MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Anja Aichele, Ayleen Ambs, Vierfachmord von Annecy 2012, Bärbel B. (Bremerhaven) u. Ingrid R. (Bremen), Annika Brill, Tristan Brübach, Christoph Bulwin, Anne D. (Lorch), Suzanne Eaton, Michaela Eisch, Victor Elling, Sonja Engelbrecht, Trude Espas, Regina Fischer, Abby G. & Libby W. (USA-Indiana), Maren Graalfs, Valeriia Gudzenko, Mara-Sophie H. (Kirchdorf), Marion & Tim Hesse, Jutta Hoffmann, Bärbel K. (Lübeck), Peggy Knobloch, Cindy Koch, Martina Gabriele Lange, Lola (FR-Paris), Karl M. (Berlin), Khadidja M. (Ingolstadt), Stefan M. (Salzgitter), Jelena Marjanović, Margot Metzger, Karin N. (Borchen), N. N. (Lampertheim), Gabby Petito, Heike Rimbach, Elmar Rösch, Gustav Adolf Ruff, Carina S. (Iserlohn), Hannah S. (Hamm), Lena S. (Wunsiedel), Gabriele Schmidt, Mord in Sehnde-Höver, Yasmin Stieler, Simone Strobel, Elisabeth Theisen, Karsten & Sabine U. (Wennigsen), Nicky Verstappen, Hanna W. (Aschau)
Fränkin
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fränkin »

Catch22 hat geschrieben: Samstag, 05. April 2025, 05:44:28 … Den medizinischen Hintergrund dieser Thesen verstehen zu können, würde helfen, die Position der Verteidigung besser einzuordnen. Wenn es Dir möglich wäre, zu diesen Punkten Licht ins Dunkel zu bringen, kämen wir wohl alle ein großes Stück weiter. Danke!
Die sogenannte Verteidigerversion findet sich in der Beweiswürdigung des Urteils (Rdnr. 1135–1140):
viewtopic.php?p=289102#p289102
Das große Problem in der Medizin ist, dass Häufiges häufig und Seltenes selten ist.

Das macht es daher so gut wie unmöglich einen bestimmten Grund für z.B. eine Verletzung kategorisch auszuschließen oder zu behaupten, dass eine Verletzung nur und ausschließlich durch ein einziges Szenario möglich ist.

Dies heißt konkret, dass es natürlich nicht ausgeschlossen ist, dass jemand mit seinen Knien mit Wucht einer auf dem Bauch auf dem Boden liegenden Person auf die Schulterblätter springt, dabei über die Spina scapulae beidseitig nach vorne herunterrutscht und dabei mit adduzierten (zur Mitte bewegten) Oberschenkeln die Akromien nach vorne medial unten bricht, aber es ist absolut unwahrscheinlich.
Catch22 hat geschrieben: Freitag, 07. März 2025, 21:33:48
Nach unseren nunmehrigen Erkenntnissen zu acetylierter Glukose und dem Ligamentum coracoacromiale (Band am Schulterdach) lohnt ein genauerer Blick auf den damaligen Beweisantrag der Verteidigerin, auch wenn zu dessen medizinischen Hintergründen bislang nichts öffentlich bekannt ist:
► Hanna sei bei Bewusstsein ins Wasser gelangt und noch handlungsfähig gewesen.
...
In wie weit Hanna handlungsfähig war, das ist schwer zu beantworten.
Wirft man noch einmal einen Blick auf den Promillewert, so muss man konstatieren, dass sie sicher nicht mehr vollständig Herr über ihren Körper und ihre Sinne war. Ihr Reaktionsvermögen war bei diesem Alkoholwert deutlich eingeschränkt. (Siehe dazu mein altes Posting). Würden über 2 Promille nicht zu Ausfallerscheinungen führen, so bräuchte es auch keine Promillegrenze im Straßenverkehr. Volltrunkenheit wäre dann überhaupt kein Problem mehr.

Nach Lektüre des Urteils ist auch nicht klar geworden, wann und warum Hanna bewusstlos wurde. Eine Kopfverletzung "an Land" hätte eine sichtbare Blutspur hinterlassen und selbstverständlich hätte das Blut auch einen potentiellen Verursacher erreicht.
Schlug sie sich womöglich an einer Brücke den Kopf an und wurde deshalb bewusstlos?
Wurde sie erst durch den Sauerstoffmangel beim Ertrinkungsvorgang bewusstlos? Ertrank sie weil ihr durch das Eindringen von kaltem Wasser ins Ohr schwindelig wurde? Kaltes Wasser kann das Vestubularorgen irritieren, das kann zu Schwindel führen.
Stürzte sie nach dem Erbrechen (der wenige Mageninhalt deutet darauf hin, dass der Rest des Inhalts wohl in der Prien war) oder dem Harn Absetzen (1ml Restharn in der Blase sind ein deutliches Anzeichen für ein Harnabsetzen zu Lebzeiten) in das kalte Wasser und wurde durch den Kälteschock bewusstlos?

Vorstellen könnte man sich nach dem Verlassen des Eiskellers etwas, was der Volksmund mit „Frischluft-Watsche“ bezeichnet und was noch nicht in Gänze medizinisch untersucht ist. Es gibt mehre Ansätze diese „Watsche“ zu erklären, aber eine allgemeingültige Erklärung gibt es noch nicht. Dennoch kennt fast jeder dieses Phänomen: Man trinkt in einem Raum Alkohol, unterhält sich, geht vor die Türe und auf einmal merkt man den Alkohol. Möglicherweise ging es Hanna auch so und sie wollte ihre Eltern bitten, sie abzuholen. Auch mit über 2 Promille kann man noch zweimal eine Taste auf dem Handy drücken und dann den hinterlegten Kontakt mit einmal Wischen anzurufen versuchen. Was man aber mit diesem Alkoholwert eher nicht mehr auf die Reihe bekommt, ist, dass man gar kein Guthaben mehr hat.

Wird man überfallen, so kann man europaweit kostenlos und ohne Guthaben die 110 (Polizei) oder die 112 (Feuerwehr und Rettungsdienst) anrufen.
Zu behaupten, dass Hanna ihre Eltern anrufen wollte, weil sie angegriffen wurde, ist nicht nachvollziehbar. Bei einem Angriff hätte so ziemlich jeder Mensch die Polizei angerufen. Und zwar egal wieviel Promille derjenige im Blut gehabt hätte.
Catch22 hat geschrieben: Freitag, 07. März 2025, 21:33:48 ...
► Sie habe 1–2 Minuten lang Schwimmbewegungen ausgeführt.
...
Wären die Akromien tatsächlich vor dem ins Wasser gelangen gebrochen gewesen, so wäre jedwede Bewegung der Arme schmerzbedingt nahezu unmöglich gewesen.
Weiter halte ich die Schwimmbewegungstheorie für abwegig, denn wer Schwimmbewegungen ausführen kann, der sollte es auch aus einem nicht allzu breiten Bach heraus schaffen, auch wenn er Hochwasser führt. Außerdem hätte sich ein Mensch, der in den Bach geraten ist und noch ein bis zwei Minuten versucht hätte, sich mit Schwimmbewegungen über Wasser zu halten, doch noch den ein oder anderen Laut von sich geben können. Es wurde aber nur von einem Schrei berichtet. Sollte der von Hanna gewesen sein, so stellt dieser Schrei vermutlich den Zeitpunkt dar, zu dem sie ins Wasser gelangte und anschließend bewusstlos wurde.
Catch22 hat geschrieben: Freitag, 07. März 2025, 21:33:48 ...
► Die Einblutungen in Rücken, Hals und Oberarmen seien durch die Strömung erklärbar.
► Die Riss-Quetsch-Wunden am Kopf und die Schulterdachfrakturen könnten im Fließgewässer entstanden sein.
...
Nachdem der Körper über mehrere Kilometer nicht flach wie ein Brett und immer auf dem Bauch und Kopf-voraus die Prien hinuntergeschwommen ist, sind die Einblutungen am Rücken eher durch die Kontakte mit Steinen im Fluss als durch ein Aufspringen mit den Knien erklärbar. Die Einblutungen am Hals können auch durch ein sehr weites nach vorne Beugen des Kopfes entstanden sein.

Weil das nachfolgende Bild nicht sonderlich hübsch ist, erscheint es hinter einem
Spoiler
Todesermittlung_Grassberger2009.jpg
Todesermittlung_Grassberger2009.jpg (79.04 KiB) 2585 mal betrachtet
aus dem Buch „Todesermittlung - Befundaufnahme & Spurensicherung“ von Grassberger/Schmidt aus 2009
Hier sieht man recht eindrucksvoll einige Kopfverletzungen, die aber durch das Treiben in einem Gewässer entstanden sind.
Catch22 hat geschrieben: Freitag, 07. März 2025, 21:33:48 ...
► Die Schulterdachfrakturen seien nicht durch Draufknien (und Draufspringen?) erklärbar.
...
Wären die Akromien tatsächlich durch das von hinten Aufspringen gebrochen, hätten sich weitere Begleitverletzungen an der Schulter zeigen müssen. Darüber habe ich allerdings nichts gefunden.
Weitere Möglichkeiten für den Bruch der Schulterdächer wäre eine Stauchung der Arme in Richtung der Schulterdächer. Dabei darf man sich nicht irritieren lassen, dass die Akromien bei der Obduktion nach vorne gezeigt haben. Solange das Lig. coracoacromiale noch intakt ist, hat ein gebrochenes Akromion keine andere Chance als nach vorne unten und zur Körpermitte zu zeigen.

Möglich ist auch dieses Szenario: Die Strömung verfängt sich in der Jacke, die Arme werden nach hinten oben gerissen/gedrückt, die Akromien brechen und die Jacke wird durch die Strömung abgestreift. Dabei kann sich selbstverständlich ein Ärmel auf links drehen. Nicht außer Acht lassen sollte man in dem Zusammenhang, dass sich eventuell Luft in der Jacke gestaut hat, sie dadurch aufgetrieben ist und auch so die Arme nach oben gerissen werden konnten.

Auch ein Hängenbleiben mit den Armen ist möglich. Dabei muss es nicht zwingend zu Abschürfungen oder Hämatomen kommen. Wobei der Oberarm ja Hämatome aufwies. Diese Hämatome könnten aber auch entstanden sein, weil die Jacke in der Strömung noch eine Zeitlang am Arm zerrte.

Ein Aufprall auf Steine oder Äste in einem schnell fließenden Bach/Fluss kann Akromien brechen lassen.

Durchaus nicht zu unterschätzen sind Bergeverletzungen. Natürlich hat sich die DLRG und die Feuerwehr allergrößte Mühe gegeben, den Leichnam aus dem Wasser zu bergen, aber ist tatsächlich völlig ausgeschlossen, dass im Rahmen der Bergung eben nicht an den Armen gezerrt wurde? Die Leichenstarre war noch vorhanden. Auch bei der Bergung könnten die Akromien gebrochen sein oder zumindest ihre Position in Richtung vorne unten und zur Mitte hin verändert haben.

Wichtig ist, dass man sich davon verabschiedet, dass ein in einem Fluss treibender Körper exakt so nach über 10km aufgefunden wird, wie er ins Wasser geriet. Das ist ja schon bei einem friedlich dahinplätschernden Fluss unmöglich - wie sollte das in einem hochwasserführenden schnell fließenden Fluss mit reichlich Steinen und Stufen im Flussbett möglich sein? Leider scheint die Kammer davon aber auszugehen.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Es gibt genug Möglichkeiten einen Menschen nur mit Händen bewusstlos zu machen ohne dass er blutet.

Wenn man mehr über ihren Ohrring und die Bachsohle wüsste könnte man vllt ein Kampfgeschehen besser verstehen.

Den Rest hat sowieso der Bach und der Fluss gemacht.
gastxyz..me

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von gastxyz..me »

Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 20:47:47Möglich ist auch dieses Szenario: Die Strömung verfängt sich in der Jacke, die Arme werden nach hinten oben gerissen/gedrückt, die Akromien brechen und die Jacke wird durch die Strömung abgestreift. Dabei kann sich selbstverständlich ein Ärmel auf links drehen. Nicht außer Acht lassen sollte man in dem Zusammenhang, dass sich eventuell Luft in der Jacke gestaut hat, sie dadurch aufgetrieben ist und auch so die Arme nach oben gerissen werden konnten.

Auch ein Hängenbleiben mit den Armen ist möglich. Dabei muss es nicht zwingend zu Abschürfungen oder Hämatomen kommen. Wobei der Oberarm ja Hämatome aufwies. Diese Hämatome könnten aber auch entstanden sein, weil die Jacke in der Strömung noch eine Zeitlang am Arm zerrte.
... hatte ich auch schonmal angesprochen ...
aber wurde die jacke nicht bereits auf parkplatz-höhe gefunden ?
ein arm auf die linke seite gedreht
dann bliebe die möglichkeit, dass der täter ihr in bauchlage die jacke brutal nach hinten runtergerissen hätte.. an dieser stelle oder am brückerl

hängenbleiben mit den armen
bei solchen gewalten, die da im spiel sein müssten um die knochen zu brechen, hätte das t-shirt wohl schäden davongetragen..
aber top/top-unterwäsche hatte sie ja noch unbeschädigt an, oder?
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Korrektur:
Ihr Fingerring wurde auf Höhe des Seilbahnparkplatzes im Bärbach gefunden.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Die Kräfte des Hochwassers
https://youtu.be/Kzq4Emgtpes?t=233

https://youtu.be/Y7LN5eOlYzM?t=101

Und die Fliessgeschwindigkeit bei einem entsprechenden Hochwasser hat auch noch keiner gemessen
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

@Fränkin
Danke für Deine Ausführungen!

Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 20:47:47 … Das macht es … unmöglich einen bestimmten Grund für … eine Verletzung … auszuschließen oder zu behaupten, dass eine Verletzung nur … durch ein einziges Szenario möglich ist. …
Aus medizinischer Sicht ist dies vollkommen richtig. Dem Juristen allerdings gefiele eine einfache Antwort nach klarem Ja-/Nein-Schema besser. Dieses altbekannte Dilemma bei Gericht aufzulösen, gelingt oft nur in kleinsten Schritten einer geschickten Befragung des Sachverständigen – als seien er und die Richter erst sechs Jahre alt. Oder es gelingt gar nicht: Vieles erscheint gleichermaßen möglich und niemand kann die einzig wahrscheinliche Variante herausheben.

Wir dürfen auch nicht vergessen, dass Püschel das vollständige Obduktionsgutachten der LMU nebst CT-Aufnahmen und Fotos vorliegt. Das schriftliche Urteil dagegen enthält nur eine mehr oder weniger detaillierte Inhaltsangabe dessen, was das Gericht für wesentlich erachtete.

Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 20:47:47 … Wirft man noch einmal einen Blick auf den Promillewert [2,06], so muss man konstatieren, dass … [Hanna] sicher nicht mehr vollständig Herr über ihren Körper und ihre Sinne war. … Würden über 2 Promille nicht zu Ausfallerscheinungen führen, so bräuchte es auch keine Promillegrenze im Straßenverkehr. …
Ein kleiner Exkurs:

Da trunkene Verkehrsteilnehmer für gewöhnlich keinen Selbsttest mit einem Alkomaten vornehmen, sei gesagt, dass 2,06 Promille BAK weit jenseits dessen liegen, was unsere Rechtsordnung als Grenzwerte im Straßenverkehr vorsieht:

0,3 Promille: bei alkoholtypisch auffälliger Fahrweise oder bei schuldhaftem Unfall → Ordnungswidrigkeit (Bußgeld)

0,5 Promille: ohne auffälliges Verhalten → Ordnungswidrigkeit (Bußgeld)

1,1 Promille: absolute Fahruntüchtigkeit als Kraftfahrer → Straftrat (§ 316 StGB), Entzug der Fahrerlaubnis, MPU

1,6 Promille: absolute Fahruntüchtigkeit als Radfahrer → wie zuvor bei 1,1 Promille

Zur Verdeutlichung für alle: Selbst wenn manch routinierter Trunkenheitsfahrer sich noch fahrtüchtig wähnt, hatte Hanna fast das Doppelte dessen intus, das zur strafbaren absoluten Fahruntüchtigkeit als Kraftfahrer mit Verlust des Führerscheins geführt hätte!


Zurück zu den medizinischen Aspekten im Fall Hanna:

Nach den Ausführungen von @Fränkin erscheint es jedenfalls möglich und auch nicht unwahrscheinlich,

► dass Hanna bei Bewusstsein ins Wasser gelangte und noch handlungsfähig war,

► dass die Einblutungen in Rücken, Hals und Oberarmen durch Treiben in der Strömung erklärbar sind,

► dass die Riss-Quetsch-Wunden am Kopf und die Schulterdachfrakturen im Fließgewässer entstanden sind,

► dass die Schulterdachfrakturen nicht durch Draufknien entstanden sein müssen.

Damit werden diese Thesen Püschels nachvollziehbarer.

Nur eine seiner Thesen bleibt bisweilen noch im Dunkeln – nämlich die, die in der Presse am meisten für negative Furore sorgte:

► Hanna habe 1–2 Minuten lang Schwimmbewegungen ausgeführt.

Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 20:47:47 … Weiter halte ich die Schwimmbewegungstheorie für abwegig, denn wer Schwimmbewegungen ausführen kann, der sollte es auch aus einem nicht allzu breiten Bach heraus schaffen, auch wenn er Hochwasser führt. …
Egal ob der Pegelstand des Bärbachs bei 50–70 cm (wie von Malcherek laut Presse geschätzt) oder bei 1,40 m (wie im Urteil festgestellt) lag: In der reißenden Strömung ist es kaum möglich, sich auf den Beinen zu halten – und bei 1,40 m gelingt dies garantiert nicht.

Zwei eindrückliche Videos dazu verlinkte @Gast:
Gast hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 23:57:17 Die Kräfte des Hochwassers
https://youtu.be/Kzq4Emgtpes?t=233
https://youtu.be/Y7LN5eOlYzM?t=101
Der Körper gerät vollständig ins Wasser und es gilt, den Kopf über Wasser zu halten. Naheliegend wären dafür doch Schwimmbewegungen – vorausgesetzt, Hanna wäre noch bei Bewusstsein und die Akromien wären unversehrt gewesen.

Vielleicht sind mit „Schwimmbewegungen“ auch Kraul-, Paddel-, Ruder- oder vergleichbare Bewegungen gemeint. Hauptsache ist doch, der Kopf bleibt über Wasser.

Im fraglichen Bereich ist der Bärbach kanalisiert. Trittstufen oder etwas ähnliches gibt es nicht. Um aus dem Bach herauszugelangen, kann man m. E. nur versuchen, sich am Ufergestrüpp hochzuziehen. Möglicherweise tat Hanna dies (ohne Erfolg) und verlor dabei einen ihrer beiden Ringe, der später im Bachbett zwischen dem Brückerl und der Überquerung Am Hofbichl gefunden wurde.

Deshalb kann ich als Laie an der These der Schwimmbewegungen nichts Abwegiges erkennen. Allerdings frage ich mich, wie Püschel auf den Zeitrahmen von 1–2 Minuten kommt. Geht er davon aus, dass Hanna danach das Bewusstsein und ihre Handlungsfähigkeit verlor?



Noch ein paar Worte zur Jacke:

Gefunden wurde die Lederjacke in der Prien, „kurz hinter der Brücke Grünwald“ (Urteil, Rdnr. 122).

RAin Rick vertritt die Auffassung, Hanna habe ihre Jacke selbst ausgezogen, nachdem sie in den Bärbach gelangt war.

Ein Beitrag auf Allmystery brachte mich auf den Gedanken, dass Hanna die Jacke durch die Strömung von hinten über den Kopf gezogen worden sein könnte und sie sich deshalb durch Ausziehen der Jacke aus dieser bedrohlichen Lage befreien musste:

Spoiler – hier klicken!
Nur zur Jacke, ich hatte als Jugendlicher ein altes Wildwasser-Kanu und war oft (natürlich ohne entsprechende Ausrüstung) in unseren Talsperrenabflüssen unterwegs.

Nach einem Kentern in "schnellem Wasser" gibt es neben dem Kopf anschlagen kaum etwas kritischeres, als das einem die Jacke bei einer Drehung von hinten über den Kopf gespült wird und man wie in einer Zwangsjacke absäuft. Das man die irgendwie "freiwillig" los wird, ist schon fast instinktiv.

Syndrom, Allmystery, 28.03.2025, 19.40 Uhr
https://www.allmystery.de/themen/km168746-619#id36135623
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Catch22 hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 01:24:16


Noch ein paar Worte zur Jacke:

Gefunden wurde die Lederjacke in der Prien, „kurz hinter der Brücke Grünwald“ (Urteil, Rdnr. 122).

Wohl hier in Bildmitte
https://www.google.com/maps/place/83229 ... FQAw%3D%3D
Ihr Handy wurde wohl noch im Gemeindegebereich von Aschau gefunden
viewtopic.php?p=225409#p225409
Wenn ihr Handy in der Jacke war wäre es schlüsssig wenn es relativ unversehrt rausfällt und die erleichterte Jacke dann später zum liegen kommt
DerGast0815

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von DerGast0815 »

Catch22 hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 01:24:16Der Körper gerät vollständig ins Wasser und es gilt, den Kopf über Wasser zu halten. Naheliegend wären dafür doch Schwimmbewegungen – vorausgesetzt, Hanna wäre noch bei Bewusstsein und die Akromien wären unversehrt gewesen.

Vielleicht sind mit „Schwimmbewegungen“ auch Kraul-, Paddel-, Ruder- oder vergleichbare Bewegungen gemeint. Hauptsache ist doch, der Kopf bleibt über Wasser.

Im fraglichen Bereich ist der Bärbach kanalisiert. Trittstufen oder etwas ähnliches gibt es nicht. Um aus dem Bach herauszugelangen, kann man m. E. nur versuchen, sich am Ufergestrüpp hochzuziehen. Möglicherweise tat Hanna dies (ohne Erfolg) und verlor dabei einen ihrer beiden Ringe, der später im Bachbett zwischen dem Brückerl und der Überquerung Am Hofbichl gefunden wurde.

Deshalb kann ich als Laie an der These der Schwimmbewegungen nichts Abwegiges erkennen. Allerdings frage ich mich, wie Püschel auf den Zeitrahmen von 1–2 Minuten kommt. Geht er davon aus, dass Hanna danach das Bewusstsein und ihre Handlungsfähigkeit verlor?

Genauso sehe ich es auch. Solange man noch Boden unter den Füßen hat, "könnte" man sich vielleicht aus dem Bach retten. Aber bei einer solch reißenden Strömung ist es wahrscheinlich, dass man umgerissen wird.

Im Fall eines Unfalles hatte Hanna W. nie die Chance gehabt Boden unter den Füßen zu bekommen, denn sie ist dann in den Bach gestürzt. Und wie ich schon mal schrieb, wenn sie sich an irgendetwas am Ufer festgehalten hätte, wäre die einzige Chance gewesen, dass sie mit der Kraft der Arme sich aus der starken Strömung gezogen hätte. Dazu hätte sie aber einen festen Halt finden und sie hätte auch die notwendige Kraft aufbringen müssen. Beides ist zumindest nicht selbstverständlich. Auch wären ihre Beine in Richtung Strömung gerissen worden, sie läge relativ flach auf dem Wasser, möglicherweise wäre ihr Kopf in dieser Lage auch sehr tief, so dass er ständig mit Wasser überflutet worden wäre. Sie hätte schon anfangs sich nicht nur an Land ziehen müssen sondern zusätzlich ihren Kopf über die Wasseroberfläche ziehen müssen. Was man in den Bildern des Bärbach-Laufs sieht, ist aber nur Gestrüpp oder Gras, was für diesen Kraftakt sich kaum eignet. Sie hätte ein Baum o.ä. ergreifen müssen um nicht zu ertrinken. Dazu hätte sie 1. die Gelegenheit haben müssen und 2. diese Chance auch erkennen müssen. Das alles ist recht unwahrscheinlich, vor allem vor dem Hintergrund der Dunkelheit und des kurzen Zeitfensters, das ihr nur zur Verfügung stand.

Wenn man das dann nicht schafft, bleiben einem nur Schwimmbewegungen um den Kopf über Wasser zu halten. Aber die Zeit auch dafür ist nur äußerst begrenzt, ich denke, das meinte Püschel mit 1-2 Minuten.

Dass Hanna W. beide Ringe bei diesem Rettungsversuch verloren hat, sehe ich da als recht wahrscheinlich an, es waren ja keine geschlossenen Ringe. Da sie diese recht früh verloren hat, ist das sogar sehr wahrscheinlich. Dahingehend ist es für einen Kapitaldelikt recht unwahrscheinlich, selbst wenn die bei einem sich Wehren verloren gegangen wären, der Täter hätte die in der Nacht kaum gefunden und in den Bach befördert. Außerdem warum sollte er?
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fränkin »

Catch22 hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 01:24:16 @Fränkin
Danke für Deine Ausführungen!
Gerne!
Catch22 hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 01:24:16 Der Körper gerät vollständig ins Wasser und es gilt, den Kopf über Wasser zu halten. Naheliegend wären dafür doch Schwimmbewegungen – vorausgesetzt, Hanna wäre noch bei Bewusstsein und die Akromien wären unversehrt gewesen.

Vielleicht sind mit „Schwimmbewegungen“ auch Kraul-, Paddel-, Ruder- oder vergleichbare Bewegungen gemeint. Hauptsache ist doch, der Kopf bleibt über Wasser.
Irgendwelche Paddelbewegungen oder das Herumschlagen mit den Armen waren vermutlich möglich.
"Schwimmbewegen" klingt nach koordinierten Bewegungsabläufen und die werden beim Ertrinkungsvorgang bisher in keiner mir zur Verfügung stehenden Literatur beschrieben.
Ertrinken_Grassberger2009.jpg
Ertrinken_Grassberger2009.jpg (52.7 KiB) 2488 mal betrachtet

Wie in "Todesermittlung - Befundaufnahme & Spurensicherung" von Grassberger/Schmidt aus dem Jahr 2009 skizziert, geschieht das Ertrinken in fünf Phasen.
Und von klassischen Schwimmbewegungen ist tatsächlich weder in diesem Buch, noch in mehreren anderen Fachbüchern zu diesem Thema die Rede.
Vorstellen kann man sich natürlich das "mit den Armen um sich Schlagen" in Phase 1 des Ertrinkens. Legt man das als "Schwimmen" aus, dann kommt es hin.
Gast0815

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast0815 »

Fränkin hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 08:18:23 "Schwimmbewegen" klingt nach koordinierten Bewegungsabläufen und die werden beim Ertrinkungsvorgang bisher in keiner mir zur Verfügung stehenden Literatur beschrieben.
Ich stelle es mir so vor:

Dieses sogenannte Ertrinken erfolgt wahrscheinlich nicht direkt nach dem Sturz ins Wasser, eine mehr oder weniger lange Zeit wird man noch Rettungsversuche versuchen durchzuführen (wie z.B. ans Ufer zu gelangen). Wenn das nicht gelingt, wird man mehr oder weniger koordinierte Schwimmbewegungen ausführen, bis der eigentliche Ertrinkungsvorgang beginnt. Bei den vorliegenden Bedingungen wird diese Zeitspanne jedoch sehr kurz gewesen sewin.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Stehen kann man überhaupt nicht da der Körper durch den Auftrieb zu leicht wird und im Matsch oder auf den glitschigen Steinen hat man gegen die Strömung keinen Halt .
Fingerdickes Gestrüpp ohne Dornen hätte am Ufer schon gereicht um sich mit letzter Kraft raus zu ziehen.
Der Böschungswinkel des Ufers ist auch entscheidend.

In der Prien wird sich der Körper durch die Felsen zigmal gedreht und wieder ausgerichtet haben.
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Fränkin hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 08:18:23 … Irgendwelche Paddelbewegungen oder das Herumschlagen mit den Armen waren vermutlich möglich. … Legt man das als "Schwimmen" aus, dann kommt es hin.
Danke!

Demzufolge geht Püschel offenbar davon aus, dass 1–2 Minuten, nachdem Hanna in den Bärbach geraten war, Bewusstlosigkeit und Handlungsunfähigkeit eintraten.

Damit wird deutlich, dass auch die These,

► Hanna habe 1–2 Minuten lang Armbewegungen (ähnlich Schwimmbewegungen) ausgeführt,

alles andere ist als „abstrus“ (wie der Nebenklagevertreter Holderle, um Sachargumente verlegen, zu sagen pflegt) – sondern allen Hetzkampagnen gegen die Verteidigung zum Trotz vielmehr realistisch und lebensnah erscheint.


Gast hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 14:18:42 … Fingerdickes Gestrüpp ohne Dornen hätte am Ufer schon gereicht um sich mit letzter Kraft raus zu ziehen. …
Unter den von @Fränkin dargelegten medizinischen Aspekten und einer BAK von 2,06 Promille bezweifle ich das sehr.


Gast hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 02:52:55 … Wenn ihr Handy in der Jacke war wäre es schlüsssig wenn es relativ unversehrt rausfällt und die erleichterte Jacke dann später zum liegen kommt
Wo genau sich das Handy befand, als Hanna ins Wasser geriet, ist nicht bekannt. Letzter bekannter Verwahrungsort: Umhängetasche.

Ebenso wenig ist geklärt, wodurch der Notfallkontakt zum Festnetz der Eltern angewählt wurde. In Frage kommen: manuelle Bedienung, ein irriger Automatismus durch Kontakt mit Wasser oder nassen Pflanzenteilen oder vielleicht auch eine Beta-Version der Unfall- bzw. Sturzerkennung von Apple (siehe hier). Daher ist unklar, ob Hanna ihr Handy überhaupt aus der Umhängetasche herausgenommen und dann woanders verstaut hatte.

Dafür, dass Hanna sich bereits im Bärbach kurz nach dem Brückerl der Jacke entledigte, spricht, dass der Gürtel der Jacke im Bärbach auf Höhe des Seilbahnparkplatzes gefunden wurde.


gastxyz..me hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 22:07:22 … aber wurde die jacke nicht bereits auf parkplatz-höhe gefunden ? …
Um künftig derartigem Unsinn vorzubeugen, hier noch einmal die Auflistung der verschiedenen Fundorte aus dem Urteil (Rdnr. 122 und 162, wie bereits in meinem Beitrag vom 22.02.2025 im ersten Spoiler zitiert):

Spoiler – hier klicken!

Rdnr. 122
[122] Die anderen Kleidungsstücke und der Toten zuzuordnenden Gegenstände wurden an verschiedenen Stellen im Fluss aufgefunden (Ring und Gürtel: noch im Bärbach, Höhe Kampenwandparkplatz; Handtasche: Prien, Höhe R.-Straße, noch vor der Brücke Grünwald; Lederjacke: Prien, kurz hinter der Brücke Grünwald; Hose: Prien Höhe Rainermühle).

Mit Ausnahme der Lederhose wies keines der genannten Kleidungsstücke Beschädigungen auf. An der Lederhose, welche zu 100 % aus synthetischem Material bestand, war lediglich der seitlich eingesetzte Reißverschluss (links) defekt, zudem waren im Kniebereich einige kleinere (ca. 2 mm große) Defekte festzustellen.

[Falsche Klammersetzung im letzten Satz korrigiert.]
Rdnr. 162
[162] Bei der Absuche seien schließlich folgende, Hanna W. zuzuordnende Gegenstände aufgefunden worden:

• die auf links gedrehte Kunstlederhose der Hanna W. in der Prien, Bereich Rainermühle/Fluss Prien kurz vor dem Auffindeort des Leichnams (am 04.10.2022 gegen ca. 14:00 Uhr)

• goldfarbener Ring (am 12.10.2022) sowie ein Kunstledergürtel (am 04.10.2022), aufgefunden im Bärbach auf Höhe Parkplatz der Kampenwandbahn

Handtasche (am 06.10.2022) sowie die Lederjacke (ein Ärmel auf links gedreht) der Verstorbenen (am 04.10.2022), aufgefunden in der Prien flussabwärts noch im Gemeindebereich von Aschau im Chiemgau

Handy der Verstorbenen in der Prien flussabwärts noch im Gemeindebereich von Aschau im Chiemgau (am 28.05.2023)

Ausweis der Verstorbenen in der Prien flussabwärts noch im Gemeindebereich von Aschau im Chiemgau (am 09.06.2023)

Catch22 hat geschrieben: Samstag, 22. Februar 2025, 20:20:02
Was mir bei Rdnr. 122 [des Urteils] ins Auge sticht:

Könnten die Beschädigungen im Kniebereich der Hose nicht auf einen Sturz hinweisen?

An keiner anderen Stelle des Urteils werden die Defekte im Kniebereich erwähnt, auch nicht bei der Aussage von Hannas Mutter [zum Status der Hose, Rdnr. 297], einer Schneiderin. In der Beweiswürdigung wird nicht darauf eingegangen. Unbekannt ist, ob dieses wenig auffällige Detail bereits im Eiskeller vorlag.
Fränkin
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fränkin »

Catch22 hat geschrieben: Samstag, 22. Februar 2025, 20:20:02 Was mir bei Rdnr. 122 ins Auge sticht:

"[122] … An der Lederhose … war lediglich der … Reißverschluss … defekt, zudem waren im Kniebereich einige kleinere (ca. 2 mm große) Defekte festzustellen."

Könnten die Beschädigungen im Kniebereich der Hose nicht auf einen Sturz hinweisen?

An keiner anderen Stelle des Urteils werden die Defekte im Kniebereich erwähnt, auch nicht bei der Aussage von Hannas Mutter, einer Schneiderin. In der Beweiswürdigung wird nicht darauf eingegangen. Unbekannt ist, ob dieses wenig auffällige Detail bereits im Eiskeller vorlag.
Zum Thema "Defekte im Bereich des Knies an der Kunstlederhose" möchte ich nochmal vorsichtig auf das Bild hinter dem
Spoiler
Bild
aus dem Buch „Todesermittlung - Befundaufnahme & Spurensicherung“ von Grassberger/Schmidt aus 2009
verweisen.

Wenn sich kein Mensch an die kleineren Defekte im Kniebereich an der Hose zu Hannas Lebzeiten erinnern kann und man wirklich in jeder Literatur, in der Autoren den Ertrinkungsvorgang beschreiben, liest, dass Treibverletzungen an den Knien "etwas völlig Normales" sind, dann kann die Hose von Hanna nicht an Land ausgezogen worden sein und dann kommen die kleineren Defekte durch das Schleifen der Knie auf dem Grund der Prien zustande.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Fränkin hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 20:50:12 … dann kommen die kleineren Defekte durch das Schleifen der Knie auf dem Grund der Prien zustande.
Das mag sein. Jedoch ist es dann umso verwunderlicher, dass die Defekte im Kniebereich der Hose im Urteil nicht genauer beschrieben sind (z. B. als scharfkantig oder ausgefranst) und dass sie nicht Eingang fanden in die Beweiswürdigung!

Wurde eine kriminaltechnische Untersuchung dieser für das Treiben in einem Fließgewässer typischen Defekte etwa versäumt!? Wie ich schon zum Einsatz der Mantrailer anmerkte:
Catch22 hat geschrieben: Freitag, 17. Januar 2025, 22:53:46 Schlamperei oder Absicht?
Falls diese Defekte tatsächlich durch das Treiben verursacht wurden,
Fränkin hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 20:50:12 … dann kann die Hose von Hanna nicht an Land ausgezogen worden sein …
Dies freilich wäre dem Narrativ der StA (und schließlich des Gerichts) zuwidergelaufen.
Bntzrnm
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Bntzrnm »

Danke für deine medizinischen Hintergrundinformationen @Fränkin!
Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 06. April 2025, 20:47:47 Stürzte sie nach dem Erbrechen (der wenige Mageninhalt deutet darauf hin, dass der Rest des Inhalts wohl in der Prien war) oder dem Harn Absetzen (1ml Restharn in der Blase sind ein deutliches Anzeichen für ein Harnabsetzen zu Lebzeiten) in das kalte Wasser und wurde durch den Kälteschock bewusstlos?
Bezüglich Erbrechen frage ich mich, ob man Spuren des Erbrechens in einer Obduktion feststellen würde (wie beispielsweise Magensäure in der Speiseröhre oder ähnliches)? Falls ja, würde der Aufenthalt im Wasser daran was ändern?
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Gast hat geschrieben: ↑Montag, 07. April 2025, 14:18:42
… Fingerdickes Gestrüpp ohne Dornen hätte am Ufer schon gereicht um sich mit letzter Kraft raus zu ziehen. …
von Catch
Unter den von @Fränkin dargelegten medizinischen Aspekten und einer BAK von 2,06 Promille beweifle ich das sehr.
Meine Betonung liegt auf dem Gestrüpp als Hilfsmittel, denn ihre Kräfte kann ich nicht einschätzen.
Im schmalen Bärbach ist das rettende Ufer so nahe dass man da nicht erst die Jacke ausziehen muss.
Entscheidend ist die Steilheit des Ufers und ob man was zum greifen findet um sich dann auf den Knien rutschend raus zu ziehen.
Ein Grasbüschel würde vllt auch reichen und in lockeren Boden könnte man sich auch reinkrallen.
Wenn man nachts unter Wasser ist und keine Orientierung hat bringt das dann alles nichts.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Auflistung der Funde
Leichnam (am 03.10.2022) in der Prien auf Höhe Kaltenbach um 14:26
Kunstledergürtel (am 04.10.2022), aufgefunden im Bärbach auf Höhe Parkplatz der Kampenwandbahn
Goldfarbener Ring (am 12.10.2022) aufgefunden im Bärbach auf Höhe Parkplatz der Kampenwandbahn
Handy (am 28.05.2023) in der Prien flussabwärts noch im Gemeindebereich von Aschau
Ausweis (am 09.06.2023) in der Prien flussabwärts noch im Gemeindebereich von Aschau im Chiemgau
Handtasche (am 06.10.2022) in der Prien, Höhe R.-Straße, noch vor der Brücke Grünwald;
Lederjacke (am 04.10.2022) in der Prien, ein Ärmel auf links gedreht, kurz hinter der Brücke Grünwald.
Hose (am 04.10.2022) in der Prien, die auf links gedrehte Kunstlederhose Bereich Rainermühle kurz vor dem Auffindeort des Leichnams gegen ca. 14:00 Uhr
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Gast hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 22:54:28 … Im schmalen Bärbach ist das rettende Ufer so nahe dass man da nicht erst die Jacke ausziehen muss. …
Weshalb bist Du Dir so sicher? Kannst Du Dir keine Umstände vorstellen, die ein Ausziehen der Jacke erfordert hätten?

Etwa wenn die Strömung Hanna die Jacke von hinten über den Kopf gezogen hätte? Oder wenn sich die Jacke (es war laut RAin Rick eine schwere Winterjacke!) mit Wasser vollgesogen hätte?

Gast hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 22:54:28 … Entscheidend ist die Steilheit des Ufers und ob man was zum greifen findet um sich dann auf den Knien rutschend raus zu ziehen. …
Kennst Du den Bilder-Thread zum Fall Hanna?
viewtopic.php?t=1262

Von @babati findest Du dort zahlreiche Fotos vom Bärbach und von der Prien, z. B. ab hier:
viewtopic.php?p=209868#p209868

Eine kleine Auswahl:

Spoiler – hier klicken!

Bild
Bärbach, vom Hofbichl nach Süden
viewtopic.php?p=209868#p209868

Bild
Bärbach, beim Brückerl
viewtopic.php?p=209874#p209874

Bild
Bärbach, beim Brückerl
viewtopic.php?p=209874#p209874
Fränkin
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fränkin »

Bntzrnm hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 21:51:33 Danke für deine medizinischen Hintergrundinformationen @Fränkin!
Bitte, gerne.
Bntzrnm hat geschrieben: Montag, 07. April 2025, 21:51:33 Bezüglich Erbrechen frage ich mich, ob man Spuren des Erbrechens in einer Obduktion feststellen würde (wie beispielsweise Magensäure in der Speiseröhre oder ähnliches)? Falls ja, würde der Aufenthalt im Wasser daran was ändern?
Dazu zitiere ich sinngemäß aus aus "Radiologie der Gewalt" von Glemser P, Krauskopf A, Schlemmer H, Yen K, 1. Auflage. Stuttgart: Thieme; 2021:

Läuft einem bewusstlosen Menschen ohne Schutzreflexe Mageninhalt in den Kehlkopf zurück, so wird dieser Mageninhalt angeatmet (= aspiriert). Aufgrund des niedrigen pH-Wertes (= sauer) wird das Lungengewebe geschädigt und das sieht man bei einer Obduktion. Ebenso kann Mageninhalt in den Atemwegen aufgefunden werden.

Screenshots aus dem Buch "Radiologie der Gewalt" im
Spoiler

Radiologie der Gewalt_1.jpg
Radiologie der Gewalt_1.jpg (254.89 KiB) 2095 mal betrachtet
Radiologie der Gewalt_2.jpg
Radiologie der Gewalt_2.jpg (170.65 KiB) 2095 mal betrachtet

Die rote Markierungen sind von mir.

Da habe ich aber im Urteil nichts darüber gefunden.
Ich hoffe sehr, dass der Obduktionsbericht in diesen Punkten genauer ist.

Zum Thema "hoffen wir, dass der Obduktionsbericht im Gegensatz zum Urteil alle Untersuchungen enthält" hier dazu nochmal ein Teil meines alten Postings
Spoiler
Fränkin hat geschrieben: Sonntag, 09. März 2025, 20:48:30 ...
Zur Unfähigkeit zu Schlucken:

Das Problem im Urteil ist, dass das rechtsmedizinische Gutachten nicht in Gänze wiedergegeben wurde. Bei Ertrinkungsopfern würde ein gewissenhafter Rechtsmediziner den Mageninhalt in ein spitzes Gefäß gießen und sich ansehen, ob sich die Phasen auftrennen.
Hätte Hanna also noch aktiv geschluckt, so hätte man in der Untersuchung des Mageninhalts in der unteren Schicht feste Bestandteile, in der mittleren Schicht flüssige Bestandteile und in der oberen Schicht Schaum gefunden (= „Wydler-Zeichen“ als Kennzeichen für eine vitale Reaktion im Wasser).

Schlucken und Husten sind zwei unserer Schutzreflexe. Beim Bewusstlosen sind diese Schutzreflexe ausgeschalten. Es kann also beim Zurückfließen von Mageninhalt über die Speiseröhre in den Kehlkopf (= Regurgitieren) zu einem Aspirieren (Anatmen) von Mageninhalt kommen. Das ist der Grund, warum man eine bewusstlose Person in die stabile Seitenlage bringen sollte, weil damit der Mundwinkel der tiefste Punkt ist, so zurückfließender Mageninhalt ablaufen kann und nicht in die Lunge gelangt.

Nun kennen wir aber das rechtsmedizinische Gutachten nicht und können nur hoffen, dass der Mageninhalt lege artis untersucht und das Ergebnis auch aufgeschrieben wurde.


Der Mageninhalt

Aus dem Urteil:

"936
Es sei zudem ein deutlicher aromatischer Geruch der Leibeshöhlen aufgefallen, so dass eine Alkoholbestimmung veranlasst worden sei. Im Magen habe 110 ml eines wässrigen Sekrets mit einzelnen erkennbaren festen Nahrungsbestandteilen festgestellt werden können, in der Blase 1 ml Urin …"

Leider finde ich keine Angabe zu Schaum im Magen, aber 110ml wässriges Sekret plus feste Nahrungsbestandteile sprechen bei einem Blutalkohol von über 2 Promille eher dafür, dass der Rest des Mageninhalts in der Prien war.

Hierzu nur eine Beispielrechnung: Für über 2 Promille hätte Hanna ca. 6 Alkoholmixgetränke zu sich nehmen müssen. Das wären rund 2 Liter Flüssigkeit mit insgesamt ca. 95 Gramm reinem Alkohol. Es hätte also mehr Flüssigkeit im Magen sein müssen, wenn sich Hanna nicht eventuell vor dem Sturz in den Fluss erbrochen hätte, doch im Rahmen des Abhustens von Wasser aus den Luftwegen während des Ertrinkungsvorganges erbrochen hätte oder Mageninhalt passiv über die Speiseröhre zurückgelaufen wäre.

Mageninhalt in Mund- und Rachenraum könnte selbstverständlich vom Wasser weggespült worden sein und damit wäre ein Fehlen von Mageninhalt im Mund oder Rachen sicher kein Beweis für ein ausgebliebenes aktives Erbrechen oder Ausbleiben von zurückgelaufenem Mageninhalt im bewusstlosen Zustand (nennt sich dann Regurgitieren).

Erbrechen an sich ist eine Umkehr der normalen Peristaltik. Nach dem Erbrechen läuft die Peristaltik aber wieder in die richtige Richtung. Im Prinzip kann also nichts in der Speiseröhre hängen bleiben. Passiert es dennoch, so nennt man es einen Speiseröhrenbolus. Meine Vermutung ist aber, dass wir im Falle eines solchen Bolusgeschehens davon gelesen hätten.

Heißt zusammengefasst:
Hätte Hanna aktiv erbrochen, so würde sich nach mehreren Stunden im Wasser eher kein Beweis mehr dafür in der Speiseröhre oder im Mund-Rachen-Raum finden.
Wäre einer bewusstlosen Hanna Mageninhalt in den Mund-Rachen-Raum gelaufen und hätte sie diesen Mageninhalt in die Lunge bekommen (angeatmet), hätten sich in der Lunge und/oder den Atemwegen im Normalfall bei der Obduktion Beweise dafür finden lassen müssen.

Kennt man aber den Alkoholgehalt in Hannas Blut und weiß zudem was genau sie getrunken hat, so kann man die Trinkmenge in Litern zurückrechnen und müsste dabei eigentlich bemerken, dass in Hannas Magen bei der Obduktion mengenmäßig zu wenig Inhalt war.

Folgerichtig hätte man da darauf kommen müssen, dass sie sich vor ihrem Tode noch erbrochen haben müsste.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Catch22 hat geschrieben: Dienstag, 08. April 2025, 01:47:00 Weshalb bist Du Dir so sicher? Kannst Du Dir keine Umstände vorstellen, die ein Ausziehen der Jacke erfordert hätten?
Sicher bin ich mir nicht denn ich war nicht nebendran gestanden.
In meiner Kindheit habe ich lieber auf Bahndämmen an Bächen und Rainen gespielt. als meine Deutsch-Hausaufgaben ordentlich zu machen.
Die Bilder von Babati kenn ich, denn ich hab sie in Nachgang nochmal zum Teil zu den Grundstücken zugeordnet.
viewtopic.php?p=209888#p209888

Wenn ich in einem See 10 m zum Ufer schwimmen müsste würde ich mir ein Ausziehen der Jacke überlegen.
War der Reissverschluss der Jacke zu und vllt auch der Gürtel?
Wenn der Gürtel stramm zu ist geht sie garnicht über den Kopf.
Wenn die Jacke über dem Kopf ist kannst du den dann innenliegenden Reissverschluss in so einer Situation garnicht öffnen und musst sie wie einen Pullover über denn Kopf ziehen.

Wenn das Gestrüpp so dicht war wie eine Hecke dann wäre sie garnicht durch gekommen.

Lag der Gürtel in der Bachsohle oder hatte er sich an der überschwemmten Böschung verfangen?
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