Hallo zusammen,
ich bin noch relativ neu hier im Forum, habe mich im Verlauf der letzten Monate (seit Beitritt) erstmal quer durch die Rubriken gelesen und nun will ich hier mal meinen ersten Beitrag verfassen.
Viele Fälle kenne ich schon aus anderen Foren oder aus den Medien.
Der Fall Inga G. Ist auch ein solcher, der mich schon von Anfang an beschäftigt.
Ich habe mir jetzt hier den gesamten Thread durchgelesen und festgestellt, dass es hier - wie auch in anderen Foren - irgendwie nicht ganz stimmige Vorstellungen von der Landesklinik Uchtspringe im Allgemeinen wie auch speziell von der Suchtabteilung und der forensischen Abteilung gibt. Das ist nicht weiter schlimm - ich denke mir, wenn man Zusammenhänge nicht kennt, kann man ja gar nicht anders, als sich manches selbst zu erklären. Das ist nur normal.
Ich möchte gerne mal ein bisschen aufklären, was die einzelnen Abteilungen angeht.
In Uchtspringe befindet sich das Landeskrankenhaus für psychische und psychiatrische Erkrankungen des Landes Sachsen-Anhalt.
Es werden sämtliche bekannten psychischen Erkrankungen in vielen einzelnen Stationen behandelt. Der Ort Uchtspringe besteht zu zwei Dritteln aus Klinikgelände.
Wie man auf einer Landkarte sehen kann, gibt es nicht ein größeres Gebäude, das all diese Stationen beherbergt, sondern die Klinik selbst besteht aus vielen einzeln stehenden Häusern in einer parkähnlichen Anlage, in denen die Stationen untergebracht sind. Das Klinikgelände ist also wirklich weitläufig und umfasst - wie gesagt - etwa zwei Drittel der Gesamtfläche des Ortes Uchtspringe.
Es gibt sowohl offene als auch geschlossene Stationen.
Die Station für die Langzeittherapie bei Suchterkrankung ist eine offene Station, die sich inmitten des Klinikgeländes befindet.
Der Wilhelmshof liegt einige Kilometer außerhalb der Ortschaft Uchtspringe.
Sowohl dieser als auch die Station für Langzeittherapie bei Suchterkrankung sind gänzlich eigenständig betriebene Einrichtungen/Stationen, das heißt, es findet dort kein Personalaustausch statt. Im Wilhelmshof gibt es eigene Sozialarbeiter, die nichts mit der Suchtstation im Ort Uchtspringe zu tun haben und andersherum betreuen die Pflegekräfte, Therapeuten und Ärzte der Suchtstation nicht gleichzeitig die Bewohner des Wilhelmshofes.
Es sind zwei voneinander unabhängige Einrichtungen.
Für manche Suchtpatienten ist es schwierig bis unmöglich, nach einer erfolgreichen Therapie dauerhaft abstinent zu bleiben, wenn sie nach der Entlassung wieder in ihr altes Lebensumfeld zurückkehren würden. Die gerade erst erarbeitete Abstinenz wäre akut gefährdet, weil sie selbst sich nicht stabil genug dafür fühlen, den Anforderungen im normalen Lebensumfeld zu begegnen, ohne auf das Suchtmittel zurück zu greifen.
Gleichzeitig kann eine Klinik für Langzeittherapie keine dauerhafte Begleitung im Lebensalltag bieten, einfach, weil das die Kassen nicht zahlen und sie dafür auch gar nicht ausgelegt sind.
Somit ist es also nicht ungewöhnlich, dass manche Patienten nach ihrer Entlassung noch eine zeitlang einen geschützten Rahmen brauchen, um ihre Abstinenz zu festigen.
Um in solchen Situationen die besonders gefährdeten Frisch-Abstinenzler aufzufangen, gibt es in Deutschland diverse Einrichtungen.
"Betreutes Wohnen" nennt man so etwas.
So etwas in dieser Art ist der Wilhelmshof.
Diese Einrichtung wurde vor Jahrzehnten (genaueres müsste ich nochmal nachschlagen) von ehemaligen Suchtpatienten selbst auf- und ausgebaut, sprich: Menschen mit Suchthintergrund haben den Wilhelmshof selbst aufgebaut mit dem Ziel, dort gemeinsam leben und arbeiten zu können und ein Leben führen zu können, dass von gegenseitigem Verständnis, Hilfestellung, Motivation etc geprägt ist. Ein Ort, wo man sich nicht groß erklären muss, wenn man mit Suchtdruck zu kämpfen hat, weil alle Anwesenden genau wissen, wie sich das anfühlt und was vielleicht helfen könnte.
Also bis auf die Tatsache, dass sowohl die Suchtstation im Ort Uchtspringe als auch der Wilhelmshof außerhalb von Uchtspringe sich mit Suchtpatienten beschäftigen, haben sie keinerlei Berührungspunkte oder gemeinsame Aktivitäten oder Patienten oder Personalaustausch.
Dann gibt es da noch die forensische Klinik im Ort Uchtspringe.
Dort sitzen Straftäter ein, denen vor Gericht aufgrund einer psychischen Erkrankung nur ein gewisses Maß an Schuldfähigkeit zugesprochen wurde.
Dort gibt es Mörder und Totschläger ebenso wie Sexualstraftäter und auch Pädophile.
Manche verbringen dort ihr gesamtes restliches Leben.
Einige unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, rund um die Uhr weggesperrt.
Andere erhalten nach mehreren Jahren, nach vielen Therapiesitzungen und unzähligen Gutachten die Möglichkeit, sich für genau vorgeschriebene Zeiträume alleine außerhalb der Sicherheitsverwahrung zu bewegen, beispielsweise um Einkäufe im Supermarkt zu erledigen.
Zusammengefasst handelt es sich also um drei getrennt voneinander agierende Einrichtungen,die nichts miteinander zu tun haben.
Sicherlich ist es möglich, dass ein forensischer Freigänger einen Abstecher zum Wilhelmshof gemacht hat.
Ebenso ist es möglich, dass ein Patient der Langzeittherapie in seiner Freizeit einen Ausflug dorthin unternommen hat.
Inwieweit das im Fall Inga zutreffen könnte, kann ich nicht sagen.
Ich wollte mit dem Beitrag jetzt erst einmal die Unterschiede zwischen diesen drei Abteilungen verdeutlichen.
Woher habe ich diese Informationen?
Ich bin selbst Suchtpatient.
Ich habe vor über einem Jahrzehnt eine Langzeittherapie in Uchtspringe gemacht und lebe seither abstinent.
Viele Grüße erstmal an alle und sollten Fragen auftauchen - immer raus damit