Gast-Wiesenblume hat geschrieben: ↑Donnerstag, 30. November 2023, 22:12:01
Ich finde an dem Frauke Fall etwas anderes spannender als ihre Anrufe. Bis zum Beginn des Spieles ,oder sagen wir ohne Chris`s vergessenen Schlüssel, war Frauke genau für diesen Abend mit Nils verabredet. Sie wäre, wenn es keinen vergessenen Schlüssel gegeben hätte, sicher mit Nils und den anderen weiter feiern gegangen.
Aber Niels war doch gar nicht dabei. Ob seine Entscheidung, lieber etwas mit seinem Arbeitskollegen zu unternehmen, eine Reaktion darauf war, dass Frauke (wegen dem Schlüssel?) nicht so lang bleiben würde, oder ob er das schon vorher beschlossen, ggf. auch kommuniziert hatte, ist unklar - also jedenfalls mir, ich wüsste nicht, dass dies bekannt wäre.
Der längere und lebhafte SMS-Chat zwischen Niels und Frauke+Bella etwa zwischen 22 und 23 Uhr spricht jedenfalls nicht so für akute Enttäuschung oder Frust, weil gerade
die Person abgesagt hat bzw. ihr frühes Gehen angekündigt hat, mit der man ganz besonders verabredet gewesen wäre.
Wie gesagt unklares Timing.
Die Idee zu dem gemeinsamen public viewing sollen initiativ Frauke und Niels gehabt und dann die gemeinsame Freundin Bella gefragt haben. Mittlerweile ist ja bekannt, dass letztlich außer Frauke mindestens fünf Personen dabei waren, mit Niels wäre man (mindestens) zu siebt gewesen. Und Niels war/ist (außer mit Frauke) mit mindestens zwei davon sehr gut befreundet. Ob man da schlussendlich noch sagen kann "Frauke war genau für diesen Abend mit Niels verabredet" und annehmen kann, das Hinzukommen oder länger bleiben hinge nur jeweils vom anderen ab? Zumindest ebenfalls unklar.
Interessant finde ich die SMS, die Bella an diesem Abend vor 21 Uhr an Frauke geschickt hat. Frauke war da noch mit ihrer Mutter und Chris beim Essen, Bella schon im Pub. Die SMS wird in der Stern-Doku von 2015 wiedergegeben: "Wir sitzen jetzt im Pub. Gute Sicht auf die Leinwand. Komm gerne vorbei."
Das
"Komm gerne vorbei" liest sich wie eine Einladung, eine Bekräftigung einer Einladung, ein Überredungsversuch. Jedenfalls erweckt es auf mich den Eindruck, als sei Bella zu dem Zeitpunkt nicht sicher gewesen, ob Frauke überhaupt kommen würde. Wir wissen, dass Frauke sich extra für das Spiel rot-weiß angezogen hatte, und bzgl. des Abendessens mit Mutter und Chris war von deren Seite nie die Rede davon, dass Frauke unschlüssig gewesen wäre, ob sie überhaupt in den Pub gehen würde. Dennoch, Bellas SMS liest sich, als ob Fraukes Teilnahme im Vorfeld fraglich gewesen und Bella zu dem Zeitpunkt nicht up to date gewesen wäre, dass Frauke sich bereits dafür entschieden hatte.
Natürlich sehe ich da zwei Restunsicherheiten. Die SMS könnte in der Doku vielleicht gar nicht wörtlich wiedergegeben sein. Oder die Kombination aus SMS-Kurzschreibweise und etwas ungeschickter Formulierung führt hier zu einem unzutreffenden Eindruck. Aber bei letzterem brauchts schon einige Phantasie, um das sinnvoll anders zu deuten, oder nicht?
Jedenfalls ein Anzeichen, Frauke könnte ihre Teilnahme im Vorfeld Bella gegenüber in Frage gestellt haben - vielleicht am Dienstag Vormittag in der Schule? Andere Möglichkeit: Niels hatte da bereits abgesagt und Bella befürchtete, Frauke würde deswegen vielleicht auch nicht kommen wollen. In dem Fall gäbe es dann jedenfalls keinen ursächlichen Zusammenhang zwischen "Schlüssel" und "Absage Niels".
Gast-Wiesenblume hat geschrieben: ↑Donnerstag, 30. November 2023, 22:12:01
Ein planender Täter für diesen Abend müsste ja im Verlauf des Abends erst mitbekommen haben, dass Nils nicht erscheinen wird und Frauke den Heimweg antreten wird.--Und selbst dann hätte Frauke noch für einige Zeit mit den Anderen weiter feiern können.
Hm, es gibt also ein Anzeichen, dass Frauke ihre Teilnahme möglicherweise im Vorfeld in Frage stellte. Aber sie geht dennoch hin. Immerhin hatte man sich verabredet, und Frauke war dabei sogar eine der Initiatoren.
Die Geschichte mit dem Schlüssel war nicht erwartbar - nicht für einen Täter, aber insbesondere auch nicht für Frauke.
Frauke geht nicht nur zeitig, sondern gähnt mehrfach und "haut nach dem Spiel sofort ab" (Bella in der Doku 2015) mit Verweis auf Chris, der sonst "die halbe Nacht aufbleiben muss" (ebd.).
Irgendwann nach dem "sofort abhauen" wird auf Fraukes Handy die "Nieheim-SMS" an Chris geschrieben, das "Komme später".
Da gibt es die Option, dass der Täter (oder Frauke unter dessen "Aufsicht") diese SMS 0.49 im Raum Nieheim verfasst hat. In meinen Augen spricht da manches dagegen, aber das ist an der Stelle nicht mein Thema, würde dann noch weiter ausufern.
Eine andere Möglichkeit ist, dass Frauke die SMS 0.49 in Nieheim selbstbestimmt verfasst hat. Hier irritiert vor allem der späte Zeitpunkt in Kombination mit dem lapidaren "komme später", ohne "sorry", eine Erklärung oder Ankündigung einer Ankunftszeit. Auch eine gewisse Ratlosigkeit besteht natürlich, warum Frauke so spät dort freiwillig unterwegs gewesen sein soll. Werktags, am nächsten Tag Schule, Chris wartet wegen dem Schlüssel, und irgendwelche Verbindungen Fraukes nach Nieheim sind allenfalls völlig vage ("Schrauber in Nieheim"/"Wo liegt eigentlich Nieheim?"). Angesichts des weiteren Verlaufs erscheint da ein freiwilliger Aufenthalt um die Zeit in der Gegend ziemlich fraglich.
Und die dritte Möglichkeit ist, Frauke hat die SMS bereits früher verfasst, sie wurde allerdings erst bei einem erneuten Einschalten 0.49 in Nieheim erfolgreich versendet. Dass das ohne irgendwie unwahrscheinliche Voraussetzungen technisch gut möglich ist, wurde reproduzierbar eruiert. Insbesondere die Akku-Situation stützt diese Variante noch. Geht das Handy im Betrieb wegen schwachem Akku aus, lässt es sich danach idR erneut einschalten und eine SMS tippen. Beim versuchten Versand kackt der Akku aber in den meisten Fällen wieder ab, die SMS geht nicht raus. Und so lange der Akku nicht entnommen wird, bleibt die SMS im Speicher als "zu versenden", geht bei erneutem Einschalten (mit genug Saft im Akku) automatisch raus. Alles mittlerweile umfangreich getestet mit zwei Geräten und mehreren Akkus.
Unterm Strich halte ich die Variante für am wahrscheinlichsten: Frauke verlässt den Pub, schreibt die SMS an Chris und begibt sich (freiwillig) nicht auf den direkten Heimweg. Oder umgekehrt, sie begibt sich nicht auf den direkten Heimweg und verfasst die SMS etwas später, jedoch wohl deutlich früher als 0.49 und auch nicht erst im Raum Nieheim.
Natürlich kann man es sich so vorstellen, dass Frauke nicht lang bleiben wollte, weil Niels nicht da war. Dass sie tatsächlich müde war (mehrfach gegähnt hat) und deshalb schnell nach Hause wollte. Dass ihr der spätere Täter entweder aufgelauert hat (woher hätte er wissen sollen, wann/wo...?) oder an dem Abend tatsächlich zufällig begegnet ist.
Aber man kann auch eine andere Geschichte erzählen.
Man könnte spekulativ annehmen, Frauke habe für den späteren Abend noch anderweitige Pläne gehabt. Ob fest verabredet oder ein "ich schau vielleicht noch vorbei", sei dahingestellt. Oder sie wollte einfach so noch woanders vorbeischauen, ohne dass sie das irgendwie angekündigt/verabredet hätte. Darauf gibt es keine direkten Hinweise, zumindest aber weiß man im Nachhinein, dass sie nach dem Pub mit dem späteren Täter zusammengetroffen ist. "Anderweitige Pläne" sind da
ein Erklärungsansatz, und bei Licht betrachtet gibt es auf
andere Erklärungsansätze genauso wenig direkte Hinweise.
Wäre jedenfalls ein Anlass, die Teilnahme am Pubbesuch vorab in Frage zu stellen, zeitweilig offen zu lassen. Nur, den Grund (andere Verabredung/Unternehmung) würde man der Freundin, mit der man eigentlich verabredet ist, sicher nicht auf die Nase binden. "Du, ich geh doch lieber mit wem anders was trinken" - no way, viele würden sich da gekränkt fühlen, möglicherweise Frauen da noch etwas empfindlicher als Männer(?), für die empathische und sozialkompetente Frauke wäre das schon ein arger Schnitzer.
Frauke geht in dem Fall also zur Verabredung im Pub, jedoch mit dem Plan, dort nicht übermäßig lang zu bleiben und im Anschluss die "anderweitigen Pläne" zu verfolgen.
Dann taucht Chris auf (Frauke sitzt da bereits im Pub neben Bella) und braucht Fraukes Schlüssel. Wie oben gesagt, damit konnte insbesondere Frauke selbst nicht rechnen. Und sie kann neben Bella sitzend Chris insbesondere nicht sagen, dass sie eigentlich später noch was vorhat. Es bleibt ihr nichts übrig, als (vor Bella) ihm die Heimkehr bald nach Spielende zuzusagen. Das liefert ihr zwar eine gute Begründung, sich nach dem Spiel unauffällig abzuseilen, vielleicht glaubhaft unterstützt mit mehrfachem demonstrativem Gähnen, gleichzeitig begrenzt es ihre Zeit nach hinten raus deutlich. Sie fasst den Plan, nach dem Spiel möglichst schnell zu verschwinden (Bella: "Sie ist gleich abgehauen" - das jetzt "fluchtartig" zu nennen, wäre etwas tendentiös gedeutet...), Chris dann nach Verlassen des Pubs (ohne mitlesende Bella) eine SMS zu schreiben, dass es etwas später wird, und so für ihre Anschlussunternehmung noch ein gewisses Zeitfenster zu haben. Angesichts der Umstände (wartender Chris, lapidares "komme später" ohne Zeitangabe) würde ich da an eine softe Deadline von vielleicht 0.30 annehmen. Wollte sie bis Mitternacht daheim sein, bräuchte es wohl gar keine SMS, und bei einer Heimkehr weit nach Mitternacht wäre der SMS-Text nicht ausreichend gewesen - und selbst wenn, Chris müsste dann ja dennoch so lang warten und am nächsten Morgen wäre dennoch Berufsschule.
In diesem Szenario spräche übrigens ein technischer Aspekt dafür, dass sie die SMS an Chris nicht irgendwann nach Verlassen des Pubs (z.B. nach zufälligem Zusammentreffen mit dem späteren Täter) verfasst hat, sondern ziemlich unmittelbar nach Verlassen des Pubs (könnte da natürlich auch auf einer spontanen Begegnung beruhen, insbesondere aber auch auf einer Verabredung/einem Ziel, das sie erst noch ansteuern will). Fraukes Handy war nämlich nach dem Pub bis Nieheim in keiner Funkzelle mehr angemeldet. Wenn sie das Handy zwischenzeitlich eingeschaltet hat, um die SMS zu verfassen, kann natürlich sein, dass sie dort grad keinen Empfang hatte. Aber wenn sie relativ zeitnah (Minuten, Viertelstunde...) zum Ausgehen des Handys im Pub das Gerät in derselben Funkzelle wieder eingeschaltet hat, dann wäre diese Unterbrechung in den Providerdaten nicht ersichtlich, das erneute Einschalten dem Aufenthalt im Pub zugerechnet. Wenn das Gerät mangels Akkuleistung ausgeht (im Pub oder nach dem erneuten Einschalten), ist auch der genaue Zeitpunkt nicht festzustellen, das Gerät wird irgendwann später bei der Funkzelle rausgeworfen.
Das lässt in dem Szenario eine SMS unmittelbar nach Verlassen des Pubs,
bevor sie jemanden trifft, vom direkten Heimweg abweicht, zumindest technisch als naheliegend erscheinen.
So far, muss langsam mal zur Arbeit