@Wiesenblume
Oha, das ist ja ein regelrechtes Drehbuch!
Du meinst also, wenn dein Täter da bereits falsche Spuren in Richtung Asselner Brüder gelegt hat, dann war er auch der anonyme Zeuge "DerGast", nachdem Jahre später immer noch kein Verdacht auf den/die gefallen war?
Wild, aber nicht ohne innere Logik
Was würdest du sagen - hat der Täter da den Asselner Bruder nur als Strohpuppe installieren wollen, um selbst nicht erwischt zu werden, oder hat er auch grad dem was anhängen wollen, zwei Fliegen mit einer Klappe sozusagen?
Wiesenblume hat geschrieben: ↑Montag, 09. Dezember 2024, 12:04:28
(...)So kurz, dass sich Frauke noch nicht kundig gemacht hatte, wo Nieheim liegt. Und dann beim Restaurantbesuch ihre Mutter gefragt hat, wo denn Nieheim läge. Nieheim muss kurz zuvor eine Rolle gespielt haben, da die Operativen Fallanalytiker die Nieheim Hypothese entwickelten. Es kam an dem Tag des Verschwindens einfach doppelt vor.(...)
Ja, solche Punkte gibts bei dem Fall einige, wo man eigentlich (mehr oder weniger) kaum an einen Zufall glauben kann oder die als Zufall Hergang und vorhandene Hinweise maßgeblich beeinflussten:
Das Kaff Nieheim als Fraukes am früheren Abend gezeigter Ort von Interesse, im geäußerten Zusammenhang mit irgendeinem Typ, den sonst keiner aus ihrem Umfeld kannte. Und gleichzeitig die spätere SMS an Chris aus der Gegend eben dieses Ortes, zu dem Frauke abgesehen von der Frage am früheren Abend keinerlei irgendwem bekannten Bezug hatte - ihre Frage zeigte im Grunde ja auch, dass ihr Nieheim ansonsten nicht geläufig gewesen war.
Der WG-Schlüssel, von Chris vergessen und deswegen von Frauke geliehen. Wäre Frauke mit eigenem Schlüssel in der Tasche vielleicht doch noch mit den anderen mitgegangen? Wäre Niels vielleicht doch noch dazugestoßen, wenn Frauke länger geblieben wäre? Wäre Frauke dann (später) auch allein nach Hause, wäre sie zu einem späteren Zeitpunkt auch dem Täter begegnet? Oder andererseits, hätte sie Chris überhaupt geschrieben, dass es später würde (selbstbestimmtes Verfassen der SMS mal angenommen), wenn er nicht wegen des Schlüssels auf sie gewartet hätte? Wäre es ohne diese SMS überhaupt zu den folgenden Anrufen gekommen?
Der nächste Punkt mal aus Sicht von Fraukes damaligem "neuen Bekannten" Niels betrachtet: Er verliert seinen allerbesten Freund ("Doppelpack") auf tragische Weise (Suizid), zieht sich innerlich zurück, lernt Frauke kennen, die sich für ihn und seine Situation empathisch interessiert. Gemeinsames picknicken, vielleicht aufkeimendes Interesse an Vertiefung dieser neuen Bekanntschaft, angeregtes Chatten per SMS - und dann, keinen Monat (wenn ichs grad richtig weiß) nach seinem Freund, verschwindet und stirbt auch Frauke auf unnatürliche, gewaltsame und statistisch höchst unwahrscheinliche Weise.
Das wäre doch ein ausgesprochen unwahrscheinliches zufälliges Zusammenkommen zweier unnatürlich-gewaltsamer Tode, einmal der langjährig beste Freund, dann die neue Bekannte, zu der sich gerade ein vertrautes Verhältnis entwickelt. Aus Niels´ Perspektive doch wie absurd, als hätte ihm das Schicksal (nein, Fraukes Täter) nochmal eins reinwürgen wollen.
Oder dass ihr Handyakku leer war. Ansonsten hätte man per Providerdaten ihren Weg nach Verlassen des Pubs nachzeichnen können. Hätte feststellen können, wann und wo sie vielleicht verweilt hat, wann und wo sie vom Heimweg abgewichen ist und in welche Richtung, wann und wo (wenn überhaupt) ihr Handy dann ausgegangen wäre, wohl durch die Hand des Täters. Und für diejenigen, für die eine mögliche tatsächliche Ankunft Fraukes in ihrer WG diskutabel erscheinen mag - auch das wäre damit nachzuweisen oder widerlegen gewesen.
Natürlich war das Zufall, wie hätte ein Täter denn Fraukes leeren Akku einplanen oder gar herbeiführen können? Aber es ist nunmal so, mit eingeschaltetem Handy auf dem Heimweg hätte es da jedenfalls einige Details zum Hergang (wann+wo) gegeben. Gut möglich, dass in dem Fall der Fall schnell gelöst worden wäre, uU Frauke gar noch am Leben wäre.
Das späte Auffinden der Überreste. Man kann sicher darüber streiten, ob mehr oder weniger wahrscheinlich - aber ich bin mir sehr sicher, dass das späte Auffinden keine hoch wahrscheinliche oder gar zwangsläufige Folge des gewählten Ablageortes war. Nein, das war Zufall. Und bei einem frühen Auffinden hätte es mit Sicherheit fremde DNA-Spuren an Fraukes Kleidung und/oder Körper gegeben, oder auch andere Spuren, die nach monatelanger Witterung nicht mehr zu sichern waren. Auch Spuren im Gelände denkbar - Reifen, Fußabdrücke (mit 60kg extra ziemlich eindrücklich, im Wortsinn), was auch immer. Und natürlich wäre die Todesursache zunächst noch feststellbar oder zumindest stark eingrenzbar gewesen.
Aber nein, die Überreste blieben lang unentdeckt, letztlich zufällig.
Ebenfalls eine Besonderheit, welche die bisherige Nicht-Lösbarkeit des Falls einschlägig beeinflusst haben könnte: Frauke war ausgesprochen kontaktfreudig, ging auf Leute zu, kam schnell in Bekanntschaft mit Menschen, kannte viele Menschen aus unterschiedlichen Lebensbereichen, inklusive dem Internet. Für einen Ermittler, der zuallererst mal das soziale Umfeld durchkämmt, mehr als nur eine Herausforderung, da die Personen zumindest weitgehend vollständig zu erfassen. Ich nehme an, dass da eine ganze Menge Personen, mit denen Frauke in persönlicher Bekanntschaft stand, durchs Raster gerutscht sein
müssen. Bei Menschen mit ausgeprägt aktivem und niederschwelligem Kontaktverhalten ist es auch so, dass die Bekanntschaften
untereinander in der Regel vergleichsweise wenig vernetzt sind, sich kaum oder auch gar nicht kennen. Sternförmige soziale Netzwerkkarte, übrigens auch ein signifikantes Merkmal bei Menschen mit klinischer Depression oder Borderline-Störung laut einer Studie, an der ich vor Längerem mitgearbeitet habe. Nur am Rande, hat nichts mit Fraukes Fall zu tun. In ihrem Fall stattdessen eine mMn zwangsläufige Folge, wenn man oft und ohne notwendigerweise gegebenen gemeinsamen sozialen Kontext (gemeinsame Freunde, Verein...) Bekanntschaften schließt.
Jedenfalls in Kürze, Fraukes Kennenlern-Verhalten bedingt zwangsläufig eine nennenswerte Zahl möglicher (Bekanntschafts-)Täter und nur eingeschränkte Möglichkeiten, die auch alle zu erfassen.