weist Beschwerde der Ermittlungsbehörde zurück
Die Haftbefehle gegen die vier Männer aus dem Raum Ingolstadt waren, wie damals berichtet, im vergangenen Oktober aufgehoben worden. Die Staatsanwaltschaft Ingolstadt legte Beschwerde gegen diese Entscheidung des Ermittlungsrichters ein. „Das Landgericht hat das geprüft und die Beschwerde im Januar zurückgewiesen“, sagte Oberstaatsanwältin und Vize-Behördenleiterin Veronika Grieser auf unsere Anfrage zum Stand des Verfahrens. Es habe seither noch ein paar Hinweise gegeben, denen nachgegangen wurde. Noch ausstehende Ermittlungen würden wohl bis zum Oktober erledigt sein, schätzte Grieser. „Dann erfolgt die abschließende Bewertung.“
Nach derzeitigem Sachstand erscheint es gut möglich, dass die Aktendeckel in dem Doppelmord erst einmal geschlossen werden. Fast zwei Jahrzehnte nach dem Verschwinden des Paares ist es ein äußerst schwieriges Unterfangen, die Hintergründe des Gewaltverbrechens zu klären, die Schuldigen zu ermitteln und hieb- und stichfeste Beweise gegen sie zu sammeln. Sabine (23) und Eugen (21) waren zuletzt am 21. September 2002 im Ingolstädter „Film-Café“ im Nordviertel gesehen worden, und um etwa 2 Uhr noch einmal mit einem Rucksack vor Eugens Wohnung. Dort verlor sich die Spur. Die Kripo hatte die Mörder von Anfang an im Drogenmilieu vermutet, die Verschwundenen hatten enge Kontakte in die Szene. Schon bald nach dem Verschwinden des Paares hatte es Hinweise gegeben, dass Eugen S. offene Schulden für Rauschgift hatte, die er wohl bis zuletzt nicht beglichen hatte – möglicherweise das Motiv für den Doppelmord. Denn damals herrschten in diesen Kreisen überaus raue Sitten in Ingolstadt, es kam nach Erkenntnissen der Ermittler zu brutaler Gewaltanwendung beim Eintreiben von Geld. Doch alle Bemühungen, das Schicksal des Paares zu klären, blieben über Jahre hinweg erfolglos.
Starben durch „massive Gewalteinwirkung“
Ein Meteoritensucher aus Nürnberg hatte schließlich im Frühjahr 2020 die skelettierten Leichen der Vermissten in einem Wald im Birktal bei Kipfenberg gefunden. Anfangs hatte er geglaubt, Opfer des letzten Weltkriegs entdeckt zu haben, doch es dämmerte ihm rasch: Hier geht es um ein Verbrechen. Als die alarmierte Polizei die Handtasche der toten Frau mit ihrem noch lesbaren Busausweis fand, war klar, wer da verscharrt worden war. Laut Obduktion starben Sabine und Eugen durch „massive Gewalteinwirkung“. Sie sind vermutlich erschlagen worden.
Parallelen zum Fall Sonja Engelbrecht aus München
Ohne neue Erkenntnisse oder Hinweise von Mitwissern dürfte es schwer werden, diesen Doppelmord zu klären. Vor ähnlichen Problemen steht die Kriminalpolizei in München, nachdem ebenfalls in einem Wald bei Kipfenberg die sterblichen Überreste der seit 10. April 1995 vermissten Sonja Engelbrecht (19) aus München aufgetaucht waren. Ein Waldarbeiter hatte im Sommer 2020 einen Oberschenkelknochen der jungen Frau entdeckt, vergangenen März fanden Kräfte der alpinen Einsatzgruppe des Polizeipräsidiums Oberbayern-Süd bei einer neuerlichen Suchaktion weitere Skelettteile in einer Felsspalte. Auch Sonja ist mutmaßlich Opfer eines Verbrechens geworden.
Diese Ermittlungen gestalten sich ebenfalls sehr mühsam, weil die Tat noch länger zurückliegt als im Ingolstädter Fall. „Die Auswertung der Spuren dauert noch an, das braucht seine Zeit“, sagte Werner Kraus vom Münchner Polizeipräsidium unserer Zeitung diese Woche zum Stand der Ermittlungen. Egal, wie es in beiden Verfahren weitergeht, bleibt zumindest die Gewissheit, dass es für Mord keine Verjährungsfrist gibt. So können die Aktendeckel jederzeit wieder geöffnet werden, sollten die Ermittlungen zwischendurch ruhen.
− DK