Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022
Verfasst: Montag, 15. Januar 2024, 13:50:13
@Gast0815
@Gast12
@Catch22
Danke für eure Einschätzung!!
@Gast12
@Catch22
Danke für eure Einschätzung!!
Es gibt eine Studie, nach der es so aussieht, dass das Schweigerecht vor Gericht in der Praxis nichts zählt.
https://www.haufe.de/recht/weitere-rech ... 37570.html
Dort heißt es:
Aber diese Studie ist rein empirisch und berücksichtigt nicht wirklich die Ursachen für die Freisprüche. So hätte man diese Studie genauer durchführen müssen, wann genau haben die Angeklagten das Schweigen gebrochen.Eine neuere empirische Untersuchung der Rechtswissenschaftler Jörg Kinzig und Wolfgang Stelly von der Universität Tübingen hat gezeigt, dass in fast 90 % aller untersuchten Fälle, die (trotz vorhergehender Untersuchungshaft) mit einem Freispruch des Angeklagten endeten, der Angeklagte ausgesagt hatte.
Ein unschuldig Angeklagter wird schon vor dem Prozess ausreichende Erfahrung gesammelt haben, wie ihnen bei Verhören jegliche Fehlerinnerung als Widerspruch ausgelegt wird. Auch zeitliche Erinnerungsfehler (die sehr häufig sind) werden auch immer zu seinem Nachteil ausgelegt. Häufig hört man dann von den Ermittlern/StA die öffentliche Aussage „Er habe sich widersprochen“, was bei den Meisten dazu führt, dass es wohl der Täter sein muss. Mit dieser Erfahrung geht er in den Prozess. Anwälte werden ihm vor Augen halten, dass sich das meist auch bei den Gerichten wiederholt, und damit werden sie wahrscheinlich auch meist Recht haben, das kennen sie aus Erfahrung. Das Vertrauen des Angeklagten gegenüber der Justiz ist am Prozessanfang meist am Tiefpunkt.
Der Freispruch beruht nie allein darauf, ob ein Angeklagter schweigt oder redet. Das ergibt sich aus den Indizien, die im Laufe des Verfahrens möglicherweise noch hinzu kommen, ob ein Gutachten Zweifel erweckt etc.. Irgendwann gibt es dann starke Zweifel. Das wird entweder durch Hinweise des Gerichts sichtbar oder durch die Aussetzung der U-Haft durch das Gericht, da kein dringender Verdacht mehr vorliegt. Solange es solche Zeichen von Seiten des Gerichts nicht gibt, wird es kaum angesagt sein das Schweigen zu brechen.
In den meisten Fällen wird es ein solches Zeichen geben, daher denke, dass man diese empirische Betrachtung nicht missinterpretieren sollte. Das Reden des Angeklagten wird in den meisten Fällen die Folge des voraussichtlich für ihn positiven Ausgang des Verfahrens beruhen.
Im vorliegenden Fall gibt es auch nicht das geringste Zeichen von Seiten des Gerichts, der letzte Hinweis war- trotz dieser Dokumentation des Nichtwissens durch die Pressemitteilung des Gerichts – nach wie vor schuldig schuldig schuldig. Worauf das noch basiert, ist mir schleierhaft.
Es kann sein, dass das Gericht morgen zu einer anderen Sicht kommt und verkünden, dass kein dringender Tatverdacht mehr besteht, ich Zweifel jedoch dran. Ich denke, die Anwälte werden eine Haftprüfung beantragen müssen, evtl. wird das OLG München dann entscheiden müssen. Das bedeutet, dass hier das Schweigen wahrscheinlich weiter ratsam bleibt.