Naujunoh hat geschrieben: ↑Freitag, 12. Januar 2024, 20:33:41
1. Warum ist kein Fall wie dieser?
2. Warum ist es gerade dieser Fall, in dem die Polizei so "schlampig" arbeitet?
3. Warum ist die total seltsame Wohnsituation des Opfers gerade in diesem Fall nicht von Bedeutung.
4. Warum gibt es eigentlich genau in diesem Fall einen Täter der so leichtsinnig ist, zur Zeit des Sommermärchens mit seinem Opfer im Schlepptau irgendwelche Gewerbegebiet anzusteuern aber gleichzeitig so genial ist, dass er nach fast 20 Jahren immernoch unbehelligt leben kann?
5. Warum gibt es eine so lückenhafte Dokumentation der Anrufe und wieso ist daran die Polizei schuld, die Familie L. kein unfassbar teures aufnahmegerät zur Verfügung zu stellen wollte um die absolut antizipierbaren Anrufe aufzunehmen?
6. Ich könnte diese Fragen noch lange so weiter stellen aber möchte nicht zu konkret werden.
7. Jedenfalls brauche der Täter die Leiche nicht gut verstecken, weil er wusste dass ihn dort wo er sein wird keiner suchen wird.
1. Zum einen, weil die Situation um den leeren Akku und das entsprechend ausgeschaltete Handy am Dienstagabend völlig offen lässt, ob der Täter ein Bekannter oder möglicherweise ein Fremder war. Weder gibt es Bewegungsdaten zwischen Pub und 0.49 Uhr/Raum Nieheim, noch einen markanten Zeitpunkt, an dem das Handy abgeschaltet worden wäre (wäre dann mutmaßlich durch den Täter, zeitnah nach dem Übergriff). Allein damit ist die Frage nichtmal in Tendenz zu beantworten, ob Frauke zunächst freiwillig mitging oder nicht - ersteres spräche natürlich für einen ihr bekannten Täter.
Zum anderen die Kontaktaufnahmen an sich. Zuerst die ominöse Nieheim-SMS, interpretationsträchtig und letztlich zwar verschiedene mögliche Szenarien liefernd, die man für unterschiedlich wahrscheinlich halten kann, wo jedoch bis dato keine gesicherte Entscheidung/Erkenntnis (kategorisch oder diskret) möglich ist.
Weiters dann das Stattfinden der Kontakte als solches. Egal was für ein Szenario man dazu zimmert, es bleiben immer technische Einwände und ungeklärte Irritationen, außerdem ist es nicht einfach, deren Zustandekommen täterseitig plausibel zu motivieren. Warum ließ man gerade bei diesem Fall die Anrufe stattfinden, wo das im Grunde alle anderen Entführer ohne Erpressungsabsicht anders handhaben? (Ist auch nicht so, dass Fraukes Anrufe irgendwie dem Muster einer Erpressungstat nachvollziehbar folgen würden oder irgendein anderes Detail dafür sprechen würde).
Also, was für ein Täter (Persönlichkeit, Tatmotiv) würde bei welchen Rahmenbedingungen und Anlässen die nötige Motivation für die Anrufe haben können? Die einzige "offizielle" Version dazu ist das von Dr. Naimeh erstellte Profil inklusive schematischer Hypothese zum Tatmotiv (Tat zum Ausleben von umfassender Dominanz). Ich sehe da weit mehr sinnvolle Möglichkeiten. Ich finde das sehr spannend und für den Fall einzigartig, mich auf diesem gedanklichen Weg mit der Frage nach Anlass, Motiv, Persönlichkeit und Beziehung zwischen Täter und Frauke zu beschäftigen und zu versuchen, mich begründet sinnvollen Antworten dazu anzunähern.
Davon erstmal abzugrenzen ist die Frage nach der technischen Durchführung - also danach, mit welchem Fahrzeug man zu den Orten gelangt ist und aus welchen Gegebenheiten/Gründen sich die jeweiligen Zeiten ergeben haben könnten. Aber es gibt da auch Schnittstellen, z.B. das Geschehen am Freitag Abend. Zunächst SMS an den Mitbewohner, wenige Minuten später die Annahme des Anrufs von ihrem Bruder durch Frauke. Dazwischen ein Wechsel der Funkzelle bzw. zwischen den Richtantennen der gleichen Funkzelle, was eine mögliche zwischenzeitliche Bewegung zumindest nahelegt, dann auch mit Richtung und konkreten Fahrtstrecken angesichts der dortigen Straßenkarte. Nach wie vor eine spannende Frage, was da genau abgelaufen sein könnte, was für Rückschlüsse das jeweils zuließe.
2. Hat die Polizei da schlampig gearbeitet? Arbeitet sie bei anderen Fällen weniger schlampig? Ich will es nicht beurteilen, aber jedenfalls aufpassen, da gute Arbeit nicht mit Erfolg gleichzusetzen und zu verwechseln. Bei erfolgreicher Polizeiarbeit ist man halt schnell weit weniger kritisch als bei fortgesetzter Ergebnislosigkeit.
3. Aufpassen, "Denkfehlergefahr"! Die Wohnsituation erscheint deshalb "total seltsam" und deswegen erstmal auch grundsätzlich verdächtig, weil man idR wohl keine Vergleichssituationen parat hat.
Ich meine, Die beiden waren früher mehrere Jahre zusammen, nach der Trennung verblieb der Ex im aktiven und geschätzten Bekanntenkreis ihrer Familie. Später dann (müsste Mitte 2005 gewesen sein) entschied man sich zusammenzuziehen, anzunehmend eine beiderseitig freiwillige und gewollte Entscheidung. So weit einfach nur Fakten, ohne Deutung. Offensichtlich war man gegenseitig wichtige Bezugsperson füreinander geblieben und es gab keine Konflikte, die hinreichend gegen ein Zusammenziehen gesprochen hätten. Das mag man "total seltsam" finden, vielleicht zu Recht, aber zunächst mal muss man halt zur Kenntnis nehmen und anerkennen, dass es in dem Fall (und soweit völlig tatunabhängig) nunmal so war.
Klar kann man da viel spekulieren über mögliche einseitige tiefe Verwerfungen oder abgründige Motive nach einer gescheiterten Paarbeziehung. Nur gibt es dafür keinerlei Anzeichen, keine Äußerungen über derlei Kenntnisse/Beobachtungen seitens Fraukes Familie. Sowohl Frauke als auch der Ex hatten zwischenzeitlich eine(?) andere Beziehung, der Ex damals auch aktuell. Spricht jetzt auch nicht dafür, dass da einer von beiden noch auf den anderen fixiert gewesen und unerwarteter Handlungen verdächtig wäre.
Wie gesagt, keine Vergleichsmöglichkeiten. Deshalb bleiben solche Mutmaßungen ohne jeden tatsächlichen Hinweis darauf eben völlig spekulativ und letztlich haltlos. Die Frage, ob zu Ex-Partnern nicht eine konfliktbehaftete Haltung zu erwarten wäre, muss man da halt unter der Voraussetzung der faktischen Vorgeschichte mit dem beiderseitig freiwilligen und gewollten Zusammenzug sehen und bewerten.
4. Sommermärchen - viel Partyvolk, ließe verstärkt Verkehrskontrollen innerstädtisch und an den Ausfallstraßen erwarten. Andererseits Polizei innerstädtisch durch das allgemeine Partygeschehen gebunden. Dass ein feierfreudiger Mensch in so einer Zeit vielleicht weniger schnell vermisst würde, ein möglicher Gedankengang. Traf aber jedenfalls bei Frauke tatsächlich überhaupt nicht zu. Zumindest bei einem Anrufort hat es wohl in der Gegend auch Public Viewing und Feiern mit entsprechend Menschenaufkommen gegeben. Hab die Details dazu noch nicht angeschaut.
Als Täter auf der Siche nach einem
zufälligen Opfer würde mir die Zeit für eine Entführung günstig erscheinen, viele potentielle Opfer unterwegs, teils mit sichtbar erhöhtem Alkoholpegel. Deutlich über das Normale erhöhter Publikumsverkehr in der Öffentlichkeit könnte man als "anonymisierend" empfinden, würde ich persönlich aber eher als erhöhtes Zeugenaufkommen wahrnehmen.
Allgemein, bei einem Zufallsopfer Frauke würde ich eher davon ausgehen, dass die Zeit der WM für den Täter gut eine günstige Zeit im Sinne seines Tatentschlusses gewesen sein könnte. Bei einer Tat durch einen ihr bekannten Täter eher nicht. Da sehe ich vielmehr entweder eine Spontantat oder aber von der Zeit der WM völlig unabhängige persönliche Anlässe als wahrscheinlich ausschlaggebend.
Genial ist der Täter nicht. Zumindest lässt sich das nicht daraus schließen, dass seine Tat bis heute nicht aufgeklärt und nachgewiesen werden konnte. Mal so gesagt, eigentlich wäre es doch viel "genialer", wenn Frauke einfach spurlos verschwunden und Monate später hinweisarm tot aufgefunden worden wäre. Also im Grunde das gleiche wie real, nur ohne das Anruf-Bohei. Auch wenn die Anrufe soweit keine Erkenntnisse liefern, die den Fall zu klären vermögen, sehe ich darin keinerlei Genialität.
5. Uns liegt zu den Anrufen das vor, was (wiederholt) vom Stern in Dokus und Interviews zum Fall so veröffentlicht wurde. Ob die EB da weitergehende Kenntnisse haben (ich denke da in Richtung Täterwissen), wäre mir vorstellbar. Diese öffentliche Darstellung basiert ja auch nicht auf einer offiziellen Pressemitteilung, sondern wurde so von den Teilnehmenden "mitgebracht". Wie exakt und vollständig das ist? Nicht zu sagen.
Mit dem ersten Anruf (Donnerstag) konnte keiner rechnen. Der Mitbewohner war nach eigenen Angaben aufgeregt, seine Hände zitterten. Er wertete trotz der ungewöhnlich klingenden Frauke und ihrer bzgl. des Grundes ihres Fernbleibens inhaltslosen Äußerungen den Anruf als positiv, "Frauke geht es gut". Das Gesprächsprotokoll lediglich eine inhaltliche Wiedergabe ihrer Äußerungen am nächsten Tag, erwartbar keine verlässlich wörtliche Wiedergabe. Nur die Anrede mit dem korrekten Vornamen statt Spitznamen benennt er konkret und als auffällig. Er äußert auch, keine Antworten auf seine Fragen bekommen zu haben. Diese Fragen (sowie etwaige Reaktionen Fraukes ohne konkrete Antworten) fehlen jedenfalls beim öffentlich vorliegenden Protokoll.
Am Freitag an den Mitbewohner nur eine SMS, stattdessen das Telefonat zwischen Frauke und ihrem Bruder. Er ging zu dem Zeitpunkt von einem freiwilligen Fernbleiben Fraukes aus, habe "ihr den Kopf gewaschen" und sie zur Heimkehr aufgefordert. Dies im Protokoll nur zu einer kurzen, fiktiv formulierten Fragestellung zusammengefasst. Dieser Teil inklusive etwaiger Reaktionen Fraukes fehlt im Protokoll. Dann noch die Frage nach ihrem Aufenthaltsort und ihre Antwort. Beides kann wörtlich sein oder auch nicht. Da der Bruder zu dem Zeitpunkt von Freiwilligkeit ausging, würde ich annehmen, dass er eher keinen gesteigerten Fokus darauf hatte, das Gespräch im Anschluss wörtlich zu protokollieren. Weiß man nicht.
Sprung zum letzten Telefonat (Dienstag). Hier sind der Mitbewohner und ihre Schwester anwesend, beide sprechen streckenweise mit Frauke, das Telefon ist auf Lautsprecher gestellt. Im Anschluss protokollieren beide zusammen das Gespräch. Die Schwester äußert dazu, es sei nicht vollständig und man sei sich auch stellenweise nicht einig gewesen. Das vorliegende Protokoll wurde für den Stern-Podcast in langsamem Sprechtempo eingesprochen, ich meine, das dauerte so 2-3 Minuten. Die tatsächliche Anrufdauer betrug jedoch um die 5 Minuten (nach Providerdaten). Auch wenn man eine wirklich langsam sprechende Frauke (käme bei den recht kurzen Äußerungen entsprechend Protokoll gar nicht so sehr zum Tragen) und Gesprächspausen von mehreren Sekunden annimmt ist offensichtlich, dass da nennenswert Äußerungen/Inhalte fehlen. Insbesondere bedeutet das auch, dass nicht alle Äußerungen so wörtlich und direkt aufeinanderfolgend getroffen worden sein können wie im Protokoll wiedergegeben. Da müssen zwangsläufig Äußerungen tatsächlich länger gewesen und/oder andere nicht protokollierte Aussagen jeweils dazwischen getätigt worden sein. Ob zumindest überall die Reihenfolge stimmt - drauf wetten würde ich nicht. Von den beiden als wörtlich bestätigt sind (nach öffentlicher Kenntnis) lediglich das "Ja, nein, nein", "Mama, Mama, Mama" und die Auffälligkeit der Formulierung "...dass ich sie liebe" (statt laut Schwester erwartbarem "...lieb habe").
Die beiden Telefonate Sa+So dann vom Mitbewohner dialogischer protokolliert als das Telefonat von Donnerstag, aber in der Formulierung so kurz, straight und sachlich, dass es auf mich eher wie eine teilweise sinngemäße Wiedergabe wirkt als durchgehend wörtlich wiedergegeben. Auffällig und wohl auch authentisch das dreimalige "bin in PB" am Samstag. Mir sehr auffällig (aber leider nicht als wörtlich so gesagt belegt) am Sonntag ihr "erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin". Unter der Annahme, das habe Frauke wörtlich so gesagt: Auch bei einem den Inhalt recht genau vorgebenden Täter muss Frauke einen zumindest kleinen Spielraum beim Formulieren gehabt haben. Ansonsten wäre ihr Sprechen dem mit ihr vertrauten Mitbewohner sicherlich sofort als "wie abgelesen/aufgesagt" aufgefallen. Probierts mal aus - einmal tragt ihr einer euch vertrauten Person eine Aussage vom Blatt oder wörtlich auswendig gelernt vor, einmal mit eigenen Worten. Das Gegenüber wird den Unterschied wahrscheinlich bemerken und auffällig finden. Auch wenn die Frage nach dem Wo oder Warum erwartbar gewesen ist, wo und wie im Gespräch gestellt (ggf. in einem Kontext) ist so nicht vorhersehbar, ein entsprechendes "Training" Fraukes auf eine exakt vorgegebene und gleichzeitig natürlich klingende Antwort erscheint mir gar nicht naheliegend.
Deshalb also meine Annahme, die Formulierung "erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin" sei authentisch Frauke (wie gesagt, sofern das Protokoll an der Stelle überhaupt exakt ist). Kein Schweigen, kein Ablenken, kein "weiß nicht", kein "kann ich nicht sagen" - nichts, was vergleichbar in den anderen Gesprächen wohl vorkam. Stattdessen auf die Situation der Heimkehr verwiesen, die mit dem "wenn" hier eine zeitliche und situative Bedingung, jedoch keine bloße Möglichkeit benennt. Kurz zusammengefasst, an der Stelle halte ich es für sehr wahrscheinlich, dass Frauke zu dem Zeitpunkt von einer tatsächlichen Rückkehr vielmehr ausging als nur verzweifelnd darauf zu hoffen.
Auch wenn ich die Wiedergabe durch den Mitbewohner grundsätzlich nicht als gesichert wörtlich ansehe, wäre mir an dieser Stelle diese Formulierung auch gerade als von ihm gewählt recht unerwartet. Denn gerade ihre Heimkehr ist da bei ihm ja das große Fragezeichen, bzw. später wusste er dann, dass es sich nicht bewahrheitet hatte.
Warum die Polizei kein Aufnahmegerät zur Verfügung stellte, ob die überhaupt für diesen Gebrauch verleihbares Equipment am Start haben, oder ob die da nicht vielmehr mit Rufumleitung oder Plazierung eines mobilen Telefons bei sich (eben jeweils mit stationärem Equipment) arbeiten, keine Ahnung.
Mir liegt die Frage näher, warum die Angehörigen+Mitbewohner trotz entsprechender Idee kein Diktier- oder anderweitiges Aufnahmegerät an den Start bringen konnten. Ich sags mal so, z.B. mit Fraukes Handymodell konnte man Sprachnotizen aufnehmen. Zwar wegen knappem Speicherplatz nur ein paar Minuten, aber hätte gereicht. Oder die Mutter als Gymnasialdirektorin hätte wohl ein dafür brauchares Gerät aus der Ausstattung des Musikbereichs in der Schule entleihen können - also mMn gut möglich, dass es dort sowas gab.
Ich will hier überhaupt nicht den Angehörigen mangelnde Kreativität oder so vorwerfen. Nur umgekehrt der Vorwurf an die Polizei erscheint mir ebenfalls etwas haltlos.
6. Wie meinst du das? Zielst du mit diesen Fragen auf ein bestimmtes, hypothetisches Szenario ab? Wenn ja, entgeht mir das grad völlig.
7. Mir unklar, was du damit meinst. Dass die Leiche am Ablageort nicht explizit langfristig/dauerhaft "versteckt" wurde, ist soweit klar. Aber was hat das mit dem Aufenthaltsort des Täters zu irgendeinem Zeitpunkt (außer dem der Ablage selbst) zu tun?
Kannst du bitte etwas erklären, wie du das meinst?