Catch22 hat geschrieben: ↑Donnerstag, 13. Februar 2025, 04:18:00
Falls ich richtig geraten habe, solltest Du inzwischen Post haben. Hat's denn geklappt?
Ja, habe die .pdf erhalten. Besten Dank
Habe es gestern sogar noch bis auf Seite 48 (Rdnr. 430) geschafft, also knapp 1/4 des Urteils schon mal verschlungen. (Allerdings aber auch noch nicht wirklich komplett verdaut..)
War bis dahin aber schon mal sehr interessant und ich musste mich tatsächlich echt bremsen, um nicht die ganze Nacht durchzulesen.
Catch22 hat geschrieben: ↑Donnerstag, 13. Februar 2025, 04:18:00
Über Deine anerkennenden Worte freue ich mich sehr. Ich ahne, dass die nächste Überraschung im Fall Hanna nicht mehr lange auf sich warten lässt. Das motiviert.
Sehr gerne.. Anerkennung, wem Anerkennung gebührt!
Mal sehen wie es weitergeht in diesem "Schauspiel der Unsäglichkeit" deutscher Rechtsprechung. (..und ich hoffe da -ja bekanntlich- keineswegs auf einen Freispruch durch den BGH, sondern einzig und allein -und auf innig!- auf eine komplette Neuverhandlung des Falls. Alles andere wäre in meinen Augen absolut unbefriedigend, geradezu fahrlässig und definitiv ein sehr zerstörender Akt, in Hinblick auf das Grundvertrauen in unseren Rechtsstaat und Rechtssprechung.
Warten wir es ab und bleiben guter Dinge, noch befinden wir uns glücklicherweise ja noch nicht in einem "Trump-Land", dass gibt zu mindestens Hoffnung! (Wenngleich der zurückliegende Prozess tatsächlich schon sehr "Trump-Like" geführt wurde, wie ich finde..)
Catch22 hat geschrieben: ↑Donnerstag, 13. Februar 2025, 14:17:55
Zu den Schulterdachfrakturen kann wohl am ehesten ein Orthopäde oder ein Unfallchirurg Stellung nehmen. Diese Fachrichtungen aber waren meines Wissens bislang nicht involviert. Und Püschels Einschätzung ist nicht bekannt.
Dennoch bin ich bass erstaunt über diese für mich völlig neue Sichtweise. Was haltet Ihr davon?
Da ein CT gemacht wurde, bin ich mir sehr sehr sicher dass sich anhand des Bruchbildes sehr eindeutig die Richtung des Kraftverktors bestimmen lässt. Hier folge ich mal (ausnahmsweise) der gutachterlichen Stellungnahmen der Gerichtsmedizin und Biomechanik. Das ist deren ureigenstes Tagesgeschäft
Catch22 hat geschrieben: ↑Donnerstag, 13. Februar 2025, 04:18:00
Am besten wird sein, Du liest das im Urteil selbst nach. Die wichtigsten Einstiegspunkte zur Hydromechanik und Rechtsmedizin findest Du hier:
Würde ich gerne, aber leider habe ich es versäumt während es online war....
@StaffBro
Der BGH kann gar nicht freisprechen oder verurteilen, nur darüber urteilen ob ein Urteil rechtskräftig wird oder aufgehoben wird.
Mittlerweile hab ja sogar ich die Basics drauf.
andi55 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 19:18:42
@StaffBro
Der BGH kann gar nicht freisprechen oder verurteilen, nur darüber urteilen ob ein Urteil rechtskräftig wird oder aufgehoben wird.
Freispruch ist jetzt tatsächlich auch nicht die korrekte justiziable Begrifflichkeit für diesen Vorgang, den ich damit eigentlich meinte und ausdrücken wollte.
Ich meinte damit eigentlich, dass es ja durchaus -so meine ich jedenfalls- in der Vergangenheit auch Verurteilungen bzw. Urteile gab, welche der BGH nachträglich komplett einkassiert hat, mit einem Endergebnis, dass danach auch kein weiterer Prozess -in der selben Sache- mehr möglich war und der zuvor Verurteilte dadurch "faktisch" "Freigesprochen" wurde bzw. dadurch seine Freiheit wiedererlangte.
Ein Vorgang also, der einem Freispruch "in etwa" nahekommt. Zu mindestens was das "wieder auf freien Fuß kommen" anbelangt. Und genau eine solche Entscheidung dann auch mit sich bringen kann, dass der Verurteilte wegen dieses Vergehens nicht mehr weiter verfolgt, angeklagt oder belangt werden darf. Eine solche BGH Entscheidung also durchaus auch Endgültig sein kann und damit auch einen endgültigen Schlusspunkt setzt.
Oder irre ich mich da jetzt tatsächlich so sehr?
Sicherlich wird @Catch22 dahingehend für Klarheit und Aufklärung sorgen können. Wäre jedenfalls klasse und würde mich freuen. Danke.
andi55 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 19:18:42
Mittlerweile hab ja sogar ich die Basics drauf.
Keine Ahnung was du damit jetzt genau ausdrücken und unterstreichen möchtest oder wolltest und ob ich mit meiner Interpretation dieses Satzes richtig liege? Aber es freut mich natürlich für Dich
andi55 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 19:18:42
… Der BGH kann gar nicht freisprechen …
Freisprechen kann der BGH, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Beispiel Pistazieneis-Fall: unzureichende Beweislage im angefochtenen Urteil + keine weitere Sachaufklärung mehr möglich → in dubio pro reo → Freispruch.
Im Fall Hanna ist das nicht zu erwarten, da hier weitere Sachaufklärung (z. B. durch neue Gutachten) möglich ist → also Zurückverweisung in die Tatsacheninstanz beim LG.
Kalle hat geschrieben: ↑Donnerstag, 13. Februar 2025, 17:20:06
Da ein CT gemacht wurde, bin ich mir sehr sehr sicher dass sich anhand des Bruchbildes sehr eindeutig die Richtung des Kraftverktors bestimmen lässt. …
Das mag sein. Aber die Interpretation der CT-Ergebnisse kann falsch sein.
Schulterdachfrakturen
Soweit ich mir das habe medizinisch erklären lassen, kommen als Ursache für die Schulterdachfrakturen vier Varianten in Frage:
► 1. gestreckte Arme hinter dem Rücken mit großer Kraft nach oben reißen
(Und gleichzeitig den Schultergürtel niederdrücken. Eine muskuläre und knöcherne Barriere verhindert, dass der Arm über einen bestimmten Punkt hinaus bewegt werden kann. Muskeln und Bänder wirken dagegen. Daher: extremer Kraftaufwand.)
► 2. auch als Treibverletzung nach Hängenbleiben denkbar (Füße voraus)
► 3. Anprallungen auf Hindernisse in der Strömung (Kopf voraus)
► 4. Stauchung der Oberarmköpfe in die Schultergelenke durch Sturz auf die gestreckten Arme
Die 1. Variante erfordere die Kräfte eines Berserkers. Ob der kleingewachsene, damals schmächtige Angeklagte solche aufzubringen vermochte, bezweifle ich.
Die 2. Variante – wie auch die 1. – wurde vor Gericht gar nicht in Erwägung gezogen.
Die 3. Variante wurde nur betrachtet bzgl. des ggf. mehrfachen, aber zeitnahen Anpralls an ein und dasselbe Hindernis (Rechen). Nicht untersucht wurde der Anprall an zwei völlig verschiedene Hindernisse an ganz verschiedenen Stellen. (Beispiel: Die linke Schulter prallt im Bärbach an Hindernis A, die rechte Schulter in der Prien an Hindernis B.)
Die 4. Variante blieb von Anfang an ausgeklammert, weil ein banaler Sturz einer Betrunkenen, noch dazu womöglich beim Urinieren, tabuisiert wurde.
Eine 5. Variante – die des Gerichts: Knien oder Springen auf den Rücken – erscheint meiner medizinischen Quelle zufolge äußerst unplausibel, geradezu abwegig.
Wer weiß, welchen Sprengstoff die Ersteinschätzung von Püschel enhielt (dem das vollständige Obduktionsgutachten vorliegt). Mein Eindruck: Der diesbezügliche Beweisantrag von RAin Rick musste abgelehnt und die Verteidigerin lächerlich gemacht werden, um eine heraufziehende Gefahr zu bannen.
Schürfungen
Die oberen Hautschichten dunsen im Wasser nach schon drei Stunden auf und lösen sich relativ schnell ab. Hannas Leichnam lag zwölf Stunden im Wasser.
Daher müsste es sehr, sehr schwierig oder sogar unmöglich gewesen sein, alle oberflächlichen Schürfwunden zu detektieren und zu befunden. Die betreffende obere Hautschicht war (zumindest stellenweise) nicht mehr erhalten.
Eine Quelle dazu:
Daraus ergibt sich zweierlei:
► Das Fehlen sichtbarer Schürfungen führt nicht zum Ausschluss eines Abfangens mit den Händen bei einem Sturz.
► Die Abgrenzung von Scher- und Normalkräften zwecks der Feststellung von Treibverletzungen aufgrund angeblich fehlender Schürfungen ist falsch.
Resturin
Nur 1 ml Resturin fand sich bei der Obduktion in Hannas Blase. Erwartbar gewesen wäre eine deutliche größere Menge in einem Bereich um 74 ml (Mittelwert der Restmengen bei weiblichen Leichen nach postmortaler Entleerung der Blase aufgrund erschlaffter Muskulatur):
Deshalb hat Hanna unmittelbar vor ihrem Tod mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Urin abgesetzt. Ob der Zeitpunkt ihres letzten Toilettengangs im Eiskeller ermittelt werden konnte, weiß ich nicht. Findet sich dazu etwas im Urteil?
Unfall beim Urinieren?
Die Theorie von RAin Rick, Hanna habe auf dem Heimweg in die Büsche uriniert, wird damit untermauert.
Und wo hätte dies geschehen können? Blickgeschützt beim Brückerl, direkt am Bärbach: Nässe, aufgeweichter Boden, glitschiges Laub, glatte Turnschuhsohlen und eine BAK von 2,06 Promille – ein womöglich tödlicher Cocktail, begleitet von einem einzigen Schrei des Entsetzens.
Catch22 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 21:56:59
Freisprechen kann der BGH, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Beispiel Pistazieneis-Fall: unzureichende Beweislage im angefochtenen Urteil + keine weitere Sachaufklärung mehr möglich → in dubio pro reo → Freispruch.
Im Fall Hanna ist das nicht zu erwarten, da hier weitere Sachaufklärung (z. B. durch neue Gutachten) möglich ist → also Zurückverweisung in die Tatsacheninstanz beim LG.
der jogger ist ohne jegliche beweise verurteilt worden.
wenn jemand meint, es gab doch beweise für seine täterschaft, dann bitte raus damit... diese scheiss-whatsapp lasst bitte stecken..
ich bin sehr gespannt, wie der BGH damit umgeht: dass jemand ohne beweise verurteilt wurde. allerdings geht die beschwerde geht ja wohl nur über befangenheit u.ä. glaube ich
und - welche weiteren gutachten würdest du denn anregen ?
welche gutachten könnten denn seine täterschaft beweisen/widerlegen
Catch22 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 21:56:59
Freisprechen kann der BGH, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen.
Beispiel Pistazieneis-Fall: unzureichende Beweislage im angefochtenen Urteil + keine weitere Sachaufklärung mehr möglich → in dubio pro reo → Freispruch.
Im Fall Hanna ist das nicht zu erwarten, da hier weitere Sachaufklärung (z. B. durch neue Gutachten) möglich ist → also Zurückverweisung in die Tatsacheninstanz beim LG.
Vielen Dank für die verständliche, sowie anschauliche Einsortierung des Sachverhalts.
War mir -nach @andi55 Beitrag- jetzt tatsächlich selbst nicht mehr sicher, ob die von mir verwendete Begrifflichkeit "Freispruch" jetzt die fachlich zutreffende war. Aber gut zu wissen, dass diese Option -aufgrund der Möglichkeit der weiteren Sachaufklärung in diesem Fall- eh keine Anwendung finden wird. Das beruhigt mich schon mal ungemein.
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 22:06:54
der jogger ist ohne jegliche beweise verurteilt worden. …
ich bin sehr gespannt, wie der BGH damit umgeht …
… welche weiteren gutachten würdest du denn anregen ? …
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 22:15:32
… es muss darum gehen, handfeste beweise für eine täterschaft des joggers zu listen. …
Warum ist die Banane krumm?
All das, was Du ansprichst, betrifft die Sachaufklärung. Darum kümmert sich ausschließlich die Tatsacheninstanz, also ein LG. Nicht der BGH!
Wenn der BGH das Urteil des LG für fehlerhaft erachtet, hebt er es auf und verweist die Sache zurück an ein LG (= Tatsacheninstanz) zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung.
Nur dann, wenn der BGH sicher ist, dass eine weitere Sachaufklärung in der Tatsacheninstanz gar nicht mehr möglich ist, darf er abschließend entscheiden. Extrem seltenes Beispiel dafür: der Freispruch im Pistazieneis-Fall.
Hierfür gibt es im Fall Hanna nicht den geringsten Anhaltspunkt!
Weiterer Sachaufklärung (in einer neuen Tatsacheninstanz!) bedürfen beispielsweise
► das Geständnis in der JVA,
► rechtsmedizinische Fragen,
► hydromechanische Fragen.
Erst dann kann beurteilt werden,
► ob Gewalttat oder Unfall,
► ob der Angeklagte der Täter ist.
Catch22 hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 23:14:31Nur dann, wenn der BGH sicher ist, dass eine weitere Sachaufklärung in der Tatsacheninstanz gar nicht mehr möglich ist, darf er abschließend entscheiden. Extrem seltenes Beispiel dafür: der Freispruch im Pistazieneis-Fall.
genau das trifft doch hier zu: eine weitere sachaufklärung ist objektiv nicht möglich.
es waren sämtliche gutachter vor ort & sonstwas für experten.
wie könnte denn so eine entlastende (rechts)medizinische, hydromechanische "sachaufklärung" deiner meinung nach aussehen?
wie und welcher gutachter könnte denn bestätigen: "ohh, na klar, die ist beim pinkeln ins wasser gefallen.. klarster fall der fälle.. siehe grafik 1, 2 und 3"
wird nix, niemals, oder?
das könnte auch der BGH kapieren.
der typ wurde ohne beweise verurteilt.
das ist der skandal.
StaffBro hat geschrieben: ↑Freitag, 14. Februar 2025, 20:50:01
… Ich meinte …, dass es … auch Verurteilungen … gab, welche der BGH nachträglich komplett einkassiert hat, mit einem Endergebnis, dass danach auch kein weiterer Prozess -in der selben Sache- mehr möglich war und der zuvor Verurteilte dadurch "faktisch" "Freigesprochen" wurde …
Hier gerät etwas durcheinander, was mit dem Fall Hanna gar nichts zu tun hat.
Im Detail:
All dies aber ist im Fall Hanna nicht einschlägig (obwohl die Verfahrensweise prinzipiell dieselbe ist).
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Samstag, 15. Februar 2025, 00:13:41
genau das trifft doch hier zu: eine weitere sachaufklärung ist objektiv nicht möglich. …
Das Gegenteil ist der Fall:
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Samstag, 15. Februar 2025, 00:13:41
… es waren sämtliche gutachter vor ort & sonstwas für experten. …
Öha! Eine einzige „Tatortbegehung“ am 13.10.2022 (Urteil, Rdnr. 944) – durch wen, wird nicht genannt. Und Malcherek kannte die Drohnenaufnahmen vom Flusslauf, die er punktuell und unter Zeitdruck durch persönliche Inaugenscheinnahme ergänzte.
Welche „Sonst-was“-Experten hast Du sonst noch oder sonst wo gesehen?
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Samstag, 15. Februar 2025, 00:13:41
… wie könnte denn so eine entlastende (rechts)medizinische, hydromechanische "sachaufklärung" deiner meinung nach aussehen? …
Seit der Veröffentlichung des Urteils findet sich ausführliche Kritik daran in diesem Thread. Antworten auf Deine Frage lassen sich daraus leicht und zahlreich ableiten.
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Samstag, 15. Februar 2025, 00:13:41
… welcher gutachter könnte denn bestätigen: "ohh, na klar, die ist beim pinkeln ins wasser gefallen.. klarster fall der fälle.. siehe grafik 1, 2 und 3" …
Keiner. Eine hundertprozentige Festlegung kann es nicht geben. Diese Variante jedoch trotz zahlreicher Anhaltspunkte einfach weggewischt zu haben, begründet eine Revisionsrüge.
gastxyz..me hat geschrieben: ↑Samstag, 15. Februar 2025, 00:13:41
… wird nix, niemals, oder? das könnte auch der BGH kapieren. …
Hast Du denn kapiert, worauf es ankommt? Krude, bunte Schlagworte rauszuhauen, ersetzt eine sachliche Argumentation nicht.
@StaffBro
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall ! Nun war ich so überzeugt davon, die Ausführungen von @Catch verstanden zu haben und bin kläglich gescheitert. Ich hoffe du siehst es mir nach....
andi55 hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 01:34:24
@StaffBro
Hochmut kommt bekanntlich vor dem Fall ! Nun war ich so überzeugt davon, die Ausführungen von @Catch verstanden zu haben und bin kläglich gescheitert. Ich hoffe du siehst es mir nach....
Danke für deinen Beitrag.. Alles gut
Dein Zusatz hatte mich tatsächlich stark verwundert und irritiert, da ich dich hier im Forum bisher als einen sehr angenehmen und fairen Mitdiskutanten empfunden habe. Und ich darüber hinaus auch nicht wirklich nachvollziehen konnte, weshalb du dich zu diesem Satz "genötigt gefühlt" haben könntest? Hatte schon in Erwägung gezogen, dass dich evtl. mein Vergleich mit Trump etwas getriggert und zu deinem Zusatz bewegt haben könnte.
Einsicht und Selbstreflexion sind jedenfalls überaus wertvolle Charaktereigenschaften -gerade in Zeiten wie diesen- und wenn sich dann auch noch die eigene Stärke dazu gesellt, sich öffentlich für etwas zu "entschuldigen" bzw. einen Fehler einzugestehen. Dann ist das tatsächlich aller Ehren wert. Chapeau!
Also alles gut, abgehakt und wieder zurück zum eigentlichen Thema
Danke für den Urteilstext, den ich jetzt nahezu durch habe. Es sind mir nun viele Detsils klarer als bisher, allerdings macht es mich eher skeptischer dass der Revisionsantrag Erfolg haben wird.
Letztendlich bleibt weiterhin die Tatbeteiligung des Angeklagten unbewiesen, v.a. da die Geschehnisse im Zeitraum 2.32 h bis 2.42 nicht geklärt sind. Blackbox, Mutmaßungen.
Was die Herkunft der Verletzungen betrifft, scheint mir relevanter die Beurteilung wie die Entkleidung Jacke und Hose erfolgt sein soll. Hier folge ich den Darstellungen vom SV, es müsste vorher entkleidet worden sein, dass dies durch die Flussgeschehnisse erfolgt sei, überzeugt mich nicht.
Ein Entkleiden legt das sexuelle Motiv eines Täters nahe, und damit scheidet die Affektvariante ( die bisher meine bevorzugte war) aus. Es macht aber eben auch die Kopfschlöge wahrscheinlicher, da Hanna sich wohl vehement und lautstark gewehrt hätte wenn man sie nicht vorher außer Gefecht setzt. Auf den Angeklagten bezogen kommt noch die körperliche Überlegenheit hinzu, die ihr zumindest das Gefühl einer Chance gegeben haben dürfte, mitten auf der Hauptstraße durch HohenA.
Ob das aber alles überhaupt etwas mit dem Angeklagten zu tun hat bleibt weiterhin unbeantwortet. Auch wenn die Zeugenaussagen in Verbindung mit den Videos seine örtliche und zeitliche Nähe dokumentieren, überführt ihn das noch lange nicht.
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
Danke für den Urteilstext …
Gerne. Und danke für Deinen ersten Eindruck!
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… da die Geschehnisse im Zeitraum 2.32 h bis 2.42 nicht geklärt sind. …
Von dieser Zeitspanne sind noch abzuziehen
► 3:40 Minuten für den Heimweg sowie
► die benötigte Zeit für den Weg innerhalb des Hauses zum Handy.
So verbleibt für eine Tatbegehung ein Zeitfenster von nur noch rund 6 Minuten.
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… scheint mir relevanter die Beurteilung wie die Entkleidung Jacke und Hose erfolgt sein soll. … es müsste vorher entkleidet worden sein …
Die Hose war (vom Reißverschluss abgesehen) unbeschädigt. Wie soll das Ausziehen der Kunstlederhose durch den Angeklagten vonstatten gegangen sein?
► Über die Schuhe,
► innerhalb kürzester Zeit und
► ohne dabei die Hose zu beschädigen?
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… Ein Entkleiden legt das sexuelle Motiv eines Täters nahe …
Weshalb aber saß der Stringtanga beim Auffinden der Leiche regelgerecht? Diesen vom Opfer zu reißen, wäre die leichteste Übung gewesen.
Das widerspricht m. E. einem sexuellen Motiv.
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… Auch wenn die Zeugenaussagen in Verbindung mit den Videos … [Sebastians] örtliche und zeitliche Nähe dokumentieren, überführt ihn das noch lange nicht.
Ganz genau. Diese „Nähe“ ist räumlich mehrere Hundert Meter vom gemutmaßten Tatort entfernt. Und zeitlich mindestens 7 Minuten.
Also nicht mehr als eine theoretische Möglichkeit ohne jede unmittelbar tatbezogene Inzidenz. Das genügt beweisrechtlich nicht.
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… Ob das aber alles überhaupt etwas mit dem Angeklagten zu tun hat bleibt weiterhin unbeantwortet. …
Auch dem stimme ich zu (siehe mein Beitrag zur Analogie des Pistazieneis-Falls). Deshalb verstehe ich Folgendes nicht:
Kalle hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 07:55:04
… allerdings macht es mich eher skeptischer dass der Revisionsantrag Erfolg haben wird. …
Catch22 hat geschrieben: ↑Sonntag, 16. Februar 2025, 10:08:22
Die Hose war (vom Reißverschluss abgesehen) unbeschädigt. Wie soll das Ausziehen der Kunstlederhose durch den Angeklagten vonstatten gegangen sein?
► Über die Schuhe,
► innerhalb kürzester Zeit und
► ohne dabei die Hose zu beschädigen?
Weshalb aber saß der Stringtanga beim Auffinden der Leiche regelgerecht? Diesen vom Opfer zu reißen, wäre die leichteste Übung gewesen.
Das widerspricht m. E. einem sexuellen Motiv.
Stimme ich zu, die Frage des Enkleiden bleibt rästelhaft. Den Stringtanga zu belassen wird ja strafmildernd als "freiwillige" Motivumkehr interpretiert Rn 1463 (im Vergleich zum Ablassen durch vermutete Entdeckung). Das erscheint mir zumindest nicht völlig abwegig. Das Freilegen des Genitals eines wehrlosen Opfers stellt eine weitere Steigerung in der Entwürdigung dar, der ggf. den letzten Rest an Gewissen aktiviert haben könnte. Durchaus wahrscheinlich ist auch ein Ausbleiben oder Abfallen einer Erektion als Voraussetzung für den endgültigen Vollzug. Selbst die vorgehaltenen Gewaltfahtasien/Pornokonsum sind bei einer Realisierung dieser keineswegs zwingend genauso "erregend". Dürfte der allgemeinen Lebenserfahrung entsprechen, dass Phantasien, wenn sie sich realisiern, nicht immer halten was man sich eigentlich davon versprochen hatte. Vielmehr mag die Scham über das eigene Verhalten einen einholen.
Mit dem Entfernen der Unterwäsche kommt dann nur noch die Einsicht "ja jetzt bin ich für immer ein Vergewaltiger"
Ein Empathiedefizit, aber keine Empathielosigkeit wird dem Angeklagten zugeschrieben (Rn 175/Rn997). Alles was man über seine Persönlichkeitsanalyse liest, legt nahe, dass er sowas nicht einfach "eiskalt durchzieht". Er war vernünftig sozialisiert und was man liest ergibt kein Bild für einen Vergewaltiger. Was aber auch nicht ausschließt, dass der ursprüngliche Antrieb für ein mögliches Geschehen sexuelle Absichten waren.
Interessant ist die Feststellung der Richterin ab Rn1142. Ich hätte nicht vermutet, dass die Täterschaft nahezu einzig und "zweifelsfrei" auf eine vermeindliche Offenbarung von Täterwissen ggü. dem Mithäftling festgestellt wird. Bis dato dachte ich immer an einen vergleichbar wertlosen Kommentar "dann war ichs halt" wie bei der Hausparty. Nun wird aber begründet, dass die vermeindlichen Aussagen des Angeklagten ggü. dem JVA-Zeugen "Täterwissen" offenbarten. Insbesondere Aussagen zum Ablauf (bewusstlos geschlagen, in den Bach geworfen etc.) wären nicht in der Presse veröffentlicht gewesen.
Zum Zeitpunkt des Gespräches ("in der Weihnachtszeit") war der Angeklagte also schon ca. 4-5 Wochen in U-haft. Ich gehe davon aus, dass es in diesem Zeitraum zahlreiche Gespräche mit den Pflichtverteidigern gab, mit der damit verbundenen Akteneinsicht, der Vorhaltung der Staatsanwaltschaft vor dem Richter. Die Frage "was wird mir eigentlich vorgeworfen" wird das ständige Thema der Gespräche mit seinen Anwälten gewesen sein. Die Aktenlage wird den unterstellen Tatverlauf der den Untersuchungrichter überzeugen musste, beinhalten.
Meine Frage:
Warum hat er dann "Täterwissen" ?
Man stelle sich das Gespräch mit dem Mithäftlihng - sofern es jemals stattgefunden hat - wie folgt vor:
"Und, warst Du es ?"
"Nein, ich bin unschuldig"
"Ok das sagen hier alle, aber warum bist Du dann hier".
"Die werfen mir aber allenernstes vor, ich hätte die Hanna bewusstlos geschlagen um sie zu vergewaltigen und dann in den Bach geworfen".
Habe ich jetzt einen Denkfehler, oder worin liegt hier "zweifelsfrei" Täterwissen, wenn er Akteneinsicht hatte. Oder wird einem diese in der U-haft nicht zugestanden ? Warum sollte der Mithäftling für eiene Lüge nicht genau diese Infos gegen den Angeklagten verwenden um sich selbst zu verbessern ? Er muss nur "Nein, ich bin unschuldig" in "Ja ich war es" ändern. Ein paar Spekulatius essen, den Angeklagten aus der Zelle komplimentieren, und sich die Hände reiben....