MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

ÖFFENTLICHE DISKUSSION
Fälle: Anja Aichele, Ayleen Ambs, Vierfachmord von Annecy 2012, Bärbel B. (Bremerhaven) u. Ingrid R. (Bremen), Annika Brill, Tristan Brübach, Christoph Bulwin, Anne D. (Lorch), Suzanne Eaton, Michaela Eisch, Victor Elling, Sonja Engelbrecht, Trude Espas, Regina Fischer, Abby G. & Libby W. (USA-Indiana), Maren Graalfs, Valeriia Gudzenko, Mara-Sophie H. (Kirchdorf), Marion & Tim Hesse, Jutta Hoffmann, Bärbel K. (Lübeck), Milina K. (Luckenwalde), Peggy Knobloch, Cindy Koch, Martina Gabriele Lange, Lola (FR-Paris), Karl M. (Berlin), Khadidja M. (Ingolstadt), Stefan M. (Salzgitter), Jelena Marjanović, Margot Metzger, Karin N. (Borchen), N. N. (Lampertheim), Gabby Petito, Heike Rimbach, Elmar Rösch, Gustav Adolf Ruff, Carina S. (Iserlohn), Hannah S. (Hamm), Lena S. (Wunsiedel), Gabriele Schmidt, Mord in Sehnde-Höver, Yasmin Stieler, Simone Strobel, Elisabeth Theisen, Karsten & Sabine U. (Wennigsen), Nicky Verstappen, Hanna W. (Aschau)
Fränkin
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fränkin »

ihold hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 19:24:20 @rabunsel
ihold hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 19:24:20 Rick_Blaine
Beide User schreiben nicht hier in diesem Forum.
Bitte wende Dich im AIlmystery-Forum an die beiden User - dort ist man sicher bereits in gespannter Vorfreude auf Deine Fragen und auf Deine Kommentare.
ihold
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von ihold »

Wie bitte?

@Fränkin

Hier werden ganze Prozessberichte eines Users eingestellt und unter anderem als Argumentationsgrundlage benutzt,
obwohl dieser User nicht mal hier registriert ist!
Aber ich soll mir hier keine keine Gedanken darüber machen, sondern soll im anderen Forum darüber sinnieren?

Ich möchte zumindest einen User anlocken, sich zu registrieren, du aber möchtest das nicht, im Gegenteil,
du empfiehlst mir, mich im anderen Forum anzumelden, da würden sie schon auf mich warten?

Ob das im Sinne des Betreibers ist? :D :D :D
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

ihold hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 20:33:51

Ich möchte zumindest einen User anlocken, sich zu registrieren, du aber möchtest das nicht, im Gegenteil,
du empfiehlst mir, mich im anderen Forum anzumelden, da würden sie schon auf mich warten?

Ob das im Sinne des Betreibers ist? :D :D :D
Drüben warten die schon sehnlichst auf die Waldlerin.
Das wird denen einen Hype geben, sag auch ich als Franke
Gast123

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast123 »

ihold hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 19:24:20 @rabunsel geht in fast allen Kommentaren vor wie folgt:
Entlastendes wird umfangreich beschrieben, teils auch mit eigenen Argumenten unterfüttert, bei Belastendem berichtet sie knapper oder gar im Konjunktiv, und wenn doch, dann wird fast im selben Atemzug mit eigenen Argumenten das vermeintlich Belastende relativiert, in manchen Fällen wird Belastendes gar nicht erst berichtet, einfach weggelassen, quasi „überhört“.
Dir ist klar, dass es eine Frechheit ist, was Du hier tust, oder? Du hast von dem Fall absolut keine Ahnung, trägst auch nichts Sinnvolles dazu bei - und kritisierst HIER eine Nutzerin, die in einem anderen Forum stunden- und tagelang Prozesstage zu Beiträgen zusammenfasst, um Leuten wie DIR einen kleinen Überblick zu verschaffen. Und dann soll sie sich gefälligst auch noch wegen Dir hier anmelden?!

Und zu dem Vorwurf, dass rabunsel nur Entlastendes berichtet. Ja, Du hast absolut Recht! Und warum ist das so? Weil absolut NICHTS Belastendes mehr gefunden wurde im letzten Prozess. Alle belastenden Indizien sind in sich zusammengebrochen. Aus den Fingern ziehen kann sich es sich halt einfach nicht.

Der Konjunktiv in ihren Berichten ist übrigens indirekte Rede, um anzuzeigen, dass jemand etwas so gesagt hat (und es gerade NICHT ihre Meinung ist. Das ist korrekte Grammatik, können nur die meisten nicht mehr. Und wenn man das nicht versteht, ist es natürlich schwierig.
ihold hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 19:24:20 Beweis, warum die Berichte von @rabunsel nicht nur von mir als sehr tendenziös oder gar einseitig betrachtet werden können?
Allein Folgendes ist meiner Meinung nach Beweis genug:
So schrieb @rabunsel am 06.03.2024 um 07:12 unter anderem folgendes:
Abgesehen davon, dass sie damals noch gar nicht von Prozesstagen berichtet hat, darf sie also keine eigene Meinung haben? Auch wenn sie das immer vorbildlich trennt? Seltsame Ansicht.

Ich dachte echt, Deinen ersten Blödsinn kann man nicht mehr toppen - aber da habe ich mich geirrt.
Und nein, ich bin nicht rabunsel. Aber ein großer Fan ihrer Beiträge.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

Will zitiert nun aus Sprachnachrichten, in denen die beste Freundin sagt, dass sie sich geirrt habe. Sie verweist auf die Handydaten, die belegen, dass die Freunde sich erst einen Tag später getroffen haben, am 4. Oktober, als schon viele in Aschau von dem Tod gehört hatten. Will sagt: „Eine Vielzahl von Umständen“ führe „zweifelsfrei zu der Erkenntnis, dass die Angaben von Verena R. nicht richtig sind“.
https://archive.ph/20251125163311/https ... 72-815.580
Der Benedikt Warmbrunn, Laufen von der SZ hat es auch nicht gecheckt dass am Feiertag 3.10. sich die Freunde in Chiemsee nähe getroffen haben und am Werktag den 4.10. abends Verena alleine nach Hohenaschau gefahren ist zum Mondscheinspaziergang.
Übrigens bin ich der Meinung dass da mehr mit ST gelaufen ist was ja keinen was angeht und was auch zu seiner Pornopause passt.
Oder hat sie das nur gemacht weil ihr Sprittank sonst übergelaufen wäre?
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Nachlese zum Freispruch

Zeit: Leserkommentare

Frei zugänglich ist ein Artikel der „Zeit“ (mit dpa, 25.11.2025) – keine brandneue Berichterstattung, aber für jedermann auch ohne Abo Hunderte frei einsehbarer und beachtenswerter Leserkommentare!
https://www.zeit.de/gesellschaft/2025-1 ... rochen-gxe
Kommentare:
https://www.zeit.de/gesellschaft/2025-1 ... e#comments


Spiegel: Doch kein Verbrechen

„Der Spiegel“ berichtet am 25.11.2025:

► keinerlei Verantwortung am Tod Hannas nachzuweisen
► kein einziger „überzeugungskräftiger Indizienbeweis“
► etliche fatale Ermittlungsfehler
► Konsequenzen von Justiz- und Innenministerium gefordert

Spoiler – hier klicken!
Freispruch im „Eiskeller“-Prozess
Doch kein Verbrechen

Sebastian T. hat mit dem Tod der Studentin Hanna W. nichts zu tun. Die Richterin begründet den Freispruch des 23-Jährigen unter Tränen.

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Sebastian T. mit seinen Anwälten Regina Rick, Yves Georg … – Foto: Smith / IMAGO



… War es in Wahrheit ein Unfall?

Die 1. Jugendkammer des Landgerichts Traunstein hat diese Frage nicht beantwortet. Sie hat aber den im ersten Prozess wegen Mordes verurteilten Sebastian T. … freigesprochen, weil ihm keinerlei Verantwortung am Tod der jungen Frau nachzuweisen sei. Das sei, so sagte die Vorsitzende Richterin Heike Will, die entscheidende Frage in diesem Verfahren gewesen, nicht, ob es ein Unfallgeschehen gewesen sei.

Applaus im Gerichtssaal

Die Beweisaufnahme habe ergeben, dass es „im Verlaufe der Ermittlungen zu etlichen fatalen Fehlern“ gekommen sei, sagte Will. Das müsse an anderer Stelle Konsequenzen haben. Das Rechtssystem habe Sebastian T. „großes Unrecht“ zugefügt: „Als Teil dieses Rechtssystems möchte ich mich bei Ihnen entschuldigen.“ Im Zuschauersaal gab es an dieser Stelle Applaus, bei der Richterin Tränen, so berichten es Prozessbeobachter.



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Klub Eiskeller in Aschau … – Foto: Uwe Lein / dpa

Eine 60-köpfige Sonderkommission hatte in dem Fall ermittelt. …



Wie im ersten Prozess gab es auch im zweiten keine Zeugen der Tat, keine Tatwaffe, kein Geständnis, keine DNA- oder Fingerspuren und damit keine Beweise, nur Indizien. Diese habe die Kammer überprüft, ob sie „auf eine Täterschaft des Angeklagten hinweisen könnten“, sagte Richterin Will. Sie führte sie in der Urteilsbegründung einzeln auf und zerlegte sie ebenso wie Aussagen von Zeuginnen und Zeugen, die „unglaubwürdig“ gewesen seien und es „mit der Wahrheit nicht so genau genommen“ hätten. Gegen Sebastian T. spreche kein einziger „überzeugungskräftiger Indizienbeweis“.

Für die mehr als zweieinhalb Jahre, die T. im Gefängnis saß, muss er entschädigt werden. Seine Verteidiger Regina Rick und Yves Georg wollen weitere Prozesse anstreben und fordern zudem Konsequenzen vonseiten des bayerischen Justizministeriums und des für die Polizei zuständigen Innenministeriums.

Mit dem Urteilsspruch seien sie zufrieden, sagt Rick. „Die Kammer hat sich nicht nur für das Unrecht entschuldigt, das das Rechtssystem unserem Mandanten zugefügt hat. Sie hat auch die Feststellung ausgesprochen, dass ihn keine Verantwortung trifft und dass es keinen Anhaltspunkt gibt, dass er Frau W. auch nur getroffen haben könnte.“

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Verteidiger Rick, Georg … – Foto: Smith / IMAGO



Ende September begann der zweite Prozess gegen Sebastian T. … Seine Verteidiger Regina Rick und Yves Georg hatten bereits im Vorfeld angekündigt, nachweisen zu wollen, dass Hanna W.s Tod möglicherweise die Folge eines tragischen Unfalls war; dass die 23-Jährige betrunken ins Wasser stürzte und vor allem die Verletzungen am Kopf von Schraubenmuttern an einem Wehr vor einem Wasserkraftwerk stammen könnten.

„Sexuelles Interesse“

Am dritten Prozesstag fiel dann die Aussage des Hauptbelastungszeugen Adrian M. quasi in sich zusammen. Der frühere Mithäftling von T. hatte angegeben, dieser habe ihm im Gefängnis von seinem Angriff auf Hanna W. erzählt. Doch die Aussage blieb diffus: „Aus sexuellem Hintergrund“ solle T. Hanna W. angegriffen haben, oder: „Er hatte sexuelles Interesse an ihr.“

Richterin Will machte klar, dass sie Zweifel habe, ob so wirklich ein Gespräch unter jungen Männern im Gefängnis abgelaufen sein könnte. Anschließend gab auch der renommierte Aussagepsychologe Max Steller zu erkennen, dass sich seine Zweifel am Zeugen M. eher noch verstärkt hatten. Der junge Mann hatte vor Gericht einen psychisch labilen Eindruck hinterlassen.

Vorteile erhofft

Schon damals hatte sich abgezeichnet, dass von der Anklage gegen T. wenig übrig bleiben könnte. Dieser Hauptbelastungszeuge, auf den die Kammer im ersten Prozess ihr Urteil gestützt hatte, habe sich in Widersprüche verwickelt und durch seine Angaben Vorteile für sich erhofft, sagte Richterin Will am Dienstag. Auch die Staatsanwaltschaft hatte am Ende auf Freispruch plädiert.

Hanna W.s Eltern hatten sich dem Verfahren als Nebenkläger angeschlossen, obwohl sie das juristische Tauziehen in ihrer Trauerarbeit zurückgeworfen habe, wie ihr Anwalt Walter Holderle dem SPIEGEL zu Prozessbeginn mitteilte. Mitte Oktober zogen sie sich dann jedoch zurück. Holderle erklärte, das Gericht habe „die Verhandlungsführung nahezu vollständig der Verteidigung überlassen“.

Er kritisierte „eine unerträgliche Selbstdarstellungsinszenierung“ der Verteidigung und warf ihr vor, Polizei, Staatsanwaltschaft sowie die vormals entscheidende Strafkammer zu „diskreditieren“. Die Eltern hätten sich von der gerichtlichen Aufarbeitung „Aufklärung über die Umstände des Todes ihrer Tochter Hanna“ versprochen.

Sie könne sich vorstellen, dass der Ausgang des Prozesses für die Angehörigen „unbefriedigend“ sei, sagte Richterin Will in ihrer Urteilsbegründung. Weil die Familie T. noch immer für den Verantwortlichen halte oder nicht erfahren habe, was Hanna in ihren letzten Lebensminuten widerfahren sei. Sie drückte ihren Eltern ihr „tiefstes Mitgefühl“ aus.

Spiegel.de am 25.11.2025
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/ ... c5243626c7
ohne Paywall:
https://archive.ph/20251126065744/https ... c5243626c7


LTO: Presseschau

Sehr gut, kurz und knackig bringt die tägliche Presseschau der Legal Tribune online (LTO) den Fall Hanna auf den Punkt:

Spoiler – hier klicken!
OVB: LG Traunstein zu Tod von Hanna … [W.]

Der 23-jährige Angeklagte Sebastian T. ist in der Neuauflage des sogenannten „Eiskeller“-Prozesses freigesprochen worden. In der ersten Auflage war T. zunächst wegen Mordes an der Studentin Hanna … [W.] zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt worden, doch der BGH hob das Urteil wegen Besorgnis der Befangenheit der damaligen Vorsitzenden Richterin auf. Bei der Urteilsverkündung des Landgerichts Traunstein sprach die neue Vorsitzende Richterin Heike Will diesmal von „fatalen Fehlern“ bei der Beweisaufnahme. Mehrere Zeugenaussagen über angebliche Geständnisse von T. hätten sich als nicht belastbar erwiesen. Am Ende der Urteilsbegründung entschuldigte sie sich „als Teil des Rechtssystems“ bei dem jungen Mann. Auch der Familie der Toten sprach die Richterin ihr Mitgefühl aus, allerdings könne das Gericht nicht aufklären, wie die Studentin zu Tode kam. Es berichten SZ (Benedikt Warmbrunn), FAZ (Karin Truscheit), spiegel.de (Jan Friedmann/Julia Jüttner), zeit.de (Sabine Rückert), LTO und beck-aktuell.

Legal Tribune online, juristische Presseschau vom 26.11.2025
https://www.lto.de/recht/presseschau/p/ ... freispruch


PNP: Aufarbeitung?

„Hinterfragen und prüfen, ob Fehler passiert sind“, werde man, „sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen“, erklären Polizei und StA, wie die Passauer Neue Presse (PNP) am 26.11.2025 berichtet:

Spoiler – hier klicken!
Polizei nach Vorwürfen im Fall Hanna: „Müssen wissen, wo uns schlechte Arbeit vorgeworfen wird“

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Nach dem Fund der Leiche … wurde eine Sonderkommission gebildet, die aus bis zu 60 Polizisten bestand. Inwiefern sie kritisiert werden, soll die Urteilsbegründung zeigen. – Foto: Sven Hoppe/dpa

Die Kritik der Vorsitzenden Richterin … wurde im Rosenheimer Polizeipräsidium und bei der Staatsanwaltschaft Traunstein registriert. Umfassend Stellung beziehen wollen beide Behörden dazu aber erst, wenn sie die schriftliche Begründung des Urteils erhalten haben, was noch einige Wochen dauern kann.

„Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, wird die Staatsanwaltschaft diese sorgfältig prüfen und gegebenenfalls die Ermittlungsarbeit entsprechend nachbereiten. Etwaige Angaben und Wertungen der Verteidigung werden ohne Kenntnis des exakten Wortlauts nicht kommentiert“, erklärte dazu Oberstaatsanwalt Dr. Rainer Vietze, Pressesprecher der Staatsanwaltschaft Traunstein.

Polizei wartet auf konkrete Vorwürfe

„Bevor die Urteilsbegründung nicht vorliegt, können wir zu den Vorwürfen keine Stellungnahme abgeben. Wir müssen ja wissen, wo uns vorgeworfen wird, dass schlecht gearbeitet worden sein soll“, betonte auch Stefan Sonntag, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, gegenüber der Mediengruppe Bayern. Erst dann könne man die eigene Arbeit nochmals „hinterfragen und prüfen, ob Fehler passiert sind“.

Wie mehrfach berichtet, wurde nach dem Fund der Leiche von Hanna … [W.] … eine Sonderkommission gebildet, die aus bis zu 60 Polizisten bestand und die hunderte Zeugen befragt hatte. Der später angeklagte Sebastian T. war dabei nicht der einzige Verdächtige, der in dem Fall überprüft worden ist.

Hauptbelastungszeugen laut Urteil nicht glaubwürdig

… Richterin Will erklärte sogar, dass es „keinerlei Erkenntnisse gebe“, dass sich Sebastian T. am vermeintlichen Tatort aufgehalten habe.

Zum Konsum brutaler Vergewaltigungspornos durch Sebastian T. merkte Will zudem an, dass diese „strafrechtlich nicht relevant“ seien und der Konsum am 1. Oktober 2022 laut Will „deutlich vor“ der mutmaßlichen Tat ganz deutlich abgefallen sei.

PNP.de am 26.11.2025
https://www.pnp.de/lokales/landkreis-be ... a-20020072
ohne Paywall:
https://archive.ph/20251127062608/https ... a-20020072

Weiterer Artikel vom 26.11.2025, ohne Paywall:
https://www.pnp.de/lokales/landkreis-be ... n-20017174 (dpa)


OVB: Nachspielzeit

Die StA werde „keine Rechtsmittel einlegen“, berichtet das Oberbayerische Volksblatt (OVB) am 26.11.2025, ohne jedoch eine Quelle zu nennen.

► RA Dr. Georg: „erwiesene Unschuld“
► RA Holderle:
• keine Überraschung
• Kritik an Vorsitzender Will
► StA werde „keine Rechtsmittel einlegen“
► RAin Rick: wolle Gutachten nach Rückspr. veröffentlichen
► RAin Rick: werde Amtshaftungsansprüche geltend machen
• Polizei habe entlastende Beweise „regelrecht unterschlagen“
• Konsequenzen für Aßbichler?
► RA Dr. Georg: Aßbichler zur Verantwortung ziehen?
► Polizeisprecher Stefan Sonntag:
• kein Kommentar zum Urteil
• man werde konkrete Vorwürfe „selbstkritisch prüfen“
► StA-Sprecher Dr. Rainer Vietze:
• StA werde schriftliches Urteil abwarten
• werde dann „ggf. Ermittlungsarbeit nachbereiten“

Spoiler – hier klicken!
Verteidigung kündigt Schritte an
… Juristisch abgeschlossen – aber noch lange nicht das Ende

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Beifall und leise Kritik: Heike Will (Mitte) verkündete den Freispruch … und schickte eine Entschuldigung hinterher. © Michael Weiser

Der Fall Hanna ist abgeschlossen – zumindest, was die Justiz [richtig: nur das Strafverfahren gegen Sebastian!] betrifft. Aber von dem Fall wird noch lange zu hören sein. …



„Das ist erwiesene Unschuld“

… Dr. Yves Georg strahlte. „Die Vorsitzende hat ganz deutlich gesagt, die Kammer habe festgestellt, dass den Angeklagten keine Schuld, keine Verantwortung treffe. Das ist nichts anderes als erwiesene Unschuld.“

Anwalt der Familie … [W.] nicht überrascht

Freispruch …: Für Nebenklage-Anwalt Walter Holderle und seine Mandanten … war das nach dem langen Hin und Her im Jahre 2025 keine Überraschung. „Das Ergebnis hatte sich die ganze Zeit über angedeutet.“ Auch das Rechtsgespräch, die drei gestrichenen Verhandlungstage und ein Programm ohne Zeugen und Sachverständige hatten auf ein Ende des Prozesses weit früher als ursprünglich erwartet hingedeutet.

Damit die Familie … [W.] den Ausgang der Verhandlung nicht aus den Medien erfahre, hatte die Staatsanwaltschaft zuvor mitgeteilt, wie sie plädieren werde. Weil der Tatvorwurf nicht zu beweisen sei, hatten die Staatsanwälte Christian Merkel und Pia Dirnberger auf Freispruch plädiert. Rechtsanwalt Holderle zeigte sich gegenüber dem OVB über eines verwundert und übte leise Kritik an Richterin Will. Dass sich manche Indizien als nicht mehr belastbar herausgestellt hätten, sei nachvollziehbar. „Was mich überrascht hat war, wie sich die Richterin in den Ausführungen zum Urteil verhalten hat.“ Die Familie hatte sich nach vier Verhandlungstagen von der Nebenklage zurückgezogen.

Fall Hanna wird noch aufzuarbeiten sein

… Der Prozess hat mit dem Urteil seinen Abschluss gefunden, die Staatsanwaltschaft wird keine Rechtsmittel einlegen. … „Ich möchte klarstellen, dass es nicht im Sinne der Verteidigung war, dass das Verfahren so schnell geendet hat“, sagte Verteidigerin Regina Rick dem OVB. „Wir hatten noch neue Erkenntnisse, die jetzt alle nicht mehr eingeführt werden.“ Sie beabsichtige, die neuen Gutachten „nach Rücksprache mit den Gutachtern“ zu veröffentlichen. Auch über den Stand der Anträge der Eltern auf Entschädigung werde man sich auf dem Laufenden halten.

Verteidigung will Amtshaftung beanspruchen

Auch gelte es nachzuarbeiten. Man wolle Amtshaftungsansprüche geltend machen. Es sei „unglaublich“, wie das Polizeipräsidium „entlastende Beweismittel regelrecht unterschlagen“ habe. Auch sei nicht vorstellbar, dass eine Vorsitzende wie die aus dem Verfahren zuvor nicht mit disziplinarischen Konsequenzen zu rechnen habe. Yves Georg fügte hinzu: „Wer solche Urteile im Namen des Volkes betrifft, der muss auch vom Volk und damit mittelbar vom Recht zur Verantwortung gezogen werden können.“

Die Polizei äußerte sich auf die Vorwürfe. „Wir kommentieren Urteile nicht, wir respektieren sie“, sagte Sprecher Stefan Sonntag. Pauschale Angriffe seien nicht fair. Man werde abwarten, welche Vorwürfe konkret geäußert werden, sich die Punkte anschauen und sie „selbstkritisch prüfen“, betonte Sonntag. Auch die Staatsanwaltschaft wartet ab, Sprecher Dr. Rainer Vietze äußerte sich zurückhaltend. „Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, wird die Staatsanwaltschaft diese sorgfältig prüfen und gegebenenfalls die Ermittlungsarbeit entsprechend nachbereiten.“



Rosenheim24.de am 26.11.2025
https://www.rosenheim24.de/bayern/landk ... 55906.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 55906.html

Die Leserkommentare dazu:
https://www.rosenheim24.de/bayern/landk ... d-Comments


OVB: Keine Ruhe in Aschau

Die Stimmung auf den Straßen von Aschau nach dem Urteil fängt das OVB am 26.11.2025 ein:

► Interesse hat nachgelassen
► Kritik am Schweigen Sebastians
► Befremden über harte Vernehmungen der Zeugen vor Gericht
► Todesumstände noch immer unklar – Mord oder Unfall?
► Mitleid für Hannas Familie

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Eine Befürchtung bleibt
Freispruch für Sebastian T.: So fassen es die Menschen in Aschau auf – „Ruhe wird es nicht geben“

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Die Stimmung in Aschau nach dem Freispruch … fällt ganz unterschiedlich aus. © Montage: Kirchner/Privat

… Am Dienstag … fiel … das Urteil. … Die Reaktionen in Aschau? Könnten unterschiedlicher nicht sein. Was die Menschen befürchten.

… Fast könnte man den Eindruck gewinnen: Es ist alles wie immer. Wäre da nur nicht die Nachricht, die sich am Dienstag … wie ein Lauffeuer im Dorf verbreitet haben muss.

Urteil … überrascht Aschauer nicht



Wirklich zu überraschen, scheint diese Entscheidung die Menschen in Aschau nicht mehr. „Es gab ja keine Beweise und der Angeklagte wollte sich nicht dazu äußern, was soll man machen“, sagt ein älterer Herr am Bahnhofsvorplatz. Ob sich Sebastian T. mit seinem Schweigen einen Gefallen getan hat, bezweifle er aber. „Man kann ihm nur wünschen, dass er das Erlebte nun auch irgendwie verarbeiten kann“, sagt er. Der Mann macht eine kurze Pause und schiebt dann leise hinterher: „Das wird wahrscheinlich aber nicht leicht – vor allem hier im Dorf.“

Interesse an dem Fall hat im Dorf nachgelassen

Während der Mann seine braune Mütze tief ins Gesicht zieht und sich verabschiedet, kommt eine Frau mit ihren Einkäufen aus dem Supermarkt zurück. Zeit, sich genau über das Urteil zu informieren, habe sie bisher nicht gehabt. „Ehrlicherweise habe ich nicht mehr jeden Schritt des Prozesses verfolgt“, sagt sie. In den Wochen nach der Tragödie, bei der die Medizinstudentin … ihr Leben verlor, sei das anders gewesen.

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In Aschau glauben einige Menschen nicht daran, dass das Urteil Ruhe in der Gemeinde bringt. © Kirchner

Das ganze Dorf sei in Aufregung gewesen, sagt die Frau. Sie wohne direkt an der Prien, … [dem] Fluss, in dem Hanna … [W.] damals tot aufgefunden wurde. „Es verging fast kein Tag, an dem kein Hubschrauber über unser Haus geflogen ist“, erzählt sie. Jetzt – über drei Jahre danach – sei das Thema aber nicht mehr so präsent. Dennoch sei sie froh, dass jetzt ein Urteil gefallen ist – unabhängig davon, wie das am Ende ausgefallen ist. „Wir haben zum Glück einen Rechtsstaat, wenn man es ihm nicht nachweisen kann, ist es richtig so“, betont sie.

Unverständnis für einige Methoden im Prozess

Die Frage nach Schuld oder Unschuld ist aber nicht alles, was die Menschen in Aschau umtreibt. „Mal ganz abgesehen davon, ob er schuldig oder unschuldig ist, es ist schon auffällig, dass Sebastian T. sich überhaupt nicht geäußert hat“, sagt eine Frau, die vorsichtig durch den Schneematsch … watet. Kurz bleibt sie stehen und erklärt, dass sie dafür gar kein Verständnis habe. „Klar, das haben ihm seine Verteidiger geraten, gut finde ich sowas aber nicht“, sagt sie.

Genauso befremdlich habe sie es gefunden, wie die Verteidigung die beiden Hauptbelastungszeugen – die damals beste Freundin von Sebastian T. und dessen Mithäftling – während der Aussagen vor Gericht so in die Mangel genommen hat. „Die wussten teilweise ja gar nicht mehr, was ihnen geschieht“, sagt die Frau. Sie hätte sich gewünscht, dass es die Möglichkeit gegeben hätte, den Angeklagten genauso zu befragen.

Aschauer glauben noch nicht an das Ende des Falles

Das Ergebnis sei jetzt, dass man genauso schlau wie vor drei Jahren sei – und immer noch nicht wisse, wie Hanna … [W.] zu Tode gekommen ist. „Es gibt eigentlich nur Verlierer“, sagt die Frau … Diskutiert werde über den Prozess schon noch hin und wieder, mehr aber im Kreise der Familie, sagt die Frau. Ihr … [tun] vor allem die Eltern und die Familie von Hanna leid. „Die wollten ja nur eine Erklärung, was mit ihrer Tochter passiert ist“, betont sie und schüttelt den Kopf.

Kurz bevor sie weitergehen möchte, bleibt sie nochmal stehen und dreht sich um: „Ruhe wird es im Dorf mit diesem Urteil nicht geben, ich befürchte, das wird uns alle noch beschäftigen“, sagt sie und verschwindet im Schneetreiben. Der Meinung ist auch ein junger Mann, der kurz nach ihr an der Kreuzung … vorbeikommt. „Ruhig um den Fall wird es jetzt sicher nicht werden“, sagt der 18-Jährige beim Vorbeigehen. Verunsichert sei [er] deswegen … aber nicht. Genauso wenig habe er Angst davor, in Aschau feiern zu gehen.

Unsichere Gedanken um Unterbewusstsein

Allerdings – auch das betont der 18-jährige Aschauer – seien die Ereignisse von damals schon im Hinterkopf. „Im Unterbewusstsein macht man sich schon Gedanken darüber, was in der Nacht passiert ist“, sagt er. Schließlich sei trotz der vielen Prozesstage bis heute nicht klar, ob es nicht doch einen Täter gab oder die Tragödie um Hanna … [W.] ein Unfall war. So stehe für den 18-Jährigen – und auch viele andere Aschauer – fest: Auch wenn der juristische Prozess zu Ende ist, „abgeschlossen ist das Ganze noch nicht.“

Rosenheim24.de am 26.11.2025
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... 56736.html
ohne Paywall:
https://www.removepaywall.com/search?ur ... 56736.html

Die Leserkommentare dazu:
https://www.rosenheim24.de/rosenheim/ch ... d-Comments


Beck aktuell: Schützenhilfe für Aßbichler

Mit juristischen Floskeln und leeren Formalismen versucht das LG Traunstein, Aßbichler und ihrer Kammer den Rücken zu stärken. Beck aktuell berichtet am 26.11.2025:

Spoiler – hier klicken!
Freispruch im Fall Hanna – Staatsanwaltschaft prüft Gründe



Auch die Richterin des ersten Verfahrens an einer anderen Kammer des LG Traunstein … wurde von den Anwälten des Mannes scharf kritisiert. Verteidigerin Regina Rick kündigte eine Amtshaftungsklage an und forderte das Justizministerium zu Konsequenzen auf.

LG stellt sich hinter Kammer

Das LG Traunstein betonte hingegen auf Anfrage der dpa die richterliche Unabhängigkeit. „Zur richterlichen Unabhängigkeit gehören auch die freie Beweiswürdigung und die richterliche Überzeugungsbildung“, betonte eine Sprecherin. Dabei sei zu berücksichtigen, dass Indizienprozesse wie in diesem Fall aufwendig und komplex seien. „Alle Indizien müssen zueinander in Bezug gesetzt, abgeglichen und gegeneinander abgewogen werden, bevor das unabhängige Gericht zu einem gesamtwürdigenden Ergebnis kommen kann.“

Eine inhaltliche Überprüfung finde grundsätzlich nur durch die in den Prozessordnungen vorgegebenen Rechtsmittel statt – und genau dies sei im „Eiskeller-Prozess“ geschehen: „Das Urteil des LG Traunstein vom 19. März 2024 wurde in der Rechtsmittelinstanz auf formale Richtigkeit überprüft, was zur Zurückverweisung des Verfahrens und zur erneuten Verhandlung führte.“*

* Anmerkung der Redaktion: Die beiden letzten Absätze wurden am Tag der Veröffentlichung hinzugefügt, bw, 26.11.2025, 18.04 Uhr

Beck.de am 26.11.2025
https://rsw.beck.de/aktuell/daily/meldu ... ungsfehler (ohne Paywall)


RFO

Kurznachrichten des Regional-Fernsehens Oberbayern (RFO) vom 26.11.2025:
https://www.rfo.de/mediathek/video/nach ... ompakt-66/

Über seine Eindrücke in Laufen, seine Motivation zur Prozessbeobachtung und Parallelen zum eigenen Verfahren spricht Manfred G. (26.11.2025):
https://www.rfo.de/mediathek/video/frei ... fahrungen/


BR: Keine Strafanzeigen

Wie RAin Rick in einem Audioclip des Bayerischen Rundfunks (BR, 26.11.2025) erklärt, beabsichtige die Verteidigung nicht, Strafanzeigen zu erstatten. Transskript:

Spoiler – hier klicken!
Wir werden da keine Strafanzeigen erstatten oder Dienstaufsichtsbeschwerden erheben. Die [Dienstaufsichtsbeschwerden] sind form-, frist- und fruchtlos, sagt man immer im Juristendeutsch. Ich rechne auch nicht damit, dass es irgendwelche Konsequenzen für einen der Beteiligten gibt. Es war im Fall Rupp nicht so, es war im Fall Genditzki nicht so und es wird auch hier wieder nicht passieren.

BR am 26.11.2025 (Audioclip am Ende des Artikels, RAin Rick ab Min. 2:20)
https://www.br.de/nachrichten/bayern/ha ... en,V3fhXxD


OVB: RAe Rick und Dr. Georg im Interview

Aßbichlers Kammer hätte Sebastian „auch verurteilt, wenn man ein Video gezeigt hätte, auf dem Frau W. alleine in den Bach gefallen ist“, sagt Regina Rick im Interview mit dem OVB (27.11.2025).

► Gerechtigkeit von Qualität der RAe abhängig
► Sebastians Familie werde am Ende draufzahlen
► Rechtsstaat z. T. in schlechtem Zustand
► „Verteidiger, die nicht ordentlich arbeiten“ …
► miserable Ermittlungen gut genug ausgestatteter Polizei
► Gutachter passen sich Erwartungen von Polizei + StA an
► rechnen nicht mit Aufarbeitung der Ermittlungsarbeit
► Rick: Flut von Mandatsanfragen

Spoiler – hier klicken!
Die Folgen des Eiskeller-Prozesses
Verteidiger Rick und Georg im OVB-Interview: Ist der Rechtsstaat „in einem schlechten Zustand“?

Bild
Yves Georg und Regina Rick … nach … Freispruch … in Laufen. © picture alliance/dpa | Lukas Barth-Tuttas



… Regina Rick (57) … und … Yves Georg (34) … haben verhindert, dass ein junger Mann unschuldig hinter Gittern sitzt. …

Haben Sie nach dem Freispruch gefeiert?

Regina Rick: Ja. Wir saßen bis zum Abend im Hotel in Laufen … und haben gegessen und auch angestoßen. Sebastian T. war sehr fröhlich, die ganze Familie ist unglaublich erleichtert.

Die Richterin hatte Tränen in den Augen, hat sich bei Sebastian T. entschuldigt. Packt auch Sie so ein Fall emotional?

Rick: Klar. Da hatte ich schon auch Tränen in den Augen. Als mein Mandant geweint hat, habe ich gerade mitgeschrieben, wie die Richterin das Urteil begründet – sonst hätte ich ihn getröstet.

Yves Georg: Die Vorsitzende hat Größe gezeigt und das getan, was Repräsentanten des Staates tun sollten – nämlich Verantwortung für das Handeln des Staates zu übernehmen.

Im ersten Prozess sind Sie gescheitert, Sebastian T. wurde zu neun Jahren Haft verurteilt. Warum? Die Beweislage ist laut Urteil doch eindeutig.

Rick: Ich bin im ersten Prozess erst am elften Verhandlungstag dazugekommen, nachdem mich die Familie engagiert hat. Das war viel zu spät. Ich habe getan, was ich konnte, und habe noch 21 Anträge geschrieben. Einer hat dann ja auch zum Erfolg der Revision geführt, die Herr Georg im Wesentlichen durchgeboxt hat. Die Richter in der ersten Instanz hätten Sebastian T. auch verurteilt, wenn man ihnen ein Video gezeigt hätte, auf dem Frau W. alleine in den Bach gefallen ist.

Georg: Die Richter waren offensichtlich voreingenommen. Man kann es nicht anders sagen.

Hängt Gerechtigkeit von der Qualität der Anwälte ab?

Georg: Klar. Bessere Dachdecker decken auch bessere Dächer. Man kann darüber klagen, aber das Problem scheint mir nicht behebbar.

Rick: Würde ich auch sagen, ohne Zweifel. Die unglaubliche Arbeit, die wir uns gemacht haben, um unseren Mandanten vor einem rechtskräftigen Fehlurteil zu bewahren, müssten eigentlich Polizei und Sachverständige erledigen. Aber das passiert leider nicht.

Nicht jeder kann sich Top-Anwälte leisten.

Rick: Wenn wir alles abgerechnet hätten, was wir gearbeitet haben, hätte die Familie T. das nicht bezahlen können. Wir werden uns darum bemühen, dass T. möglichst viel Geld zurückbekommt, aber draufzahlen wird die Familie auf jeden Fall. Für die gesetzlichen Gebühren könnte man diese ganze Arbeit nicht leisten.

Viele zweifeln nach dem Urteil am Rechtsstaat. Was sagen Sie denen?

Georg: In Teilen ist unser Rechtsstaat in einem schlechten Zustand. Dazu gehören Verteidiger, die nicht ordentlich arbeiten, das muss man auch ehrlich sagen.

Rick: Es gibt zwei Probleme, die sich lösen ließen. Erstens: Die Polizei wäre gut genug ausgestattet, um ordentliche Ermittlungen zu führen – aber hier war die Arbeit miserabel. Und das ist kein Einzelfall. Zweitens: Sachverständige passen ihre Gutachten häufig den Erwartungen der Strafverfolgungsbehörden an.

Bild
Regina Rick (l) … und … [Sebastians] Mutter verlassen nach dem Freispruch … das Gericht. © Lukas Barth-Tuttas/dpa

Die Staatsanwaltschaft hat angekündigt, das Urteil und gegebenenfalls auch die Ermittlungsarbeit zu prüfen. Was halten Sie davon?

Rick: Das halte ich für ein Gerücht. Damit rechnen wir nicht ernsthaft.

Sie haben auch die Freiheit von Manfred … [G.] erkämpft, der ebenfalls unschuldig wegen Mordes verurteilt wurde. Werden Sie jetzt überhäuft mit Anfragen von Menschen, die sich für Justizopfer halten?

Rick: Ja. Das sind unfassbar viele, jeden Tag bekomme ich mehrere Anfragen, man muss fast sagen: Hilferufe. Mein Büro beantwortet alle, aber ich kann nicht für jeden quasi umsonst arbeiten. Ich schaue mir die Fälle genauer an, die mich interessieren und in denen ein Wiederaufnahmeverfahren Erfolg haben könnte.

… [Manfred G.] saß 13 Jahre lang im Gefängnis, Sebastian T. hätte das erste Fehlurteil beinahe sein Leben ruiniert. Welcher Fall hat Sie mehr mitgenommen?

Rick: Es ist immer berührend, wenn sich solche Dramen abspielen. … [Manfred G.] war nochmal tragischer, weil er wegen schlampiger Polizeiarbeit und fehlerhafter Gutachten so unfassbar lange unschuldig im Gefängnis saß. Es ist unglaublich viel Arbeit, so ein Fehlurteil zu Fall zu bringen. Natürlich ist das ein gutes Gefühl.

Rosenheim24.de am 27.11.2025
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Die Leserkommentare dazu:
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OVB: StA geht weiter von Verbrechen aus

Die StA in der Zwickmühle, mit Gutachten will RAin Rick helfen – das OVB berichtet am 27.11.2025:

► StA: Rechtsmittelverzicht schon im Plädoyer
► StA-Sprecher Dr. Vietze:
• StA geht weiter von Gewalttat aus
• aufgrund Gutachten aus 1. Rechtsgang
• keine neuen Erkenntnisse
• keine konkreten Hinweise auf mögliche Ermittlungsansätze
• kein Anfangsverdacht gegen Unbekannt oder best. Person
► RAin Rick: wolle Gutachten nach Rückspr. veröffentlichen
• Verletzungen durch Aufprall auf Schütz
• Sturz über 2,20 m hohe Stufe im Flußbett
► RAin Rick: Aufnahmen weiterer Kamera [außer „Chalet“]
→ Laufgeschwindigkeit Sebastians berechenbar
→ wäre zu spät in Nähe des vermeintlichen Tatorts gelangt
► Aufarbeitung etwaiger Fehler? – unklar

Spoiler – hier klicken!
Noch wichtige Fragen offen
Nach Freispruch …: Staatsanwaltschaft geht weiter von einem Verbrechen aus

Bild
Pia Dirnberger und Christian Merkel von der Staatsanwaltschaft … © xe

Läuft ein Mörder frei in der Region Rosenheim herum? Warum die Staatsanwaltschaft nach dem Freispruch für Sebastian T. künftig weiter im Fall Hanna ermitteln könnte. Auch die Verteidigung will, dass noch mehr Fakten ans Licht kommen. Worum es dabei genau geht.

… Es wird keine Fortsetzung des Hanna-Prozesses gegen Sebastian T. geben. Der Staatsanwalt hat in seinem Plädoyer – er beantragte wie die Verteidigung Freispruch – auf Rechtsmittel verzichtet, von anderer Seite kann keine Revision beantragt werden. Die Eltern seien nicht mehr Verfahrensbeteiligte und damit auch nicht mehr rechtsmittelberechtigt, sagte Nebenkläger-Anwalt … Holderle auf Anfrage des OVB. …



Warum die Staatsanwaltschaft ermitteln könnte

Wird es Ermittlungen geben? Durchaus möglich, aber aktuell nicht wahrscheinlich. „Wir gehen weiterhin davon aus, dass es ein Gewaltverbrechen war“, sagt Dr. Rainer Vietze, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Dafür sprächen weiterhin die Gutachten, die seinerzeit dem Gericht vorgelegen hätten. Aber – es gebe keine neuen Erkenntnisse und keine konkreten Hinweise auf mögliche Ermittlungsansätze. „Wir können Ermittlungen nur durchführen, wenn wir einen Anfangsverdacht gegen Unbekannt oder eine bestimmte Person haben“, sagt Vietze. Eine Richtung, in der man ermitteln kann, liegt derzeit nicht vor.

Verteidigung will weiter Unfall beweisen

Das Gegenteil wollte und will weiterhin die Verteidigung beweisen: Hanna … [W.] soll demnach einem Unfall zum Opfer gefallen sein. Das kam aber im zweiten Prozess … nicht mehr wirklich zur Sprache.

Schließlich lag dem Gericht nur daran zu klären, ob eine Verbindung zwischen dem Tod von Hanna und dem Angeklagten bestand. Und die Kammer konnte eine solche Verbindung ausschließen. …

Nach Rücksprache mit den Gutachtern will Regina Rick deren Stellungsnahmen veröffentlichen. Dazu gehören Gutachten über die Verletzungen Hannas, die nach Darstellung der Verteidigung durch den Aufprall auf ein Wehrschütz … beziehungsweise durch einen Sturz über eine 2,20 Meter hohe Stufe im Flußbett verursacht worden seien.

Neue Erkenntnisse über Laufweg

… Sebastian T. … war in der fatalen Nacht in Aschau laufen und kam auch in die Nähe des „Eiskellers“ … Eine Kamera fing den Jogger mutmaßlich ein, ihre Aufnahmen waren Thema bereits beim ersten Prozess.

Regina Rick will außerdem die Aufnahmen einer zweiten Kamera präsentieren. Daraus und aus den Bildern der bekannten ersten Kamera lasse sich die Laufgeschwindigkeit von Sebastian T. errechnen. Demnach wäre Sebastian T. zu spät in die Nähe des vermeintlichen Tatorts gelangt, um mit dem Tod von Hanna … [W.] zu tun haben zu können.

Verteidigerin Rick will Fehler der Polizei aufdecken

„Prozessual korrekt, aber nicht in unserem Sinne“: So denkt Anwätin Rick über das frühe Ende der Hauptverhandlung. Weil sie nicht länger Verfehlungen der Ermittler ansprechen konnte. „Wir wollten nicht, dass man das Verfahren so schnell beendet“, sagte sie, „Da wäre noch mehr ans Tageslicht gekommen.“ Hintergrund sind mögliche Verfahren auf Amtshaftung. Demnach muss der Staat Entschädigung leisten, wenn nachgewiesen werden kann, dass ein Beamter durch Fahrlässigkeit oder Vorsatz Schaden verursacht hat. Solche Verfahren hatten Yves Georg und Regina Rick schon direkt nach dem Freispruch angekündigt.

Richterin Will befeuerte Spekulationen

Die Diskussion über ein Nachspiel im Hanna-Prozess hatte auch Richterin Heike Will befeuert, die nach dem Freispruch von einem Rechtssystem sprach, das dem Angeklagten Unrecht zugefügt habe. Vor dem Hintergrund dieser Entschuldigung wirkte eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft alarmierend. „Sobald die schriftlichen Urteilsgründe vorliegen, wird die Staatsanwaltschaft diese sorgfältig prüfen und gegebenenfalls die Ermittlungsarbeit entsprechend nachbereiten“, hieß es darin.

Gegen wen ermittelt die Staatsanwaltschaft?

„Nachbereiten“ also: Geht es dabei um die Fehler bei den Ermittlungen, die Richterin Will ebenfalls angesprochen habe? Ermittelt die Staatsanwaltschaft am Ende gegen die Rosenheimer Kripo?

Dr. Rainer Vietze, Sprecher der Staatsanwaltschaft, präzisiert: Eine Aufbereitung der Ermittlungsarbeiten sei, zumal nach einem so großen Prozess, Routine. Was eventuelle Vorwürfe angehe, könne man mangels Anhaltspunkten nichts sagen. Die Behörde müsse dazu ohnehin die schriftliche Begründung des Urteils abwarten. Bereits Stefan Sonntag, Sprecher des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd, hatte gegenüber dem OVB von pauschaler Kritik seitens der Verteidigung gesprochen. Selbstkritisch prüfen könne man nur konkrete Vorwürfe.

Rosenheim24.de am 27.11.2025
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Die Leserkommentare dazu:
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RA Boos: Justiz-Fiebertraum

Als Ende eines Justiz-Fiebertraums bezeichnet Alexander Boos Sebastians Freispruch. Leider verheddert sich der Mainzer RA zuweilen in unzureichender Sachverhaltskenntnis, was aber seine Kernaussagen nicht schmälert (27.11.2025):
https://youtu.be/EY3eSri4Plo

Zum rechtlichen Hintergrund und den Folgen der Befangenheit Aßbichlers (29.09.2025):
https://youtu.be/prsvhGHoGGk


LTO: Podcast

Im LTO-Podcast „Die Rechtslage“ sprechen Markus Sehl und Felix W. Zimmermann über den Eiskeller-Fall und die Frage, ob die Justiz versagt habe (ab Min. 0:43 bis 28:07):
https://youtu.be/y-JNsDXXnfI&t=43s (mit Sprungmarke)


NStZ

In der Dezember-Ausgabe der NStZ (Neue Zeitschrift für Strafrecht, Zugriff nur für Abonennten) erscheint eine sogenannte wissenschaftliche Anmerkung von RA Dr. Georg zum BGH-Beschluss vom 01.04.2025 (1 StR 434/24, siehe hier im Spoiler und hier mit Anmerkungen im 2. Spoiler) mit dem Thema: „Besorgnis der Befangenheit wegen gesonderter Fühlungnahme mit einem Verfahrensbeteiligten“.
https://beck-online.beck.de/?vpath=bibd ... 2025%2ehtm (Jg. 2025)
https://beck-online.beck.de/?vpath=bibd ... eH12%2ehtm (ab Dez.)
Webseite Dr. Georg, Abschnitt „Aufsätze und Entscheidungsanmerkungen in Fachzeitschriften (Auswahl)“
https://rechtsanwalt-strafrecht.com/dr-yves-georg/


Berichterstattung zum 13. Sitzungstag siehe hier:
viewtopic.php?p=311137#p311137 (Teil 1/2)
viewtopic.php?p=311138#p311138 (Teil 2/2)
Der_Clown

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Der_Clown »

Gast123 hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 22:29:55 Ich dachte echt, Deinen ersten Blödsinn kann man nicht mehr toppen - aber da habe ich mich geirrt.
Und nein, ich bin nicht rabunsel. Aber ein großer Fan ihrer Beiträge.
Richtig, Du bist nicht rabunsel sondern Xlux. Von Deinen Beiträgen bin ich im Übrigen ein großer Fan.

Interessant finde ich noch, dass der Jogger von einer zweiten Kamera erfasst worden sein soll. Das hat doch bislang auch überhaupt keine Rolle gespielt, oder? Bislang hieß es doch immer nur, dass bis auf die Chalet-Kamera und die Sichtungen durch die Zeugen auf dem Eiskeller-Parkplatz sich nichts von seiner Laufstrecke belegen lasse.
Gast

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Gast »

War das nicht eine Eiskellerbesucherin die von weitem einen Jogger mit dem Handy filmte und hatte das Video eine genaue Uhrzeitangabe?
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

In der BILD (...ja, sorry...) gibt es einen neuen Artikel über den Prozess ! Allerdings PlusArtikel. Widmet sich der Frage, wie jemand ins Leben zurück findet, den 3 Jahre alle für einen Mörder hielten.
papaya
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von papaya »

andi55 hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 16:46:45 In der BILD (...ja, sorry...) gibt es einen neuen Artikel über den Prozess ! Allerdings PlusArtikel. Widmet sich der Frage, wie jemand ins Leben zurück findet, den 3 Jahre alle für einen Mörder hielten.
Neben einer einfühlsamen Schilderung der Situation steht da eben auch
Über Aschau liegt auch ein Schleier des Argwohns. „Ich kenne ihn nicht“, sagt mir Herr W., ein 85-jähriger Rentner, vor der Metzgerei stehend, als ich ihn auf Sebastian T. anspreche. „Aber der Freispruch ist eine Sauerei. Mein Instinkt sagt mir, er war es.“

Auch nach Freispruch viele Zweifler im Ort
Im Internet, bei einem lokalen Nachrichtenportal, kommentiert eine Aschauerin den Freispruch sogar so: „Wenn ich ihn sehe, weiß ich nicht, was ich ihm antue.“ Ein anderer schreibt: „Die Richterin ist vor einer aggressiven Anwältin eingeknickt.“
https://www.bild.de/regional/bayern/eis ... 1d779666a6

Man kann nur hoffen, dass Rick noch Gutachten veröffentlicht, aber ob die diese Leute erreichen?
andi55
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von andi55 »

@papaya
Müssen wir uns Sorgen machen, dass die Aschauer ihren eigenen Rechtsstaat gründen ?
Während des ersten Durchgangs hat sich einige Male der Bürgermeister über die Stimmung im Dorf, zu Wort gemeldet.
Das gleiche wäre auch jetzt angebracht, ein Machtwort zu sprechen , damit da mal Ruhe einkehrt. Rückgrat zeigen !!! Fehlanzeige !
papaya
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von papaya »

andi55 hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 17:39:36 @papaya
Müssen wir uns Sorgen machen, dass die Aschauer ihren eigenen Rechtsstaat gründen ?
Während des ersten Durchgangs hat sich einige Male der Bürgermeister über die Stimmung im Dorf, zu Wort gemeldet.
Das gleiche wäre auch jetzt angebracht, ein Machtwort zu sprechen , damit da mal Ruhe einkehrt. Rückgrat zeigen !!! Fehlanzeige !
Ich glaube schon, dass man sich da Sorgen machen muss. Nicht nur in Aschau und nicht nur in diesem Fall.

Das fängt schon damit an, dass ich in fast jedem von mir verfolgten Fall hier im Forum lesen musste "wenn er unschuldig wäre, würde er schon seine Unschuld beteuern, erzählen wie es wirklich war und nicht schweigen."
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Bild: Hexenverfolgung in Aschau

Erschütternde Einblicke in ein Leben nach dem Freispruch gewährt der heutige Bild-plus-Artikel:

► Familie T. seit fast 400 Jahren in Aschau ansässig
► Schweigen, Verachtung
► sollen woanders einkaufen
► Mobbing: Tante Andrea kündigte Job nach 20 Jahren
► Rentner vor Metzgerei: Freispruch sei Sauerei
► Kommentare auf lokalem Nachrichtenportal (OVB?):
• Leserin wisse nicht, „was ich ihm antue“
• Richterin sei „vor aggressiver Anwältin eingeknickt“

Sebastian
► Ausbildungsplatz zum Anlagenmechaniker verloren
► wünscht sich Ausbildung, vielleicht als Forstwirt?
► will für Marathon trainieren
► alle Freunde verloren
► nur in Begleitung außer Haus

Bild.de berichtet:

Spoiler – hier klicken!
Unschuldig!
Wie findet jemand zurück ins Leben, der für alle 3 Jahre ein Mörder war?

BILD trifft Sebastian T. nach seinem Freispruch im Eiskeller-Prozess

Bild
Sebastian T. … vor dem Schloss Hohenaschau … Er war 945 Tage unschuldig im Gefängnis – Foto: Theo Klein / BILD

Aschau (Bayern) – Mit 23 hat Sebastian T. wieder Träume: „Ich möchte endlich meine Ausbildung machen, vielleicht als Forstwirt“, erzählt er mir, dem BILD-Reporter. „Und ich freue mich darauf, für einen Marathon trainieren zu können.“

Dabei hatte Sebastian schon ausgeträumt. Verhaftet, verurteilt, eingesperrt. Weil er die Studentin Hanna W. … ermordet haben sollte. Dann wurde das Verfahren neu aufgerollt. Am Dienstag wurde er freigesprochen.

Bild
BILD-Reporter Andreas Bachner (l.) im Gespräch mit Sebastian T., Mutter Iris und Oma Erika (r.) – Foto: Theo Klein / BILD

„Nach einer sorgfältigen und umfangreichen Beweisaufnahme gibt es keinen Anhaltspunkt, dass Herr T. für den Tod von Hanna verantwortlich sein könnte“, sagte die Richterin … bei der Urteilsbegründung.

Jetzt, zwei Tage später, stehe ich mit Sebastian, seiner Mutter Iris (51) und Oma Erika (70) auf einer schneebedeckten Wiese hinter dem Haus der Familie T. … Hierher kehrte er jetzt nach 945 Tagen Haft zurück.

Doch wie findet man zurück ins Leben, wenn einen fast drei Jahre lang alle für einen Mörder hielten?

Bild
Die Prien fließt durch … Aschau – Foto: Theo Klein / BILD

„Wir sollten woanders einkaufen“

„Wir wurden auf der Straße nicht mehr gegrüßt, die Leute haben sich weggedreht“, sagt Sebastians Mutter Iris … „In einigen Geschäften wurde uns gesagt, wir sollten woanders einkaufen.“

Seinen Ausbildungsplatz zum Anlagenmechaniker verlor Sebastian während der Haft. Alle, die er für seine Freunde hielt, wandten sich von ihm ab. Ein einziger besuchte ihn im Gefängnis, ein einziges Mal. Sebastians Tante Andrea (46) kündigte nach 20 Jahren ihren Job im Kindergarten der Gemeinde, weil sie es nicht mehr aushielt. Dieses Schweigen, schlimmer als jedes Wort. Diese Blicke, voller Verachtung.

Bild
Hanna W. starb im Alter von 23 Jahren – Foto: Privat



Bild
Sebastian T. beim Prozess mit Anwältin Regina Rick und ihrem Kollegen Yves Georg – Foto: Sven Hoppe/dpa



Auch in Freiheit war Sebastian noch „wie eingesperrt“



… „Meine Familie ist immer mit dabei, wenn ich rausgehe“, sagt er. „Wenn er beim Joggen war, ist immer jemand von uns mit dem Fahrrad mitgefahren“, so seine Tante Katharina T. (39). Und Mutter Iris fügt an: „Wir hatten immer Angst, dass etwas passieren könnte. Er war im Grunde immer noch wie eingesperrt.“

Bild
Ein Panorama wie aus dem Bilderbuch: … Aschau – Foto: Theo Klein / BILD

Denn über … Aschau liegt … ein Schleier des Argwohns. „Ich kenne ihn nicht“, sagt mir Herr W., ein 85-jähriger Rentner, vor der Metzgerei stehend, als ich ihn auf Sebastian T. anspreche. „Aber der Freispruch ist eine Sauerei. Mein Instinkt sagt mir, er war es.“

Auch nach Freispruch viele Zweifler im Ort

Im Internet, bei einem lokalen Nachrichtenportal, kommentiert eine Aschauerin den Freispruch sogar so: „Wenn ich ihn sehe, weiß ich nicht, was ich ihm antue.“ Ein anderer schreibt: „Die Richterin ist vor einer aggressiven Anwältin eingeknickt.“

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Busfahrer Antun S. (65): „Ich kannte das Mädchen, aber man kann nicht mit dem Finger auf jemanden zeigen, wenn es keine Beweise gibt“ – Foto: Theo Klein / BILD

Doch nicht alle Aschauer sehen das so. Auch dann nicht, wenn sie der Familie von Hanna W. nahestanden. „Ich war auf ihrer Beerdigung“, sagt Busfahrer Antun S. (65). „Es ist eine Tragödie, doch man darf nicht mit einem Finger auf jemanden zeigen, wenn es keine Beweise gibt. Der Junge war 31 Monate in Haft. Ich hätte es nicht ausgehalten.“

Bild
Oliver … [S.] (60, Unternehmer): „… er wurde freigesprochen, damit ist er unschuldig und muss hier auch wieder normal leben können“ – Foto: Theo Klein / BILD

Im Laden nebenan empfiehlt ein Verkäufer: „Sebastian muss wieder unter die Leute gehen, darf sich nicht verstecken.“ Er würde sich freuen, ihn mal wiederzusehen.

„Wir sind in einem Rechtsstaat, ein Freispruch ist ein Freispruch. Dann muss er auch wieder sein Leben leben können“, sagt ein Spaziergänger mit Hund.

„Sebastian muss wieder unter die Leute gehen“

Wir wissen nicht, wie Hanna W. ums Leben gekommen ist, ob es ein Unfall war oder vielleicht doch ein Mord. Der Fall gilt weiterhin als ungeklärt, auch nach dem Freispruch. …

Bild
Können wieder gemeinsam lachen: Sebastian T. mit seiner Mutter Iris und Oma Erika – Foto: Theo Klein / BILD

All das schwingt im alten Anwesen am Ortsrand von Aschau mit, in dem ich jetzt mit Familie T. zusammensitze und dessen Geschichte bis ins Jahr 1635 zurückreicht. „Seit fast 400 Jahren ist unsere Familie hier, und man wird uns hier auch nicht wegbekommen“, sagt Tante Andrea.

Bild
„Seit fast 300 Jahren ist unsere Familie hier, und man wird uns hier auch nicht wegbekommen“, so Sebastians Tante Andrea T. – Foto: Theo Klein / BILD



Bild.de am 30.11.2025
https://www.bild.de/regional/bayern/eis ... 1d779666a6
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https://archive.ph/20251201013730/https ... 1d779666a6
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Hier hat sich im Spoiler leider ein Fehler eingeschlichen, der sich nach Ablauf der Bearbeitungszeit nicht mehr berichtigen lässt. „OVB“ (rot markiert) bitte gedanklich streichen:
Catch22 hat geschrieben: Samstag, 29. November 2025, 00:15:37 Nachlese zum Freispruch

LTO: Presseschau

Sehr gut, kurz und knackig bringt die tägliche Presseschau der Legal Tribune online (LTO) den Fall Hanna auf den Punkt:

Spoiler – hier klicken!

OVB: LG Traunstein zu Tod von Hanna … [W.]

Der 23-jährige Angeklagte Sebastian T. ist in der Neuauflage des sogenannten „Eiskeller“-Prozesses freigesprochen worden. In der ersten Auflage war T. zunächst wegen Mordes an der Studentin Hanna … [W.] zu einer Jugendstrafe von neun Jahren verurteilt worden, doch der BGH hob das Urteil wegen Besorgnis der Befangenheit der damaligen Vorsitzenden Richterin auf. Bei der Urteilsverkündung des Landgerichts Traunstein sprach die neue Vorsitzende Richterin Heike Will diesmal von „fatalen Fehlern“ bei der Beweisaufnahme. Mehrere Zeugenaussagen über angebliche Geständnisse von T. hätten sich als nicht belastbar erwiesen. Am Ende der Urteilsbegründung entschuldigte sie sich „als Teil des Rechtssystems“ bei dem jungen Mann. Auch der Familie der Toten sprach die Richterin ihr Mitgefühl aus, allerdings könne das Gericht nicht aufklären, wie die Studentin zu Tode kam. Es berichten SZ (Benedikt Warmbrunn), FAZ (Karin Truscheit), spiegel.de (Jan Friedmann/Julia Jüttner), zeit.de (Sabine Rückert), LTO und beck-aktuell.

Legal Tribune online, juristische Presseschau vom 26.11.2025
https://www.lto.de/recht/presseschau/p/ ... freispruch
Ich bitte um Entschuldigung.


andi55 hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 10:11:09 Vielen Dank für Deine Mühe und die Zusammenfassung! Da steckt immens Arbeit dahinter! …
Der_Clown hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 12:35:18 Auch von mir vielen Dank für Deine Arbeit - mit Deinem unermüdlichen Recherchieren zu neuen Presseberichten und dem Einbringen Deines großen juristischen Wissens hast Du erheblich dazu beigetragen, dass ich als juristischer Laie nachvollziehen konnte, was gerade im Prozess passiert. Du hast die Diskussion wirklich getragen und ich bin sicher, viele haben gespannt ins Forum geschaut um Deine Einschätzungen zu den jeweiligen Entwicklungen lesen zu können. …
Fränkin hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 15:01:58 Vielen Dank für Deine Wahnsinns Arbeit! …
papaya hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 17:57:52 Auch von mir noch einmal ein dickes Dankeschön an @Catch22 für diese beispiellose Qualität an Dokumentation!
Herzlichen Dank für Eure anerkennenden Worte! Ich hab‘s gern gemacht. Auch um dem einen oder anderen Volksglauben zu begegnen, was manchmal nicht ganz einfach ist. ;-)


Gast hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 14:27:20 War das nicht eine Eiskellerbesucherin die von weitem einen Jogger mit dem Handy filmte und hatte das Video eine genaue Uhrzeitangabe?
Die 21-jährige Zeugin hatte am 10. Sitzungstag ausgesagt (siehe hier). Das Video der Zeugin zeigt keinen Jogger, sondern nur die Finsternis der Nacht. Der angebliche Jogger im Bild geht auf eine Falschinformation des OVB noch aus dem ersten Prozess zurück, die nie richtiggestellt wurde.


Fränkin hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 15:01:58 … Ich bin sehr gespannt auf die neuen Gutachten und hoffe sehr, dass sie wirklich veröffentlicht werden. …
papaya hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 17:27:24 … Man kann nur hoffen, dass Rick noch Gutachten veröffentlicht …
RAin Rick muss zuerst (allein aus urheberrechtlichen Gründen) die jeweilige Einwilligung der Sachverständigen einholen. Sofern diese Erklärungen dann vorliegen, will die Verteidigung die Gutachten veröffentlichen. Den Ort der Veröffentlichung werden die „Hobbyermittler“ bestimmt schnell herausgefunden haben und hier kundtun …


andi55 hat geschrieben: Freitag, 28. November 2025, 10:11:09 … Was denkst Du, wird es für die drei Damen der Familie R. Konsequenzen geben? …
Nachdem sich die Vorsitzende Will insbesondere zur Zeugin Angela R. nicht im Konjunktiv, sondern im Indikativ geäußert hatte („hat gelogen“), gehe ich davon aus, dass zumindest Angela R. ein Verfahren wegen vorsätzlich falscher uneidlicher Aussage153 StGB) erwartet. (Eine Vereidigung der R.s fand meines Wissens nicht statt, weshalb §§ 154, 161 StGB ausscheiden.)

Auch Lea R. könnte davon betroffen sein – und in diesem Zusammenhang wiederum Angela R. wegen Verleitung zur Falschaussage160 StGB).

Verena R. hatte im zweiten Prozess gar nicht ausgesagt (§ 55 StPO). Soweit ihr jedoch eine falsche Aussage im ersten Prozess nachgewiesen werden kann (es gibt kein Wortprotokoll), steht auch sie im Feuer.

Ohne Vereidigung sind nur vorsätzliche Falschaussagen strafbar. Der Täter muss wissen oder zumindest für möglich halten, dass seine Angaben nicht der Wahrheit entsprechen und er muss den Taterfolg (die Falschaussage) zumindest billigend in Kauf nehmen (quasi „scheißegal“). Unvollständige Angaben und vorgetäuschte Erinnerungslücken können ebenso tatbestandlich „falsch“ sein wie Lügen.

Soweit falsche Angaben bei der Polizei gemacht werden, ist dies nicht nach §§ 153 ff StGB strafbar, weil die Polizei keine „zur eidlichen Vernehmung von Zeugen zuständige Stelle“ ist. (Dies jedoch ist kein Freibrief, die Polizei belügen zu dürfen, denn davon unberührt bleibt eine Strafbarkeit z. B. wegen §§ 145d, 164, 187, 257, 258 StGB.)

Eine Berichtigung falscher Angaben ist nicht erfolgt und hätte im Nachhinein keine strafmildernde oder strafbefreiende Wirkung mehr (§ 158 StGB).


Wenn wir schon bei der Strafbarkeit sind:

Auch wenn die Verteidigung auf die Erstattung von Strafanzeigen gegen Ermittler und am Gerichtserfahren Beteiligte verzichten will (siehe hier im 9. Abschnitt „BR: Keine Strafanzeigen“), muss die StA nach dem Legalitätsprinzip von Amts wegen Ermittlungsverfahren einleiten, wenn „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ einer Straftat erkennbar sind (§ 152 StPO).

In Betracht kämen beispielsweise Rechtsbeugung (§ 339 StGB), Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB), Unterschlagung von Beweismitteln (Urkundenunterdrückung, § 274 StGB) und Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft (§§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB).

Bliebe die StA trotz „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte“ untätig, könnten sich die zuständigen Beamten selbst dem Verdacht der Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) ausgesetzt sehen. Die begrifflichen Grenzen indessen sind dehnbar, ministerieller Segen dank Weisungsgebundenheit greifbar – und wo kein Kläger, da kein Richter. Alles bleibt, wie es ist, im idyllischen Chiemgau.


Königlich bayerische Institutionen sind sakrosankt. Feige eingedroschen wird viel lieber nach altbewährten Regeln des Mobbings auf den Schwächsten, wie der jüngste Bild-Artikel erschreckend beweist. Das klappt prima und verspricht dem Pöbel ein Erfolgserlebnis. Der Aschauer Bürgermeister Simon Frank (als vormaliger Betriebsingenieur beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd) schweigt, denn zwischen den Stühlen sitzend wird‘s schwierig mit der Wiederwahl im kommenden März.
Fee

Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Fee »

Catch22 hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 20:46:26 Hier hat sich im Spoiler leider ein Fehler eingeschlichen, der sich nach Ablauf der Bearbeitungszeit nicht mehr berichtigen lässt. „OVB“ (rot markiert) bitte gedanklich streichen:



Ich bitte um Entschuldigung.











Herzlichen Dank für Eure anerkennenden Worte! Ich hab‘s gern gemacht. Auch um dem einen oder anderen Volksglauben zu begegnen, was manchmal nicht ganz einfach ist. ;-)





Die 21-jährige Zeugin hatte am 10. Sitzungstag ausgesagt (siehe hier). Das Video der Zeugin zeigt keinen Jogger, sondern nur die Finsternis der Nacht. Der angebliche Jogger im Bild geht auf eine Falschinformation des OVB noch aus dem ersten Prozess zurück, die nie richtiggestellt wurde.







RAin Rick muss zuerst (allein aus urheberrechtlichen Gründen) die jeweilige Einwilligung der Sachverständigen einholen. Sofern diese Erklärungen dann vorliegen, will die Verteidigung die Gutachten veröffentlichen. Den Ort der Veröffentlichung werden die „Hobbyermittler“ bestimmt schnell herausgefunden haben und hier kundtun …





Nachdem sich die Vorsitzende Will insbesondere zur Zeugin Angela R. nicht im Konjunktiv, sondern im Indikativ geäußert hatte („hat gelogen“), gehe ich davon aus, dass zumindest Angela R. ein Verfahren wegen vorsätzlich falscher uneidlicher Aussage153 StGB) erwartet. (Eine Vereidigung der R.s fand meines Wissens nicht statt, weshalb §§ 154, 161 StGB ausscheiden.)

Auch Lea R. könnte davon betroffen sein – und in diesem Zusammenhang wiederum Angela R. wegen Verleitung zur Falschaussage160 StGB).

Verena R. hatte im zweiten Prozess gar nicht ausgesagt (§ 55 StPO). Soweit ihr jedoch eine falsche Aussage im ersten Prozess nachgewiesen werden kann (es gibt kein Wortprotokoll), steht auch sie im Feuer.

Ohne Vereidigung sind nur vorsätzliche Falschaussagen strafbar. Der Täter muss wissen oder zumindest für möglich halten, dass seine Angaben nicht der Wahrheit entsprechen und er muss den Taterfolg (die Falschaussage) zumindest billigend in Kauf nehmen (quasi „scheißegal“). Unvollständige Angaben und vorgetäuschte Erinnerungslücken können ebenso tatbestandlich „falsch“ sein wie Lügen.

Soweit falsche Angaben bei der Polizei gemacht werden, ist dies nicht nach §§ 153 ff StGB strafbar, weil die Polizei keine „zur eidlichen Vernehmung von Zeugen zuständige Stelle“ ist. (Dies jedoch ist kein Freibrief, die Polizei belügen zu dürfen, denn davon unberührt bleibt eine Strafbarkeit z. B. wegen §§ 145d, 164, 187, 257, 258 StGB.)

Eine Berichtigung falscher Angaben ist nicht erfolgt und hätte im Nachhinein keine strafmildernde oder strafbefreiende Wirkung mehr (§ 158 StGB).


Wenn wir schon bei der Strafbarkeit sind:

Auch wenn die Verteidigung auf die Erstattung von Strafanzeigen gegen Ermittler und am Gerichtserfahren Beteiligte verzichten will (siehe hier im 9. Abschnitt „BR: Keine Strafanzeigen“), muss die StA nach dem Legalitätsprinzip von Amts wegen Ermittlungsverfahren einleiten, wenn „zureichende tatsächliche Anhaltspunkte“ einer Straftat erkennbar sind (§ 152 StPO).

In Betracht kämen beispielsweise Rechtsbeugung (§ 339 StGB), Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB), Unterschlagung von Beweismitteln (Urkundenunterdrückung, § 274 StGB) und Freiheitsberaubung in mittelbarer Täterschaft (§§ 239, 25 Abs. 1 Alt. 2 StGB).

Bliebe die StA trotz „zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte“ untätig, könnten sich die zuständigen Beamten selbst dem Verdacht der Strafvereitelung im Amt (§ 258a StGB) ausgesetzt sehen. Die begrifflichen Grenzen indessen sind dehnbar, ministerieller Segen dank Weisungsgebundenheit greifbar – und wo kein Kläger, da kein Richter. Alles bleibt, wie es ist, im idyllischen Chiemgau.


Königlich bayerische Institutionen sind sakrosankt. Feige eingedroschen wird viel lieber nach altbewährten Regeln des Mobbings auf den Schwächsten, wie der jüngste Bild-Artikel erschrechend beweist. Das klappt prima und verspricht dem Pöbel ein Erfolgserlebnis. Der Aschauer Bürgermeister Simon Frank (als vormaliger Betriebsingenieur beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd) schweigt, denn zwischen den Stühlen sitzend wird‘s schwierig mit der Wiederwahl im kommenden März.
Danke für deine profesionelle Berichterstattung, ich habe als Laie von dir viel gelernt und bin begeistert über dein Wissen, dass du uns sehr gut vermittelst. In deinen letzten Absatz wird mir wieder bestätigt wie dumm und grausam manche Menschen sind.
Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

Die gekürzte Fassung des Bild-plus-Artikels vom gestrigen Tag (siehe hier) habe ich aktualisiert: Fotos verlinkt und Link zur vollständigen Fassung ergänzt.

Fee hat geschrieben: Montag, 01. Dezember 2025, 11:52:53 Danke für deine profesionelle Berichterstattung, ich habe als Laie von dir viel gelernt und bin begeistert über dein Wissen, das du uns sehr gut vermittelst. …
Das freut mich sehr, danke! Zu wünschen wäre, dass auch die Chiemgauer davon gestreift würden … ;-)

Fee hat geschrieben: Montag, 01. Dezember 2025, 11:52:53 … In deinem letzten Absatz wird mir wieder bestätigt, wie dumm und grausam manche Menschen sind.
Diese Eigenschaften spiegeln vor allem die eigene Ohnmacht und Angst der Menschen.

andi55 hat geschrieben: Sonntag, 30. November 2025, 17:39:36 … Während des ersten Durchgangs hat sich … der Bürgermeister … zu Wort gemeldet. Das gleiche wäre auch jetzt angebracht …, damit … Ruhe einkehrt. Rückgrat zeigen!!! Fehlanzeige!
So ist es. Die berufliche Verbandelung des Aschauer Bürgermeisters mit den Rosenheim Cops (bis unmittelbar vor seinem Amtsantritt) spricht Bände:

Spoiler – hier klicken!
Unser Bürgermeister – Simon Frank

45 Jahre, verheiratet, 4 Kinder

Simon Frank möchte weiterhin Verantwortung übernehmen

Entscheidung ist gefallen: Kandidatur für zweite Amtsperiode



Bild



zuvor ausgeübte Tätigkeit:
Betriebsingenieur beim Polizeipräsidium Oberbayern Süd, sowie
► freiberuflicher Ingenieur für Trinkwasserversorgungstechnik
► Dozent an der DVGW-Wassermeisterschule Rosenheim

Ausbildungen:
► Gas- und Wasserinstallateur (IHK)
► Ausbildereignungsprüfung (IHK)
► Allgemeiner Industriemeister (BVS)
► staatl. gepr. Wassermeister (BVS)
► Bachelor „Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik“ (MCI Innsbruck)
► Master „Europäische Energiewirtschaft“ (FH Kufstein)
► Fachkraft für Arbeitssicherheit (DGUV)
► Diverse Führungs- und Management-Seminare

Hobbies:
► Familie, Jagd, Natur & Berge, Musik

Bürgermeister Simon Frank, Bürgerliste „Zukunft für Aschau“
https://www.zukunft-fuer-aschau.de/unse ... ermeister/

Live und in Farbe:
https://www.youtube.com/@rathausaschauimchiemgau3861
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von String27 »

Danke Catch22 für alles, es war eine ganz tolle Berichterstattung!
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

Ungelesener Beitrag von Catch22 »

String27 hat geschrieben: Montag, 01. Dezember 2025, 23:24:12 Danke Catch22 für alles, es war eine ganz tolle Berichterstattung!
Danke für Euer Interesse und Eure Aufmerksamkeit beim Lesen!

Der letzte Vorhang ist noch nicht gefallen. Weiter gehen wird es vor einer Zivilkammer des LG Traunstein. Sobald ich die Muße finde, werde ich versuchen, Sebastians Amtshaftungsansprüche gegen den Freistaat Bayern aufzudröseln. Und auch die bevorstehende Veröffentlichung der Gutachten der Verteidigung verspricht höchste Spannung!
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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BR: RAin Rick zu Gast im Studio

In der Abendschau des Bayerischen Rundfunks (BR) blickt RAin Rick zurück auf das Strafverfahren, appelliert an die Aschauer Bürger und kritisiert den Nebenklagevertreter Holderle, der Sebastian „jahrelang medial durch den Dreck gezogen“ habe.

Mit der Veröffentlichung der Gutachten hofft Regina Rick, dass Hannas Eltern „Frieden finden können, wenn sie wissen, was passiert ist“. RAin Rick ab Min. 2:50.

BR:
https://www.br.de/br-fernsehen/sendunge ... s-100.html

ARD-Mediathek:
https://www.ardmediathek.de/video/Y3JpZ ... TEzNTNmNTU
Download MP4-Datei (niedrige Auflösung):
https://cdn-storage.br.de/MUJIuUOVBwQIb ... 3f55_E.mp4
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Catch22
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Re: MORDFALL HANNA W. (23 †), ASCHAU - CHIEMGAU, 2022

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SZ: Freispruch rechtskräftig

Einer DPA- Meldung zufolge sei der Freispruch nunmehr in Rechtskraft erwachsen, wie die Süddeutsche Zeitung (SZ) berichtet:

Spoiler – hier klicken!
Freispruch im Fall Hanna rechtskräftig



Der Freispruch im Prozess um den Tod der Studentin Hanna im bayerischen Aschau ist rechtskräftig. Bis zum Ende der Frist wurden keine Rechtsmittel gegen das Urteil aus der vergangenen Woche eingelegt, wie eine Sprecherin des Landgerichts Traunstein der Deutschen Presse-Agentur sagte. „Das Urteil ist mithin rechtskräftig.“



Süddeutsche.de am 03.12.2025
https://www.sueddeutsche.de/bayern/tod- ... 930-373225 (ohne Paywall)

Die Frist zur Einlegung der Revision war um Mitternacht abgelaufen.
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