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2: Fraukes Lebenszeichen spricht nun erstmal auch Fraukes Bruder Frank. Bislang war er nie öffentlich aufgetreten. Bevor das, was er zu sagen hat, irgendwann hinter einer Paywall verschwindet, habe ich mir die Mühe gemacht, ein Transkript über die wichtigsten Passagen zu erstellen. Denn dieses Interview zeichnet auch einen etwas anderen Blick auf die Situation.
Stawski: Frauke ist also rangegangen. Sie hat nur kurz mit Frank telefoniert. Dieses kurze Gespräch war anders als das mit Chris. Weil Frauke anders war. Sie hat nicht so benommen geklungen wie bei Chris. Sie war ganz klar. So hat das Frank auch der Polizei erklärt. Nach dem Gespräch war Frank auch absolut sicher, dass Frauke jetzt, noch an diesem Freitag Abend, nach Hause kommt.
Frank: Das ist natürlich schon sehr lange her, nee? Da hat man mal ein paar schlechte Nächte, träumt mal 'nen Scheiß, aber das geht dann schon, aber ich wollte da nicht wieder komplett aufspringen auf den Zug nach der ganzen Zeit. Das mache ich so mit mir selber aus. Ich komme damit so klar, aber ich will nicht riskieren, dass ich damit nicht klarkomme, von daher habe ich immer so meinen Verstand.
Stawski: Franks Vorstellung war, Frauke hat irgendwie Mist gebaut, deswegen ist sie weg. Er war anderer Meinung als der Rest der Familie, der Angst um Frauke hatte. Er sagt auch, dass es absolut nicht zu Frauke gepasst hätte, dass sie einfach weg war, ohne Bescheid zu geben, aber Frank dachte deshalb nicht, dass was Schlimmes passiert ist. Er dachte, Frauke hätte irgendetwas angestellt, und jetzt traut sie sich nicht mehr nach Hause. Er glaubte, als großer Bruder könne er sie schon wieder zu Vernunft bringen. Er musste sie nur irgendwie ans Handy bekommen. Am Freitag Abend, kurz nach 23:00 Uhr, also drei Tage nach Fraukes Verschwinden, erreichte Frank eine sms von der Telekom. Das war eine automatisch verschickte Nachricht, in der stand, Fraukes Anschluss ist wieder erreichbar. Frauke hatte nämlich bei ihrem Handy eine Erreichbarkeitsinfo aktiviert. Das heißt, jeder der Frauke angerufen hatte, während ihr Handy aus war, konnte sich von der Telekom informieren lassen, wenn es wieder angeschaltet wurde. Und das war offenbar der Fall. Frank reagierte direkt, innerhalb von Sekunden wählte er Fraukes Nummer.
Frank: und, ja, da ist sie dann rangegangen. und weil ich die Einstellung hatte, da ist was schiefgelaufen, 'mach keinen Blödsinn, komm nach Hause irgendwie' und dann nochmal den Nachdruck irgendwie, 'weißt du, wie Mama und Papa sich fühen', nach dem Motto, jetzt ist es auch gut irgendwie, da ich zu diesem Punkt noch der Meinung war, dass es sich relativ harmlos schnell wieder einrenkt.
Also es klang für mich so, dass ich sie jetzt überzeugt hätte, dass jetzt Schluss ist mit dem Kram und sie jetzt nach Hause kommt.
Stawski: Nachdem Frank seinen Eltern von dem Anruf erzählt hatte, machte sich Fraukes Familie sofort auf den den Weg zur WG. Sie haben auch der ganzen Pflegeklasse Bescheid gegeben. Fraukes Freundinnen und Freunde setzten sich in ihre Autos und fuhren auch zur Wohnung. Sie parkten ein paar Meter entfernt und blieben sitzen. Sie schauten aufs Haus, wollten selbst sehen, wie Frauke nach Hause kommt.
Weißt du noch, wie lange ihr da gewartet habt?
Frank: Weiß ich nicht, lange. Auch so mit draußen vorm Haus rumrennen und gucken. Ob sie vielleicht hinter ner Ecke steht, ob sie noch einen letzten Schubs noch braucht. Da habe ich noch gedacht, wenn sie nicht nach Hause kommen will, da steht eine riesen Truppe vor dem Haus, ist das eher kontraproduktiv, dass man da den Dreh nicht kriegt, aber konnte ich dann auch nicht beeinflussen.
Da erwartet man also eine Frau zurück, die vermeintlich entführt, im schlimmsten Fall vergewaltigt wurde, vermutlich seit einer Woche die selben Klamotten trägt, und die sieht sich nun diesem Empfangskomitee gegenüber, das sie nun wahrscheinlich mit unzähligen Fragen überfällt, sollte man ihr nicht erst mal einen geschützten Raum gewähren? Horror.
Wer weiß denn, vielleicht war sie ja sogar da und ist in Panik geflüchtet? Ihr Bruder deutet diese Möglichkeit an.