Danke für deine Korrektur. Hast du da genauere Infos, wie der Wechsel der Antenne aufgrund eines "Anrufs von außerhalb" stattfinden sollte? So wie es mir erklärt wurde, kann ich das grad nicht einordnen.Meiner Einer hat geschrieben: ↑Sonntag, 14. Januar 2024, 21:33:16 Das Telefonat wurde recht schnell angenommen, es wurde wohl ein Anruf erwartet.
Es fand übrigens keine Bewegung zwischen SMS und Anruf statt. Die zwei Antennen hatten technische Gründe welche nichts mit einer Bewegung des Telefons zu tun haben.

"Recht schnell angenommen" habe ich irgendwie... erwartet. Hast du die Info von Frau Liebs?
@HHmoin
Ja, ich gehe bei dem Weg von dem sprechenden Fisch aus. Halte auch den Weg durch die Kilianstraße und Widukindstraße für naheliegend.
Aber an der Stelle spielt das eigentlich keine große Rolle, entscheidend ist da, dass sie den Pub gemeinsam mit der Gruppe verlassen hat. Unwahrscheinlich, dass ihnen da ein unbekannter Täter gefolgt wäre.
Und halt allgemein der Punkt ihr zu folgen, ohne ihren Weg zu kennen, um sie dann per Fahrzeug abzugreifen - da müsste das Fahrzeug schon zufällig an geeigneter Stelle bereitstehen. Zweiter Täter mit Auto, der per Telefon dirigiert wird, nachdem sie ihre Richtung eingeschlagen hatte? Denkbar ist natürlich vieles...
Da sprichst du was an... Mit dem Opfer nachts zu den Anruforten fahren ist eine Sache, mit dem Opfer an Bord eine Woche lang viele Kilometer machen eine andere. Mit einem LKW und Wohnkabine kann ich es mir noch vorstellen, aber im Laderaum eines Lieferwagens oder so, da muss der Täter schon deutlich mehr Freude an Nervenkitzel haben als ich mich gerade irgendwie reinversetzen könnte.
Nein, zumindest für mich ist es nicht der Insider.Gizeh hat geschrieben: ↑Montag, 15. Januar 2024, 00:20:26 Der einzige Grund, warum überhaupt so häufig davon ausgegangen wird, die erste SMS sei noch freiwillig erfolgt ist der, dass FL darin "Nicht gegen England" geschrieben hat. Ein Bezug auf Insiderwissen, den der Täter vermeintlich nicht hätte kennen können. Das hat der damalige Ermittler ja auch im Sternpodcast so geäußert.
Ich halte diese Annahme für recht gewagt. Wenn man nämlich davon ausgeht, dass FL freiwillig zum Täter ins Auto gestiegen ist, darf man wohl auch davon ausgehen, dass man im Auto miteinander gesprochen hat. FL kam gerade erst vom Fußball gucken. Worüber wird man denn als erstes gesprochen haben? Doch wohl sicherlich darüber, wie der Abend war. Wie das Spiel war. Ist es denn so absurd es für möglich zu halten, dass FL zum Täter sowas gesagt hat wie: "Und ich habe heute noch zu meinem Mitbewohner gesagt, ich hoffe es geht nicht gegen England!"
Es ist egal, ob die SMS im Postausgang fest hing und später nachversendet wurde oder ob sie vom Täter verfasst wurde. Im Ergebnis kommen dieselben Erkenntnisse dabei heraus:
- FL stieg freiwillig in das Auto, es kann nicht anders gewesen sein. Denn ansonsten hätte sie die SMS nicht in dieser Form verfasst bzw. es hätte kein Gespräch stattgefunden, bei dem der Täter zu dieser Insiderinformation gekommen wäre um die SMS selbst verfassen zu können.
- FL wäre zu keinem Fremden ins Auto gestiegen, laut ihren Angehörigen. Sie muss den Täter also mindestens flüchtig gekannt haben.
Egal wie die SMS zustande kam, die Schlussfolgerungen bleiben die gleichen. Deswegen ist das viele Kopfzerbrechen über die technischen Vorgänge eines Handys auch eigentlich die Mühe nicht wert.
Ich persönlich glaube nicht daran, dass der Täter aus ihrem nahen Umfeld kam. Wäre dem so, hätte man ihn längst überführt. Und FL hätte ihn am Telefon viel zu leicht verraten können. Ich glaube eher, es war jemand den sie zwar kannte, der in ihrem Privatleben aber nie eine Rolle gespielt hat und den sie daher auch nie erwähnt hat. Besonders in der Lebensphase in der sie sich damals befand, mit Anfang 20, kennt man eine ganze Menge Leute um drei Ecken. Leute, mit denen man bei bestimmten Gelegenheiten (z.B. Studentenparty) gelegentlich ins Gespräch kommt, von denen man aber oftmals nur den Vornamen kennt. Unter Umständen vielleicht sogar nur einen Spitznamen. Der Kumpel der Schwester einer Freundin, kennengelernt bei einer Erstsemesterparty wo sie mal dabei war - sowas in der Art.
Wenn der dann auch noch Christian oder Thomas heißt, hätte es ihr natürlich wenig bis gar nichts genützt, diesen Namen ins Telefon zu schreien. Zum einen weiß niemand, dass sie eine flüchtige Bekanntschaft hat die so heißt, und dann kennt sie zu allem Überfluss auch noch 3 andere Leute die genauso heißen. Und abgesehen davon heißt die halbe Republik so. Das hätte also sehr wenig genützt und dem Täter war das offenbar klar.
Wobei du natürlich in soweit recht hast, dass ein ihr bekannter Täter bei zunächst freiwilliger Plauderei davon erfahren haben könnte. Bei einem unbekannten Täter und von Beginn an Unfreiwilligkeit Fraukes hätte dieses Detail kaum den Weg in die SMS gefunden. Weder vom Täter verfasst noch von einer dazu genötigten Frauke stammend. Unter Zwang hätte ihre SMS zwar vielleicht ebenfalls unauffällig geklungen, aber so Firlefanz wie den Insider hätte sie in der Situation nicht reingeschrieben, meine ich. Da gehen die Spekulationen ja so weit, Frauke sei zu der SMS genötigt worden und hätte das "eingebaut" als Hinweis auf den Täter. Ein englischer Täter, der die SMS dann mit der Äußerung "nicht gegen England" durchwinkt? Oder ein versteckter Hinweis, der Täter sei nicht aus England? Wohl eher nicht

Für mich ist vielmehr die Frage, warum ein Täter diese SMS mit diesem Wortlaut hätte initiieren sollen

Ein nächtliches "komme später" verweist nichtmal auf den nächsten Tag. Die so formulierte SMS ist allenfalls geeignet, den Mitbewohner (vielleicht, nicht sicher) davon abzuhalten, schon in der Nacht herumzutelefonieren, wo sie sei. Umgekehrt ist nichtmal unbedingt erwartbar, dass er sich überhaupt in der Nacht noch deswegen rührt, wenn die Mitbewohnerin augenscheinlich wohl beim Feiern die Zeit vergessen hat.
Und was juckt das den Täter, ob der Mitbewohner vielleicht oder vielleicht nicht in der Nacht ein paar Leute anruft und fragt, ob Frauke bei ihnen sei? Selbst wenn man annehmen würde, der Täter sei jemand, den der Mitbewohner da vielleicht angerufen hätte, bliebe die Frage "ja und?". Mitten in der Nacht nicht erreichbar, das Handy ausgeschaltet - daran wäre nichts verdächtig. Umgekehrt wäre da ein Anruf(versuch) durch den Mitbewohner, der gar nicht stattfindet, auch kein Alibi oder so

Andererseits ist klar, dass die SMS in dem Wortlaut nicht in den nächsten Tag hinein beruhigt. War ja dann auch so, dass am Mittwoch Vormittag telefoniert und zur Polizei gegangen wurde. Von einem Täter, der die Vortäuschung freiwilligen Wegbleibens von Beginn an initiativ auf dem Schirm gehabt hätte (wozu auch immer), wäre da doch unbedingt eine Folge-SMS (oder auch schon der erste Anruf) am nächsten Tag (Mittwoch) zu erwarten gewesen. Oder zumindest eine Formulierung in der SMS, die ein Wegbleiben über Nacht ankündigt.
Dass der erste Anruf erst Donnerstag kam, wird gern damit motiviert, der Täter habe dabei die (nur inoffiziell existierende) "48h Frist" auf dem Schirm gehabt, vor der die Polizei erwartbar nicht tätig wird. Meinetwegen - nur erklärt das nicht das Zustandekommen der SMS Dienstag Nacht, erklärt nicht, warum das dem Täter so wichtig war, dass er dafür dann Anruffahrten unternommen hat, und auch in dem Fall wäre ein Anruf (oder zumindest weitere SMS) bereits am Mittwoch immer noch überzeugender gewesen als zwischen Verschwinden und Anruf die 48h fast komplett verstreichen zu lassen. Dass die Polizei tatsächlich nicht erst nach 48h tätig wurde, zeigte sich dann ja Donnerstag tagsüber

Oder der Täter, dem es dabei gar nicht um das Beruhigen ging, sondern um die Vortäuschung eines Bezugs zur Gegend Nieheim? Wäre denkbar, mit dem Handy rausfahren und eine SMS absetzen ist keine große Sache. Dennoch auch hier die Frage, unter welchen Umständen hätte der Täter das irgendwie gebraucht, wäre er ohne so eine Irreführung einem höheren Entdeckungsrisiko ausgesetzt gewesen?
Und dann, nachdem "Nieheim" öffentlich wurde, hat er es nicht gut sein lassen, auch nicht mit einem erneuten Kontakt (Anruf Donnerstag) ebenfalls aus der Gegend Nieheim (oder zumindest östlich Paderborns) diese Richtung bekräftigt, sondern ist dafür ganz woanders hingefahren? Man mag da eine große Schläue in den Täter hineininterpretieren, dass er mit dem Ortswechsel genau diesen Eindruck erzeugen wollte, er wolle vom anfänglichen Nieheim ablenken, es so genial nochmal bestätigen. Teuflich, genial... und mMn völlig konstruiert.
Je mehr man da an hypothetischen Möglichkeiten zusammenbastelt und dem Täter wunder weiß welche Überlegungen zuschreibt, desto lauter wird doch die Frage nach dem "Wozu das alles?". Es ist nunmal so, dass die Kontakte als solche maximal ungewöhnlich und nicht erwartbar sind (rein statistische Aussage) und deswegen wohl entweder einen triftigen bis zwingenden Grund benötigen, oder aber einen in dem Punkt sehr außergewöhnlichen (d.h. auch sehr unwahrscheinlichen) Täter.
Wie zuvor mal gesagt, "genial" waren nicht die Anrufe. "Genial" wäre gewesen, wie jeder andere ordentliche Entführer auch Frauke abzugreifen und spurlos verschwinden zu lassen, irgendwann später spurenarmes Auffinden der Überreste, oder auch nicht. Also genau der Hergang, nur eben gerade ohne die aufwändige und grundsätzlich risikobehaftete Telefoniererei.
All dem gegenüber die Variante, Frauke habe die SMS freiwillig verfasst. Entweder vorab und die ging dann um 0.49 Uhr unbeabsichtigt raus, oder auch erst 0.49 verfasst. Gegen Letzteres spricht halt der gewählte Wortlaut. Frauke ist zu dem Zeitpunkt gut eine Stunde drüber und befindet sich zudem noch etwa eine halbe Autostunde von zu Hause entfernt. Da erscheint ein lapidares "komme später" an den Mitbewohner, der so lange wartend aufbleiben müsste, unpassend - wäre höchstens für eine unzuverlässige und gedankenlose Person vielleicht passend. Ergänzend spricht gegen eine 0.49 freiwillig verfasste SMS die Ratlosigkeit, was Frauke um die Zeit an diesem Ort freiwillig zu suchen gehabt haben könnte.
Deswegen also die Möglichkeit eine begründete Hypothese, die SMS sei wohl bereits zuvor verfasst worden und "hängengeblieben". Und natürlich muss man sich dann auch damit beschäftigen, ob das technisch möglich ist und wenn ja, ob nur unter technisch unwahrscheinlichen Rahmenbedingungen/Zufällen oder unter annehmbaren Voraussetzungen erwartbar. Die Antwort ist hier jedenfalls "unter annehmbaren Voraussetzungen erwartbar", finde ich wichtig.
Nein, es kommen nicht die selben Erkenntnisse dabei heraus.
Sowohl die Option einer von ihr erst 0.49 selbstbestimmt verfassten SMS wie auch eine SMS, die da vom Täter initiiert wurde, verursachen Irritationen, die nicht wirklich aufgelöst werden können. Deshalb nichtmal in Tendenz entscheidbar. Und auch deine Überlegung, auch eine vom Täter initiierte SMS würde (wegen des Insiders, den er zuvor beim Plaudern erfahren haben sollte) für eine freiwillige Mitfahrt sprechen, die ist zwar gut, aber noch nicht zwingend. Da liefert die früher verfasste SMS eine dritte Option, die einfach "glatter" daherkommt.
Wenn Frauke die SMS schon zuvor in PB verfasst hat, dann sagt das etwas über den Zeitrahmen aus, der ihr für ihren "Umweg" vorschwebte. Lang genug, damit ihr das Bescheidgeben sinnvoll/nötig erschien. Immerhin war ihr Handy ausgeschaltet mit mehr oder weniger leerem Akku, da würde ich vorsichtig annehmen, dass ihr das Bescheid sagen soweit wichtig war und angemessen erschien, dass sie es mit dem eigentlich leeren Handy dennoch versucht hat. Also wohl nicht bei einem erwarteten Umweg von 20 Minuten oder so. Der Mitbewohner ist keine Mutter (oder Vater) die ihrem Kind gesagt hat, es soll bis spätestens xx Uhr daheim sein, sonst setzt es was...
Andererseits kann sie kaum einen wirklich langen Umweg vorausgesehen haben. Sonst hätte sie dem Mitbewohner, der wegen des Schlüssels auf sie warten musste, genauso wenig ein lapidares "komme später" geschickt wie wenn sie die SMS erst 0.49 im Raum Nieheim verfasst hätte.
Ich finde das schon eine zusätzliche Erkenntnis. Wenn man das jetzt mal abschätzt und sagt, Frauke hätte im Fall einer noch in PB verfassten SMS wohl mit einer Rückkehr von zB mindestens 0.00 und höchstens 1:00 gerechnet, dann kann man das mit denkbaren Anlässen/Motiven/Zielen ihrer Mitfahrt abgleichen und das wohl auch als Detail zu ihrem Bekanntschaftsgrad mit dem Täter einfließen lassen. Mit einem ihr nur flüchtig bekannten Täter hätte sie vielleicht ein bisschen gequatscht, hätte sich von ihm vielleicht heimfahren lassen (nur dass er dann eine andere Richtung eingeschlagen hat) oder so. Aber für einen vorausgesehenen(!) Umweg von grob etwa einer Stunde müsste man wirklich etwas vorgehabt haben, müsste man von einer etwas verbindlicheren Bekanntschaft oder Interesse ausgehen. Wobei Frauke sozial offen, kontaktfreudig und souverän war, da könnte/dürfte es wohl mehr als nur ein paar wenige passende Personen gegeben haben. An der Stelle jedenfalls, das ist mehr als nur "sie wäre nicht zu einem Fremden ins Auto gestiegen". Es ist ein "sie müsste zu einer zeitlich entsprechend ausgedehnten Unternehmung (oder zumindest einem erwartet längerem Gespräch) zum Täter ins Auto gestiegen sein".
Eine andere Erkenntnis ist die: Wie gesagt, wenn man eine zuvor verfasste SMS annimmt, dann legt das Fehlen eines weiteren Funkzellenkontakts zwischen Pub und Nieheim rein technisch nahe, dass sie die SMS zeit- und ortsnah zum Verlassen des Pubs verfasst hat. Also gleiche FZ und das Handy dort noch nicht abgemeldet. Hatte sie da den Täter überhaupt bereits getroffen? Sie hatte den Pub gemeinsam mit der Gruppe verlassen, ein Stück weiter trennte man sich. Ich kenne die (damaligen) FZ und deren Gebietsabdeckung nicht, aber wenn sie die SMS noch im Bereich derselben Zelle/Antenne wie im Pub verfasst haben soll, sehe ich das vor meinem geistigen Auge ziemlich bald (gleich?) nach der Trennung von der Gruppe. So, als ob sie noch woanders hinwollte und den anderen aber nicht auf die Nase binden wollte, dass sie lieber noch was anderes macht als mit ihnen weiterzuziehen. In dem Zusammenhang halt auch die SMS der Freundin an Frauke vor 21 Uhr, als sie noch im Restaurant war. "Komm gerne vorbei" klingt ganz so, als wäre die Freundin zu dem Zeitpunkt unsicher, ob Frauke überhaupt in den Pub kommen würde - obwohl die Idee ursprünglich wohl von ihr (und dem neuen Bekannten) gekommen war. Hatte sie ihre Teilnahme im Vorfeld in Frage gestellt? Wenn ja, warum?
Ist natürlich für sich genommen maximal spekulativ. Aber im Zusammenhang mit der technisch naheliegenden Möglichkeit, sie habe die SMS an den Mitbewohner bereits nach Verlassen des Pubs, nach der Trennung von der Gruppe verfasst, ist der Gedanke nicht mehr so weit hergeholt, sie könnte noch anderweitig was vorgehabt haben. Trotz der unvorhersehbaren Einschränkung durch die Sache mit dem Schlüssel dort wenigstens noch kurz vorbeischauen.
Ist natürlich nur eine Möglichkeit, aber eine, die bedacht gehört. Und die wäre ohne eine SMS schon in PB, nur mit der SMS der Freundin am früheren Abend weit weniger motiviert.
Also ja, es macht einen Unterschied, ob sie die SMS bereits in PB verfasste oder nicht.
Bei den letzten beiden Absätzen bin ich ganz dabei. Kein nahes Umfeld, der Täter ihr möglicherweise nur mit Vornamen bekannt. Vom Feiern, vielleicht gemeinsame Bekannte, aus der Schule, jedoch ohne dass da jemand eine Bekanntschaft der beiden auf dem Schirm gehabt hätte. Oder jemand aus der Nachbarschaft, oder jemand der in einem Cafe oder Laden arbeitet, wo Frauke als war - genau bei solchen, an sich völlig unverbindlichen Begegnungen sehe ich die kontaktfreudige Frauke plaudernd eine Bekanntschaft herstellend und bei wiederholtem Zusammentreffen vertiefend, ohne dass es dann im Vorfeld zur Tat irgendwelche Verabredungen oder Austausch per Telefon/Chat gegeben hätte.
Dass Frauke bei den Telefonaten nichts ausgeplaudert hat, geht mMn noch etwas tiefer als nur die Schlussfolgerung, sie habe da wohl nichts Zielführendes zu sagen gewusst.
Wäre Frauke zu den Anrufen und ihren dortigen Äußerungen genötigt worden, obwohl aus ihrer Sicht keinerlei Aussicht auf Freilassung/Überleben bestand - ich bin der festen Überzeugung, sie hätte die Anrufe kaum bis Sonntag Abend so durchziehen können. Einerseits verzweifelt und in Todesangst davon ausgehen, das Ganze nicht zu überleben, andererseits dem ihr nahestehenden Mitbewohner wiederholt mitteilen, sie komme bald/heute nach Hause, ohne emotionale Entgleisung. Keine szenische Antwort "erkläre ich dir, wenn ich zu Hause bin" am Sonntag (sofern das Protokoll an der Stelle genau ist).
Jaja, der Täter hält ihr dabei buchstäblich das Messer an den Hals... Das funktioniert sicher erstmal bei den meisten wohl richtig gut, ist aber gleichzeitig ein maximal hoher, unmittelbar präsenter Stressfaktor. Kombiniert mit Todesangst ohne begründete Annahme einer möglichen Freilassung ist kaum vorstellbar, dass sie da bei den Telefonaten die Contenance behalten haben kann. Wiederholt, fünf Tage lang, die ganze Zeit in der Gewalt des Täters, von dem sie keine Freilassung zu erwarten hat, sondern früher oder später den Tod. Frauke wäre da mMn ziemlich sicher bereits früh am Telefon im Gespräch mit nahestehenden Personen, die sie nie mehr wiedersehen sollte, emotional (bzw. allgemeiner mental) zusammengebrochen. An der Stelle könnte man sich natürlich auch eine Frauke mit völlig gebrochenem Willen vorstellen. Sicher etwas, was im Rahmen eines fortgesetzten Festhaltens grundsätzlich möglich ist. Allerdings spielt da der Faktor Zeit eine wesentliche Rolle, da wären mMn ein paar Tage wiederum zu kurz.
Deswegen gehe ich schwer davon aus, dass sie in der Zeit zumindest von der realen Möglichkeit einer Freilassung ausging. Mehr noch, ich würde sogar annehmen, dass sie bei den Anrufen die Perspektive vor Augen hatte, tatsächlich wie von ihr angekündigt, jeweils "bald"/"heute" heimzukommen.
Frauke war nicht dumm, im Sozialen nicht naiv. Ein Täter, der ihr nur wiederholt sagt, er werde sie freilassen, reicht nicht. Nicht fünf Tage lang. Was es da mMn braucht, sind ihr ersichtliche Rahmenbedingungen der Tat und ein plausibles Narrativ, das die Freilassung im weiteren Verlauf für sie glaubhaft und hinreichend naheliegend erscheinen lässt. Bis einschließlich Sonntag dann jedenfalls ein "Nicht-Ausplaudern" gut möglich einfach deswegen, weil sie sich hier mit Kooperation die beste Chance versprochen haben könnte. Mit welcher Tatperson, welcher Täter-Opfer-Beziehung, welchem Motiv und welchem Verhalten des Täters ihr gegenüber könnte sowas zusammenpassen? Den ekelhaften Dauer-Vergewaltiger, der ihr das Messer an den Hals hält, sehe ich da nicht so...
Dann der letzte Anruf am Dienstag, soweit aus dem (erklärtermaßen leider unvollständigen) Protokoll ersichtlich.
Frauke war da laut Mitbewohner und Schwester mental ziemlich derangiert. Sie hat "Ausrutscher" wie das "ja, nein, nein" oder das "ich lebe noch" und gibt spontane, asoziative Antworten. Stellenweise scheint sie die Äußerungen des Gegenübers falsch zu verstehen: "Wir räumen auch dein Zimmer" im Kontext so gemeint, man würde sie auch in Ruhe lassen, wenn sie heimkäme (in der Äußerung immer noch die Möglichkeit enthalten, sie sei freiwillig weg). Ihrer Reaktion nach ("Das geht nicht, ich lebe noch!") hat sie es jedoch vielmehr so verstanden, man würde ihr WG-Zimmer leerräumen, da sie wohl nicht zurückkäme. Die Stelle mit dem dreimaligen "Mama" wird ja gern als möglicher versteckter Hinweis gelesen. Angesichts ihres augenscheinlich desolaten mentalen Zustands und dem, wie sie es gesagt hat ("wimmernd, wie ein verletztes Tier") halte ich das vielmehr für eine akute emotionale Auflösungserscheinung, einen rein intuitiven, hoffnungslosen Hilferuf. Die Wiederholung ergibt sich da für mich daraus, dass der Mitbewohner ihr hier dreimal die gleiche Frage stellt. Das Gespräch geht nicht wieter, keine neuen Stichworte/Anreize für Frauke, sie ist in dem Moment gefangen in diesem Befinden und kann in dem Moment nur das "Mama" replizieren, bis sie etwas anderes gefragt wird. Frauke an der Stelle keinesfalls cool einen geheimen Hinweis unterbringend, sie war an der Stelle schlichtweg "völlig hinüber".
Was offensichtlich ist: Frauke ist in dem Telefonat nicht in einer konstanten Verfassung, keine Stimmung "tief, aber stabil". Auch hätte das Telefonat wohl nicht stattgefunden, wenn sie bereits zuvor sichtbar derart aufgelöst, aus der Fassung gewesen wäre. Die Auflösung wird erst in ihrer Reaktion sichtbar (bzw. wird da verstärkt), als sie mit den ihr vertrauten Personen spricht, ihre Besorgnis um sie selbst wahrnimmt, darunter leidet, dass diese nichtmal wissen, was eigentlich los ist. Einfach far too much.
Dennoch: Frauke bricht auch hier nicht völlig zusammen. Hat zwar einschlägige Ausrutscher, antwortet auf Fragen spontan-assoziativ. Nicht die Statements/ankündigungen der vorigen Anrufe, sondern auf die Fragen bezogene, echte Antworten, kein "Dialog" mit vorgegebenen stereotypen Antworten. Aber sie hält bis zuletzt den Schein aufrecht, es kommt zu keinem Meltdown, wo sie heulend damit herausplatzt, dass sie festgehalten würde und keine Hoffnung auf Freilassung/Überleben habe. Sie ist wiederholt sichtbar kurz davor, kriegt sich aber wieder so weit unter Kontrolle, ihre Situation gegenüber den beiden unbestimmt zu lassen. Das finde ich absolut bemerkenswert. Nach einer Woche, in hoffnungsloser Todesangst und bei offensichtlich fortgeschrittener emotionaler Auflösung dem vertrauten Gegenüber nicht ohne Halt von ihrer tatsächlichen Situation zu reden anfangen, mir kaum vorstellbar. Aber genau so war es eben.
In Anknüpfung an meine Gedanken zu den vorigen Anrufen, Frauke habe wohl tatsächlich eine Freilassung für möglich gehalten, vielleicht gar damit gerechnet: Das Frauke auch beim letzten Gespräch bis zum Schluss bemüht ist, ihre Situation nicht offenzulegen, werte ich dahingehend, dass sie sich auch hier noch die Möglichkeit einer Freilassung nicht verbauen will, auch wenn sie nicht mehr daran glaubt, die Angst und Verzweiflung überhand genommen hatten. Etwa wie das Klammern an den letzten verbliebenen Strohhalm. Diese Deutung ist um so plausibler, je überzeugender das Narrativ einer Freilassung für Frauke zuvor war. Je mehr man hier einen ihr eigentlich offensichtlichen Bullshit annimmt, desto eher hätte sie diese Perspektive in ihrer Verfassung am Dienstag von sich gestoßen und damit absoluter, vollumfänglicher Hoffnungslosigkeit Raum gegeben. Schwer, das gut in Worte zu fassen. Ich hoffe, es ist halbwegs nachvollziehbar

Also, welche Tatperson/Beziehung/Motiv/Hergang würden eine ihr halbwegs glaubhafte Perspektive auf Freilassung ermöglichen? Muss sicher keine vollumfänglich Zuversicht gebende Rahmenbedingungen sein, aber so ein oder zwei belastbare Punkte bräuchte es da schon.
Ich halte eine Spontantat nach wie vor für gut möglich, etwa Festhalten zur Vertuschung einer zuvor gründlich aus dem Ruder gelaufenen versuchten Annäherung mit juristischen und sozialen Folgen, wenn es herauskäme.
Da kann dann eine Situation geherrscht haben, wo er sie nicht gehen lassen konnte, aber ein Verlauf, der mit ihrem Tod endet, ebenfalls zunächst noch nicht sichtbar/denkbar war, vielleicht (gut möglich) erstmal auch für den Täter nicht. Das Suchen nach einer Lösung, hinreichend glaubhafte Zusicherungen, sie demnächst freizulassen, dann jedoch jedes Mal wieder aufgeschoben.
Die Anrufe tatsächlich das, was sie inhaltlich aussagten: Eine vorgesehene Freilassung, die den sich maximal sorgenden Angehörigen mitgeteilt werden sollte. Dies vor allem Frauke ein Bedürfnis, und der Täter zunächst mit dem Ziel irgendeiner folgenlosen Auflösung der Situation (wie auch immer die hätte aussehen können, da war er selbst wahrscheinlich ratlos) erstmal noch bemüht, ihr entgegenzukommen. Die Anrufe als Bestandteil einer möglichen Auflösung der Situation, als Vorbereitung für eine tatsächliche Heimkehr.
Oder anderer Gedanke, ein Spontantäter wie oben beschrieben, der ohne einen selbst als kriminell empfundenen Vorsatz nach eigener Wahrnehmung in die Situation "hineingerutscht" wäre und einen folgenlosen Weg heraus sucht, dem wäre eine öffentliche Annahme/Wertung als Verbrechen wohl sehr unangenehm, dem könnten die Anrufe zur Vortäuschung von Freiwilligkeit gut ein tiefes Bedürfnis gewesen sein, ohne dass dafür eine formale (tatsächliche oder vermeintliche) Notwendigkeit bestanden hätte. So eine Art verzweifelt-symbolischer Ansatz, seine Tat ungeschehen zu machen, die öffentliche Wahrnehmung in Richtung seiner Wahrnehmung zur Tat hin zu beeinflussen.
Diesen Gedanken muss man da natürlich aus der zeitlichen Perspektive im Verlauf sehen, nicht aus einer Perspektive im Nachgang. Es geht darum, was den Täter zu den jeweiligen Zeiten im Verlauf umgetrieben haben könnte.
Auch dass der Täter den letzten Anruf laufen ließ und nicht bereits nach dem "ja, nein, nein" oder angesichts Fraukes offenkundiger Instabilität frühzeitig abbrach, passt zu einem Täter, der nicht skrupellos kriminell war, sondern in der von ihm keinesfalls so gewollten Situation im Grunde weit überfordert war. Für den Schaden an Frauke und letztlich ihr Tod keine kaltblütige Option/Ziel war, sondern höchstens etwas letztlich Unvermeidbares, das irgendwann im Verlauf am Horizont auftauchte und näherkam.
Und dass Frauke die Zeit über davon ausging, wohl letztlich freizukommen und auch beim letzten Anruf diese Möglichkeit nach wie vor letztlich handlungsleitend war und ihr ermöglichte, die Fassung nicht völlig zu verlieren - bei so einem Täter, den sie selbst als unglücklich, überfordert und möglicherweise gar nicht zum Mord in der Lage gesehen hätte, das würde mMn passen.
Ebenso wie Fraukes Verfassung beim letzten Anruf ist auch beim gesamten Verlauf nicht von konstanten Bedingungen und Wahrnehmungen auszugehen, sondern grundsätzlich erstmal von einer Entwicklung, Veränderung.
Nur weil die Tat nicht aufgeklärt wurde und man nur so wenig sicher weiß heißt das nicht, die Tat sei wie vom Täter gewünscht und geplant verlaufen, der Hergang hätte 1:1 auf seinem Plan und Tatziel beruht. Das unhinterfragt anzunehmen wäre viel zu hölzern gedacht.
Naja, oder es war alles ganz anders. Der Täter ein dominanzgeiler Psycho, für den die Anrufe ein Teil seiner Inszinierung waren, als maximales Erleben von Handlungsmächtigkeit, wenn man vor den Augen der Öffentlichkeit unsichtbar bleibt. Alles, was man sich nicht erklären kann, wird einer ominösen Täterpersönlichkeit zugeschrieben, die das genau so haben wollte. Der Frauke beim letzten Anruf allein durch seine Dominanz so unter Kontrolle hatte, dass sie auch da im großen und ganzen letztlich tut was sie soll.
Für mich ausgemachter Bullshit, aber wenn Dr. Saimeh das so sieht - sie wird schon wissen, warum sie das für naheliegend oder gar alternativlos hält. Ich konnte diese Einschätzung jedenfalls nicht nachvollziehen und sehe da nur eine Psychiaterin, die den Fall damit zu erklären versucht, dass sie einfach den passenden (und völlig unwahrscheinlichen) psychiatrischen Sonderfall als Täter konstruiert. Ein Specht redet nur über Holzstämme, eine Biene von den Blumen am Wegesrand, die Wildsau nur vom Maisacker.